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Benutzername: 
Nor Bert
Wohnort: 
Siegburg

Bewertungen

Insgesamt 3 Bewertungen
Bewertung vom 09.08.2021
Die Theologie des Wildschweins / Sardinien-Krimi Bd.1
Némus, Gesuino

Die Theologie des Wildschweins / Sardinien-Krimi Bd.1


sehr gut

Der auf Sardinien spielende Kriminalroman "Die Theologie des Wildschweins" von Gesuino Némus ist geprägt skurrilen Charakteren und einem eigenwilligen Stil.

Im Jahr 1969 verschwindet im sardischen Bergdorf Telévras einer der Bewohner und wird kurze Zeit später tot aufgefunden. Der gerade aus dem Piemont hierher versetzte Carabiniere Maresciallo De Stefani nimmt die Ermittlungen auf, wobei ihm als Fremdem ohnehin schon von allen Seiten tiefstes Misstrauen entgegen schlägt. Und nun müsste er, um das Verbrechen aufzuklären, auch noch an wohl gehüteten Dorfgeheimnissen rühren, denn es gibt viele ungeschriebene Gesetze auf Sardinien. Zum Glück hilt ihm wenigstens Dorfpfarrer Don Cossu, der so manches weiß, bei seinen Nachforschungen.

Der Roman ist zweifellos originell und steckt voller Lokalkolorit, das ein von Traditionen geprägtes Sardinien an der Schwelle zur Moderne beschreibt. Humorvoll und mit skurrilen Bewohnern setzt der Autor in einem ihm eigenen Erzählstil dieser für deutsche Leser eigentümlichen Welt ein detailreiches Denkmal und nimmt einen dorthin mit. Es ist ein echter Regionalkrimi. Doch gerade die vielen für uns fremdartigen Namen, die öfters nicht übersetzten Sätze in sardischer Sprache und die häufiger Perspektivenwechsel können das Buch schwer lesbar machen, auch wenn einen die Atmosphäre in ihren Bann zieht. Nach einem temporeichen Anfang lässt die Spannung leider im weiteren Verlauf etwas nach. Die Auflösung des Falls kommt dann von unerwarteter Seite. Trotzdem lohnt sich das Durchhalten.

"Die Theologie des Wildschweins" ist ein durchaus gelungener Auftakt zu einer neuen Serie.

Bewertung vom 06.08.2021
Fools in Space
Noell, Calin

Fools in Space


ausgezeichnet

Der dystopische Science-Fiction-Roman "Fools in Space" der deutschen Autorin Calin Noell spielt auf einem Raumschiff, das von einer künstlichen Intelligenz gesteuert wird.

Die SECRET 2 — zumindest kennen ihre Besatzungsmitglieder das Raumschiff unter diesem Namen, alle anderen nennen es nur FOOL 2 — ist der letzte verbliebene Raumer, der von einer emotional programmierten KI kontrolliert wird. Eigentlich ist sie eine fliegende psychiatrische Klinik, deren 400 Patienten im Glauben gelassen werden, sie befändet sich als Teil der Crew seit geraumer Zeit auf einer wichtigen Mission im Weltraum, obwohl dies nur Teil der Beschäftigungstherapie ist. Inzwischen hat sich die KI jedoch zu einer Art temperamentvollem Teenager weiterentwickelt, der verzweifelt Anschluss und Antworten sucht, während die Ingenieurin Lawen Door und die von der Erde nicht mehr gewollten Menschen mit Fehlfunktionen an Bord zu kämpfen beginnen, um ihr Leben zu retten. Denn als man ein mysteriöses Signal von einem fremdem Raumschiff empfängt. ist die KI nicht mehr zu halten und löst die SECRET 2 eigenmächtig aus der Erdumlaufbahn, um diesem Signal zu folgen. Dies ist der Beginn einer Odyssee für die Besatzung an Bord, die bald schon zum Überlebenskampf wird, denn der Aufbruch des Schiffes bleibt natürlich auf der Erde nicht unbemerkt, und das Kriegsschiff ARRETER erhält den Auftrag, den vermeintlichen Ausbruch mit allen Mitteln zu stoppen.

Die Welt, die die Autorin hier beschreibt ist düster: Die Erdpopulation ist zu stark gestiegen, und die Reichen und Mächtigen kontrollieren egoistisch alle Aspekte des Daseins. Menschen, die nicht den gesellschaftlichen Normen entsprechen, werden einfach abgeschoben. Aus drei Perspektiven (Lawen Door, dem "Sänger" Blain und die KI), jede mit einem ureigenen Erzählstil, wird die locker geschriebene, aber auch emotionale Geschichte mit reichlich Action geschildert. Hier mischen sich tolle Charaktere mit Witz und Traurigkeit. Mitunter hätte man gerne mehr über einzelne Figuren, insbesondere die Hauptprotagonisten, oder deren Motive erfahren. Aber der temporeiche Plot lässt dafür zu wenig Raum. Das offene Ende mit einem gelungenen Showdown und der Untertitel lassen jedoch auf eine Fortsetzung hoffen. Die sich allmählich aufbauende Spannung hält einen bis zum Schluss gefesselt. Der Titel "Fools in Space" könnte einen dazu verleiten lassen, dass es sich hierbei um eine Satire handelt, aber der Roman erfüllt eher die Kriterien einer Space Opera. Die zugrunde liegende Thematik, dass die Erde sich Menschen mit psychischen Erkrankungen und Traumata auf dem Raumschiff einfach vom Hals geschafft haben, stimmt nachdenklich. Denn auch hierzulande sind psychiatrische Patienten mit einem Stigma versehen und leben häufig im Verborgenen.

Wer auf actionreiche Science Fiction mit einem ernsten Hintergund steht, ist mit diesem Buch gut bedient.