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lustaufbuch

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Insgesamt 191 Bewertungen
Bewertung vom 23.04.2025
'... ich will Euch niemals verlassen'
Hoffmeister, Barbara

'... ich will Euch niemals verlassen'


ausgezeichnet

»Der S. Fischer Verlag bedeutete für Thomas Mann einen Schritt in die Welt.«

Samuel Fischer und dessen gleichnamiger Berliner Verlag sowie Thomas Mann und sein aufstrebendes literarisches Werk – zwei Visionäre, die sich gewissermaßen gesucht und gefunden haben. Trotz vermehrter Uneinigkeiten wird diese Beziehung von einer stets wertschätzenden Haltung getragen, schließlich wissen beide, was sie aneinander haben.
Für Thomas Mann war der Fischer Verlag sein Einstieg in die Literaturbranche, indem er seine ersten Erzählungen in einem Novellenband veröffentlichte und vom Verleger selbst angeregt wurde, sich an einem größeren Projekt zu versuchen, woraus die „Buddenbrooks“ entstanden.
Für den Verlag wurde er immer mehr zum Zugpferd.

Wenngleich sich das Buch mit Thomas Mann und dem S. Fischer Verlag beschäftigt, ist diese Auseinandersetzung in geringerem Umfang, als es verspricht. So erfahren die Lesenden auch etwas über wichtige Motive und Aspekte des Werk Thomas Manns, sein Leben und seine persönlichen Sehnsüchte. Darüberhinaus wird seine persönliche Einstellung hinsichtlich des Judentums analysiert, immerhin bediente er sich gerne antisemitischer Stereotype.
Dementsprechend beschäftigten sich einige Abschnitte und Kapitel Hoffmeisters nicht explizit mit Thomas Mann und seinem Verlag, sondern streifen diese Verbindung eher, was dem Text jedoch an sich keinen Abbruch tut.

Und so hielten Verlag und dessen berühmtester Autor, nicht nur zeitlebens – annähernd sechzig Jahre – gegenseitige Treue, sondern auch darüberhinaus. Bis heute ist Thomas Mann einer der Hauptautoren des S. Fischer Verlags, was nicht nur in diesem Jubiläumsjahr ersichtlich ist.
Manns Bekenntnis dem Verlag treu zu bleiben, schrieb er schon am 06. Februar 1906 in einen Brief an Samuel Fischer, als er selbst noch am Anfang seiner schriftstellerischen Karriere und vor Herausforderungen der Zeit stand:
»So wahr meine Seele lebt, ich will Euch niemals verlassen.«

Bewertung vom 21.04.2025
'Ich will lieber schweigen'
Quadflieg, Will;Quadflieg, Roswitha

'Ich will lieber schweigen'


ausgezeichnet

»Ich kenne dich ja viel zu wenig. Daher: Welch ein Fund, dieses Tagebuch!«

Als Roswitha Quadflieg nach dem Tod ihrer Mutter in deren Keller eine Kiste mit der Aufschrift „Briefe & Kurioses“ entdeckt, findet sie darin neben unzähligen Briefen auch ein Tagebuch ihres Vaters Will Quadflieg – die meisten werden ihn durch die Faust-Verfilmung mit Gustaf Gründgens kennen –, welches die Zeit von 19. März 1945 bis 21. September 1946 umspannt.
Damals suchte seine Frau mit den Kindern in Schweden Zuflucht, während er in Deutschland blieb, seiner Arbeit nachzugehen versuchte und sie vermisste.
Zehn Jahre später fängt sie an, sich mit diesem Dokument zu beschäftigen und stößt auf einen Mann, der stets nach Erfolg und Anerkennung strebte und dabei dem politischen Geschehen nicht mehr Aufmerksamkeit als nötig schenkte.

Die jeweiligen Einträge werden stets ausführlich von ihr kommentiert, durch Briefe ergänzt und in den nötigen Zusammenhang gestellt. Dabei hinterfragt sie kritisch und lernt eine Version ihres Vaters kennen, die ihr neu war. Immer wieder wird deutlich, wie gerne sie ihren Eltern – jetzt, nach diesem Fund und dessen Lektüre – die nötigen Fragen stellen würde.

