Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Bineira
Wohnort: 
Neunkirchen

Bewertungen

Insgesamt 175 Bewertungen
Bewertung vom 26.04.2025
Der Gott des Waldes
Moore, Liz

Der Gott des Waldes


gut

Dieses als „literarische Thriller der Spitzenklasse“ gelobte und von Steven King enthusiastisch beworbene Buch musste ich einfach lesen.

Die Geschichte beginnt im August 1975. Die 13 jährige Barbara Van Laar verschwindet spurlos während eines Sommercamps in einem ausgedehnten Waldgebiet. Vierzehn Jahre zuvor ist ihr Bruder Bear ebenfalls dort verschwunden und nie wieder aufgetaucht. Die riesigen Ländereien gehören der superreichen Familie der beiden Kinder. Es beginnt eine verzweifelte Suche nach Barbara.

Liz Moore erzählt die Geschichte in zeitlichen Rückblenden bis in die 1950er Jahre und aus verschiedenen Perspektiven. So erfährt man nach und nach, wie die vielen Personen des Romans zueinander in Beziehung stehen. Die Kapitelüberschriften und ein Zeitstrahl helfen dabei, den Überblick zu behalten.

Die Grundidee ist spannend und der Schreibstil einfach, so dass ich die 600 Seiten in kurzer Zeit gelesen habe. Jedoch hat der Roman bei mir keinen besonderen Eindruck hinterlassen. Mit den größtenteils unsympathischen Charakteren konnte ich mich nicht anfreunden, auch ihre Handlungsmotive waren für mich selten nachvollziehbar. Die Geschichte ist interessant aufgebaut, und abgesehen von einigen Längen hält sie die Spannung aufrecht. Die Auflösung der beiden Vermisstenfälle fand ich dann aber zu sehr konstruiert.

Insgesamt war das für mich leider nur mittelmäßige Unterhaltung.

Bewertung vom 25.04.2025
Stromlinien
Frank, Rebekka

Stromlinien


gut

Dieser 500 Seiten starke Roman enthält einige gute Ideen für eine generationenübergreifende dramatische Familiengeschichte, jedoch ist seine Handlung öfter nicht logisch nachvollziehbar.

Ein paar Beispiele:

Wieso sollten zwei siebzehnjährige Mädchen der Jetztzeit, die darauf brennen, zu erfahren, was ihre Mutter angestellt hat, jahrelang auf deren Entlassung warten, um es von ihr selbst zu hören? Die Mädchen leben nicht isoliert von den sozialen Medien, und sie werden von ihrer Umgebung doch ständig daran erinnert, dass mit ihrer Familie etwas nicht stimmt. Was liegt da näher, als es selbst herauszufinden? Alles andere wirkt verkrampft und unglaubwürdig.

Dann die Verurteilung der Mutter zu 40 Jahren Haft, weil sie für eine RAF-Anhängerin gehalten wurde. Hat man jemals von einer Terroristin gehört, die bei der Bergung ihrer Opfer hilft und damit ihre Verhaftung riskiert? Ich jedenfalls nicht. Und dass ein Gericht diesen Einsatz mit keinem Wort würdigt, ist auch nicht realistisch.

Schließlich der Besuch einer der Überlebenden im Gefängnis, die über Jahrzehnte damit droht, den unbehelligten Anstifter zu verraten, sollte die Mutter einen Antrag auf vorzeitige Entlassung stellen. Die Mutter geht auf die Erpressung ein, aber in einem letzten Gespräch sagt sie, sie habe die ganze Zeit gewusst, dass die andere schon mehrmals bei der Polizei war. Für mich geht logisch anders.

Was mich regelrecht geärgert hat, ist die Verbohrtheit, mit der die Frauen in dieser Familie immer wieder in ihr Verderben rennen. Sie wirken wie aus Holz geschnitzte Marionetten und nicht wie lebendige sich entwickelnde Menschen. Ich konnte für keine der Personen Sympathie oder Verständnis entwickeln.

Auch sprachlich hat mich der Roman nicht überzeugt. Den Schreibstil habe ich trotz seiner Einfachheit als sperrig empfunden. Der ständige Wechsel zwischen mehreren Zeitebenen ist zwar gerade Trend, für mich stört er den Erzählfluss jedoch in hohem Maß.

Bewertung vom 24.04.2025
Hier draußen
Behm, Martina

Hier draußen


gut

Die Hamburger Familie Lara, Ingo und die beiden Kinder fühlen sich in ihrer Wohnung inmitten der lauten Stadt nicht mehr wohl. Auf Laras Drängen hin kaufen sie einen renovierungsbedürftigen Hof in einem Dorf in Schleswig Holstein. Lara kümmert sich fortan um die Restaurierung und die Kinder, ihrem Beruf als Grafikerin geht sie kaum noch nach. Ingo pendelt jeden Tag über eine Stunde zu seinem Unternehmen in Hamburg, eine zermürbende Tätigkeit nach einem langen Arbeitstag. Eines Abends überfährt er auf dem Nachhauseweg eine weiße Hirschkuh. Der herbeigerufene Jäger Uwe erzählt ihm, dass einem alten Aberglauben nach derjenige, der eine weiße Hirschkuh tötet, selbst innerhalb eines Jahres sterben muss. Er drängt Ingo dazu, das schwer verletzte Tier zusammen zu erschießen, um die Last auf mehrere Schultern zu verteilen.

Das ist der Einstieg in Martina Behms Roman, der in einem kleinen Dorf in Norddeutschland spielt. Da leben Ehepaare weiterhin zusammen, obwohl sie aneinander leiden, weil sich das eben so gehört. Da kämpfen Landwirte um ihre Existenz und lassen Tierschutz weder in ihrem Kopf noch in ihren Ställen zu. Da scheitern Kommunen aus Städtern an der Eintönigkeit des Landlebens. Und irgendwie scheint jeder etwas vor dem anderen zu verbergen.

Das Frauenbild ist erschreckend antiquiert, und wird kaum hinterfragt. Die Neuzugezogenen haben es schwer, Anschluss zu finden. Nur die regelmäßigen Feste, zu denen alle etwas beitragen müssen, bieten eine kleine Chance zur Kommunikation. Wird sich durch den Tod der weißen Hirschkuh etwas ändern?

Sachlich, aber eindringlich schildert die Autorin die Eigenarten und Sorgen des Lebens im ländlichen Raum. Sicher trifft vieles davon zu; die präzisen Beschreibungen lassen darauf schließen, dass sie sich mit der Thematik gut auskennt. Mir war die Stimmung des Romans jedoch zu bedrückend, ich hatte aufgrund der Verlagsankündigung etwas anderes erwartet. Einige Längen in der Handlung haben den ohnehin langsamen Lesefluss zusätzlich gehemmt. Ich bin mit dem Buch nicht warm geworden.

Bewertung vom 24.04.2025
Mein wunderbarer Cottage-Garten
Groeningen, Isabelle van

Mein wunderbarer Cottage-Garten


sehr gut

Die erfahrene Pflanzplanerin Isabelle van Groeningen entführt ihre Leser in diesem Buch in einen Cottage-Garten in den englischen Cotswolds, den sie zusammen mit ihrer Partnerin Gabriella Pape in den Jahren 1993 bis 2008 angelegt und gepflegt hat. Sie beschreibt ausführlich und in einer gut lesbaren Sprache, wie sie die Gestaltung geplant und welche Pflanzen sie dafür verwendet hat. Auch eine Schar Hühner fand zeitweise ein Zuhause bei ihr.

Vorn im Buch befindet sich ein ausklappbarer gezeichneter Übersichtsplan des 750 qm großen Grundstücks. Entlang dieses Plans zieht sich der rote Faden durch die Kapitel. Die verschiedenen Gartenbereiche werden liebevoll und mit einer ansteckenden Begeisterung vorgestellt. Dabei äußert sich das enorme Fachwissen der Autorin in detaillierten Porträts der verwendeten Pflanzen und hilfreichen Tipps zu Standortauswahl und Pflegemaßnahmen.

Zahlreiche Bilder zeigen Blicke in den Garten zu verschiedenen Jahreszeiten. Leider sind viele dieser Fotos unscharf und zum Teil schlecht belichtet. Sie geben nur einen vagen Eindruck davon, was im Text so anschaulich beschrieben wird.

Frau van Groeningen hat hier eine schöne Liebeserklärung ans Gärtnern verfasst. Als Erfahrungsbericht ist das Buch eine bereichernde Lektüre. Wer jedoch ein Sachbuch zum Thema Gartenplanung sucht, wird enttäuscht sein, denn es befinden sich keine Pflanzpläne und praktischen Anleitungen darin, an denen man sich orientieren könnte.