Ihr Buch ist eine emotionale und distanzierte Suche auf den Spuren ihres Vaters, den sie selbst nicht so kannte, wie manch andere.
Ein Frauenheld, egozentrisch und von narzisstischer Natur, prahlte er vor der eigenen Tochter damit, alle Frauen, die er wollte – bis auf eine Kollegin – auch bekommen zu haben. Der selbe Mann sprach seinen Kindern jegliches Erbe ab.

Meine Erwartungen an das Buch waren hoch und ich wurde nicht enttäuscht. Was Quadflieg mit diesem Buch und ihrer kritischen Reflexion hinsichtlich seines Lebens, besonders anhand des Tagebuchs, geleistet hat, ist enorm. Dabei hebt sie ihren weltbekannten Vater nicht vom Thron, das war allein sein eigener (Neben-)Verdienst.

»Auch du wusstest Bescheid, aber es hat dich nicht berührt, das ist der Punkt.«

Bewertung vom 21.04.2025
Hinterm Beton das Meer
Wildschütz, Phil

Hinterm Beton das Meer


weniger gut

»Es war eines dieser Versprechen, bei denen beide wissen, dass sie manchmal nur Worte sind.«

Verpasste Chancen, Momente der Vergangenheit, die einen immer wieder einholen und die Einsicht, dass das eigene Leben aktuell nicht das ist, welches man gerne leben würde. Ganz zu schweigen von dem, welches man sich erträumt hat.
So geht es dem Protagonisten in diesem Buch. Sein Job? Macht ihn nicht glücklich. Und wie sieht es hinsichtlich Beziehungen aus? Naja, nicht viel besser, da läuft es auch eher nicht so.
Dabei war sein Leben nicht immer so, z.B. war da dieser eine Sommer, der spontane Trip ans Meer mit drei Freunden und ein ganz besonderer Kuss!
Im Mittelpunkt ein Mensch, der sich im eigenen Leben verirrt und keinen Ausweg findet.

Als ich von dem Verlag für das Buch angefragt wurde, habe ich nicht lange überlegen müssen, da die Beschreibung des Romans mir ziemlich aus der Seele sprach und ich war sehr gespannt darauf.
Als ich das Buch zu lesen begann, ahnte ich schon mit den ersten Seiten, dass es zwischen uns keine Liebe werden wird. Vielleicht hatte ich mir zu viel erwartet?
Mir persönlich hat eine gewisse Tiefe gefehlt, um in das Buch eintauchen zu können. Für mich blieb es leider sehr oberflächlich und alle Figuren eher leblos und das, obwohl die geschilderten Szenen an sich sehr mitreißend und bewegend sind.
Schlussendlich war es die Umsetzung, die das inhaltlich ansprechende Buch, mich persönlich leider nicht überzeugen konnte.

Bewertung vom 15.04.2025
Liebe Jorinde oder Warum wir einen neuen Feminismus des Miteinanders brauchen
Fallwickl, Mareike

Liebe Jorinde oder Warum wir einen neuen Feminismus des Miteinanders brauchen


ausgezeichnet

»Wie können Männer lernen, sich zu öffnen, die Maske der Gleichgültigkeit abzulegen, die das Patriarchat ihnen aufzwingt?«

Inwiefern sehnen sich Frauen nach typisch „männlichen“ Partnern und brauchen sie diese sog. Männlichkeit, um sich zu ihnen hingezogen zu fühlen, mehr als einen Mann, der sich seiner Gefühle bewusst ist und stereotype Frauen zugeordnete Tätigkeiten wie den Haushalt, Kochen oder die Erziehung der Kinder übernimmt?
Dass „starke“ Männer – samt kritischer, beiläufig und eigens zu beeinflussender Eigenschaften – nicht nur unter seinesgleichen als „männlich“ angesehen, sondern auch von Frauen als solche begehrt werden, ist leider durchaus der Fall. Diesbezüglich könnte ich viel erzählen, doch es soll hier nicht um mich gehen.
Dass diese sog. Männlichkeit – mal für nur ein Geschlecht, mal für alle – Nachteile bis hin zu drastischen Folgen mit sich zieht, ist ebenfalls hinlänglich bekannt.

Ausgehend dieser Tatsachen, beschäftigt sich die Autorin Mareike Fallwickl in ihrem fiktiven, essayistischen Brief an Jorinde, mit der Problematik, inwiefern Männer die Gesellschaft beeinflussen, indem sie selbst unter patriarchalen Strukturen leiden, durch diese negativ sozialisiert werden und Teil des Problems sind. Nur wenn man sich dieser Sachlage überhaupt bewusst ist, kann man – sofern sich alle daran beteiligen – gemeinsam etwas bewirken, um dadurch eine bessere Welt für alle zu ermöglichen. Dafür plädiert Fallwickl in ihrem ersten Sachbuch, fernab von jeglichem Männerhass, der ihr so oft vorgeworfen wird.

Ein Buch, das sich mit konkreten Fragen beschäftigt und weitere aufwirft.
Dabei sind die behandelten Themen keineswegs neu und auch die Gedanken und Überlegungen Fallwickls dazu sind es nicht, dennoch ist dieses Buch ein weiteres, das sich mit dieser Problemstellung beschäftigt, die uns alle betreffen und mindestens zum Nachdenken anregen sollte.

Bewertung vom 06.04.2025
Thomas Mann macht Ferien
Holzer, Kerstin

Thomas Mann macht Ferien


ausgezeichnet

»Tegernsee lebt noch in mir, mit dem erregenden Wasser, dem Boot, den Lido-Eindrücken am Badestrand, dem Besuch in Bad Kreuth mit Bertram, der Besteigung des Hirschberges, der Nacht im Unterkunftshaus, dem südwindigen Morgen auf dem Gipfel vor und bei Sonnenaufgang.«

Diese Notiz ist Teil des ersten erhaltenen Tagebucheintrags Thomas Manns, welchen er – am Mittwoch, den 11. September 1918 – zwei Tage nach der Beendigung der Sommerfrische am bayerischen Tegernsee verfasst hat und diese Revue passieren lässt.

Was war das für eine Zeit der Umbrüche!
Das Ende des Ersten Weltkriegs schien absehbar, gleichfalls die Veröffentlichung von Manns nationalen und antidemokratischen „Betrachtungen eines Unpolitischen“. Sein neuestes Werk, an dem er eben zu Schreiben pflegte, war jedoch von ganz anderer, geradezu heiterer Natur, denn es ging um seinen Hund Bauschan und – natürlich – über ihn selbst. Etwas Leichtes sollte es sein, bevor er erneut den Zauberberg besteigen wollte.

Angereicht durch einige Anekdoten und aus dem Alltag der Familie Mann erzählt die Autorin von den zwei Ferienmonaten des Sommers 1918 am Tegernsee. Neben der erwünschten Erholung brachte diese sommerliche Auszeit auch Gewissheit über einen weiteren und sogleich letzten zu erwartenden Familienzuwachs.
Im Mittelpunkt steht das aktuelle Projekt des Familienvaters, die Erzählung „Herr und Hund“, welche inhaltlich immer wieder Erwähnung findet. Außerdem geht es um Zahnschmerzen, den Besuch der Pringsheims oder das Erklimmen eines Berggipfels.

Kerstin Holzer hat mit ihrem neuen Buch eine frische und sehr lebendige Lektüre für warme Sommerstunden geschaffen, die nichts anderes als ein kleines Kunstwerk, ausgehend von zusammengesetzten Puzzleteilen aus Essays, Briefen, Tagebucheinträgen oder Prosa-Werken, ist.
Für Mann-Kenner sind die geschilderten Anekdoten wenig Neues, jedoch ist das Buch dadurch auch für Thomas Mann Neulinge problemlos geeignet und für alle gleichermaßen ein Genuss!

Bewertung vom 26.03.2025
Amerikas unwahrscheinlicher Sieg
Bremm, Klaus-Jürgen

Amerikas unwahrscheinlicher Sieg


sehr gut

„We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness.“

Der Beginn der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten vom 04. Juli 1776 ist neben der sog. Boston Tea Party das einzige, was ich noch aus meiner Schulzeit über die Entstehung der Vereinigten Staaten von Amerika wusste. Anlass genug, um sich mit dem Buch tiefer in das Geschehen der Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg zu begeben.
Wie komplex die vielen Auseinandersetzungen, Angriffe und Belagerungen zwischen den dreizehn Kolonien und der britischen Kolonialmacht innerhalb des acht Jahre währenden Kriegs waren, war mir nicht bewusst. Mit fortschreitender Lektüre entstehen dann auch vermehrt Parallelen zu anderen gleichzeitig stattfindenden gesellschaftlichen Ereignissen.
Zudem erfährt man neben dem Kriegsgeschehen auch einiges über die wichtigsten Gründerväter der USA.

Auf jeden Fall ist es geglückt, mehr über diese spannende Thematik und Amerikas Weg zur Unabhängigkeit zu erfahren. Dennoch war das Buch zugleich eine relativ anspruchsvolle Lektüre, insbesondere wenn man sich noch so gar nicht mit den Ereignissen auskennt.
Gleich der Anfang hat mich überfordert, da mir die vielen Namen großteils noch überhaupt nichts gesagt haben und das Buch direkt ins Geschehen eingestiegen ist.
Das soll nicht heißen, dass es kein gutes Buch war, ganz und gar nicht. Es ist bloß für Laien, wie ich es einer bin, bedingt zu empfehlen, da ein gewisses Vorwissen durchaus von Vorteil ist.

Auch wenn das Buch mich wirklich gefordert hat, gibt es wahrscheinlich kein besseres und detailliertes Überblicksbuch über Amerikas Weg zur Unabhängigkeit, welches ergänzend noch einige Bilder der wichtigsten Ereignisse enthält.

Bewertung vom 17.03.2025
Air
Kracht, Christian

Air


sehr gut

»Weißt Du, wer alle Dinge in seinem eigenen Selbst sieht, und sein eigenes Selbst in allen Dingen, der verliert alle Furcht.«

Christian Kracht ist einer der Autoren, dessen Bücher ich langsam, Satz für Satz, lese, um keines der vielen versteckten Details zu überlesen. So auch bei diesem Roman.
Es beginnt mit Paul, einem Schweizer Dekorateur, der eigentlich Wohnungen einrichtet, damit sich diese besser verkaufen lassen. Doch als er von seinem Lieblingsmagazin Kūki einen Auftrag bekommt, der darin besteht das perfekte, das einmalige Weiß zu finden, begibt er sich auf eine Reise nach Norwegen, die ganz anders endet, als er es erwartet hätte.
Für nichts anderes als für ein riesiges Data Center soll er den gewünschten Farbton finden. Also fährt er mit Cohen, dem Verleger der Zeitschrift, dorthin.
Eine außergewöhnliche Sonneneruption, dessen Strahlung einige Minuten später die Erde erreichte, löste in den Datenbanken, in denen Paul sich eben befand, einen Stromausfall aus. Kurz darauf war er nicht mehr da.
Er findet sich in einer ganz anderen Welt wieder, in der er gleich zu Beginn fast erschossen wird.

Krachts neuer Roman ist eine absurde Reise in andere Welten, in dem einige Motive, wie ein ominöses Ölgemälde oder die Zeitschrift Kūki, die gleich zu Beginn eindrücklich beschrieben werden und neugierig machen, was noch kommen wird, eine besondere Rolle spielen.
Anfangs fühlt man sich etwas verloren und muss sich zuerst noch orientieren, doch mit der Zeit erschließt sich immer mehr ein Gesamtbild, auch wenn am Ende noch einige Fragen, besonders solche die jegliche Vorstellungskraft überschreiten, übrig bleiben. Doch genau das macht den Reiz an dem Buch aus und ist definitiv eine Stärke, neben dem bewussten Stil.
Gerne wäre ich noch länger in der Welt verblieben, die Kracht in diesem Buch erschaffen hat.

Letztlich ist es jedoch fast unmöglich diesem Roman durch eine Rezension ansatzweise gerecht zu werden, man muss ihn selbst lesen und sich seine eigene Meinung dazu bilden.

Bewertung vom 17.03.2025
Gunzenhausen
de Moor, Piet

Gunzenhausen


ausgezeichnet

»Ich bin J.D. Salinger. Ich wurde am 1. Januar 1919 in New York geboren. Ich bin Amerikaner, fünfundzwanzig Jahre alt.«

Der Autor Piet de Moor wagt sich an eine fiktive Autobiografie über J.D. Salinger, welche sich jedoch überwiegend mit seiner Zeit als Geheimdienstoffizier im fränkischen Gunzenhausen beschäftigt. Dort wird er mit Bürgern konfrontiert, die jegliche Schuld und alles Wissen über die Verbrechen während des Dritten Reichs von sich weisen. Salinger verzweifelt daran und kann es nicht fassen. Er weiß, zu welchen Taten die Deutschen fähig waren, schließlich sah er es mit eigenen Augen.

In diesem Buch geht es um viele Liebschaften aus dem Leben des Schriftstellers, besonders um eine Beziehung zu Oona O‘Neill, welche ihn für Charlie Chaplin – in ihren Augen die bessere Wahl – verließ und Sylvia, die er in Gunzenhausen kennenlernte und später heiratete.
Dabei sind unzählige weitere sog. Fraternisierung mit deutschen Frauen mehr als fragwürdig. Gleichfalls werden Salinger höchst misogyne Ansichten angedichtet, die ihn nicht eben als sympathischen Zeitgenossen erscheinen lassen, sondern viel mehr als narzisstischen und neurotischen Exzentriker.
Viele Zweifel plagen ihn, über sich selbst, sein Leben und Verhalten anderen gegenüber, aber auch über den Krieg.
Dabei kommt er oft sehr nachdenklich und verletzlich rüber und denkt über sein Buch „Der Fänger im Roggen“ nach.

Der dritte Teil des Buches fungiert abschließend als großer Rückblick auf das Leben des mittlerweile einundneunzigjährigen Salingers.

Ich bin mir sicher, dass dieses Buch nicht für jeden etwas ist, da man sich auf die Atmosphäre einlassen und die vielen Anekdoten wirken lassen muss. Für mich war es aber ein besonderes Buch, das selbst den Rang eines Klassikers verdient hätte. Man bekommt ein eindrückliches Bild von Gunzenhausen, kurz nach der deutschen Kapitulation.
Was jedoch Fiktion und was Wahrheit ist, kann ich nicht beurteilen, da mir dafür schlichtweg die benötigten Kenntnisse fehlen.

»Ich stelle nur fest, dass die Deutschen ihre Vergangenheit so schnell wie möglich begraben möchten.«

Bewertung vom 27.02.2025
Auf den Spuren von Thomas Mann
Tarnowski, Wolfgang

Auf den Spuren von Thomas Mann


ausgezeichnet

Ihr mögt die Werke Thomas Manns und seid fasziniert von dieser mehr als nur außergewöhnlichen Familie?
Oder möchtet ihr euch erst noch mit dem Leben und Werk beschäftigen?
Ganz egal! Sofern ihr euch für Thomas Mann interessiert und z.B. beim nächsten Urlaub oder Städtetrip auf seinen Spuren wandeln wollt, um Orte seines Lebens aufzusuchen, bietet das Buch mit dem zielführenden Titel eine Art Kompass.
Es hält alles bereit – benötigtes Vorwissen und Adressen –, um sich auf die Spuren des geborenen Lübeckers zu begeben. Einen kurzen Abriss über die wichtigsten Stationen seines Lebens und seine bedeutendsten Werke sowie etliche Fotos diesbezüglich wichtiger Orte sind ebenfalls enthalten. Dabei sei anzumerken, dass nicht ausschließlich die bekannteren Fotografien abgedruckt sind, sondern auch einige, die selbst ich noch nicht kannte. Also wahrhaftig kleine Schätze.
Aber ein Gewinn ist das Buch durch dessen liebevolle und anschauliche Gestaltung sowieso!

Um den Titel alle Ehre zu machen, findet sich nach der in wichtige Stationen untergliederten Kurzbiografie, noch eine Zeittafel und anschließend eine Auflistung mehrerer Gedenkstätten, insbesondere Wohnhäuser und Archive, die Manns Leben geprägt haben oder am Leben halten und welche man noch heute besuchen oder gar besichtigen kann. Darunter bekanntere Erinnerungsorte wie das Thomas-Mann-Archiv der ETH Zürich, sein Wohnhaus sowie das Familiengrab in Kilchberg oder natürlich das Buddenbrookhaus in Lübeck.

Wer sich also im Jubiläumsjahr auf die Spuren von Thomas Mann begeben möchte, dem kann dieses Buch sicher ein hilfreicher Ratgeber sein! Aber auch unabhängig davon eignet es sich super als erste prägnante Biografie über den Nobelpreisträger von 1929!

Bewertung vom 27.02.2025
Thomas Mann - 1949
Marx , Friedhelm;Voloj, Julian

Thomas Mann - 1949


ausgezeichnet

»Ich kenne keine Zonen. Mein Besuch gilt Deutschland selbst, Deutschland als Ganzem, und keinem Besatzungsgebiet.«

Thomas Mann, der 1938 nach Amerika emigrierte, begab sich 1949 auf eine Europareise. 16 Jahre waren vergangen, seitdem er Deutschland verlassen hatte und nun führte ihn diese Reise durch mehrere deutsche Städte. Der Höhepunkt war jedoch die „Ansprache zum Goethejahr“, welche er am 25. Juli in der Frankfurter Paulskirche und am 1. August im Weimarer Nationaltheater hielt. Dabei wurde er durchaus bejubelt. Doch nicht von allen wurde sein Deutschlandbesuch positiv aufgefasst, besonders der Besuch beider Goethe-Städte wurde kritisiert. Dennoch ließ sich Thomas Mann nicht davon abbringen, schließlich gab es für ihn keine Zonen.
Dieser Graphic Novel, entstanden aus einer Zusammenarbeit des Autors Julian Voloj, der Illustratorin Magdalena Adomeit und dem Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Friedhelm Marx, entführt die Lesenden in das von Krieg zerstörte Deutschland im Jahr 1949 und schildert Eindrücke dieser Reise deutlich. Dabei gibt es gleich zu Beginn und auch während des Weiteren Verlaufs Rückblenden, die zwar anfangs etwas verwirren, aber unfassbar gut gelungen und sogleich notwendig sind, um die Hintergründe der Reise nachvollziehen zu können.
So erfährt man von Klaus Mann, der als Berichterstatter für die U.S. Army tätig war, dass die „Poschi“ – Manns Münchner Haus in der Poschingerstraße, welches zwanzig Jahre sein Zuhause war – während der Herrschaft der Nationalsozialisten beschlagnahmt und als sog. „Lebensborn“ missbraucht wurde. Auch die Fortsetzung der Reise, nachdem man über den Suizid des ältesten Sohnes informiert wurde, wird ebenfalls thematisiert.
Darüberhinaus findet auch die Wagner-Verehrung der Nationalsozialisten sowie Erika Manns Arbeit als Korrespondentin Erwähnung.

Eine wirklich tolle gelungene Graphic Novel, die mich sehr begeistert hat und hoffentlich vielen weiteren Lesenden Thomas Manns wichtigste Reise durch Deutschland näher bringt.