Bewertung vom 24.04.2025
Wilde Pflanzen essen
Rauch, Christine;Donnerberg, Ernestine

Wilde Pflanzen essen


ausgezeichnet

Survival Siglinde ist das Pseudonym der Wildpflanzenexpertin Christine Rauch. Zusammen mit der Zeichnerin Ernestine Donnerberg hat sie dieses ebenso informative wie unterhaltsame Buch verfasst. Auf 140 Seiten stellen die beiden 54 Kräuter, Sträucher und Bäume vor, die in Deutschland wild wachsen und oft übersehen oder unterschätzt werden.

In kurzen knackigen Texten werden Geschmack, Inhaltsstoffe, Standort und Wirkungsweise der Pflanzen beschrieben. Rezeptideen und Serviervorschläge für die einzelnen Pflanzenteile runden das Porträt ab. Die ganzseitigen phantasievollen Illustrationen sind einfach toll anzuschauen. Da sie nicht ausreichen, um giftige Doppelgänger von den Heilpflanzen zu unterscheiden, gibt es echte Fotos und Videos auf einer kostenlosen App dazu.

Am Ende des Buches warten noch einige wilde Rezepte darauf, ausprobiert zu werden. Das Wilde Gelee und das Wilde Oxymel sind schon auf meine To Do-Liste für das Frühjahr gewandert.

Mein Fazit: Das Buch ist sehr liebevoll gestaltet und macht Lust darauf, sich mit dem Thema Wildpflanzen näher zu befassen. Es spricht mit seinem Comicstil vor allem junge Leute an; ich habe mit Ü60 auch meine helle Freude daran.

Bewertung vom 23.04.2025
»Wenn Ende gut, dann alles« / Svetlana und Tommi ermitteln Bd.1
Klüpfel, Volker

»Wenn Ende gut, dann alles« / Svetlana und Tommi ermitteln Bd.1


gut

Ich kenne keinen der Kultkrimis um Kommissar Kluftinger, die Volker Klüpfel gemeinsam mit Michael Kobr geschrieben hat. Bei diesem Buch haben mich die vielversprechende Kombination "verhinderter Autor und literaturbegeisterte Putzfrau" und natürlich der im Klappentext erwähnte Witz angesprochen.

Worum geht es? Tommi Mann (grins), ein erfolg- und wohnungsloser Schriftsteller Anfang 30, bekommt von seinem Vater dessen betagtes Wohnmobil mitsamt der Putzfrau Svetlana geschenkt. Vater Leo hat sich nämlich, obwohl äußerst vital, im Seniorenheim einquartiert und unterhält dort die alleinstehenden Damen. Eines Tages finden Tommi und Svetlana ein verlassenes kleines Mädchen am Waldrand. Sie bringen es zur Polizei, doch die Geschichte lässt ihnen keine Ruhe, und so beginnen sie, auf eigene Faust zu recherchieren, was mit der Mutter der Kleinen passiert ist.

Die Idee hat das Potential zu einem guten Krimi, leider wurde daraus nur eine mittelmäßige Geschichte. Der Fokus liegt auf dem ungeschickten Verhalten der beiden Hauptpersonen, und in ihren Dialogen geht es ständig darum, wer was wie falsch verstanden hat. Die anfangs noch witzigen, in holprigem Deutsch vorgetragenen Weisheiten von Svetlana wiederholen sich zu oft, sie nerven irgendwann nur noch. Der Haupthandlung wird dagegen eher nebenbei abgewickelt. Angesichts ihrer gesellschaftspolitischen Relevanz hätte sie mehr Raum und Tiefe verdient gehabt. Schade, mich hat das Buch nicht überzeugt.

Bewertung vom 23.04.2025
Von hier aus weiter
Pásztor, Susann

Von hier aus weiter


sehr gut

Schweres Thema mit leichter Hand erzählt Susann Pasztors Roman „Von hier aus weiter“ behandelt ein schweres Thema. Marlenes Mann Rolf hat sich nach einer Krebsdiagnose das Leben genommen. Sie bleibt mit Anfang siebzig allein zurück und quält sich mit Suizidgedanken. Mitten in ihre Verzweiflung platzt ihr ehemaliger Schüler Jack in ihr Leben, und bleibt erstmal da. Als Marlene erfährt, dass ihr Mann bei ihrer Freundin in Wien einen Brief für sie hinterlegt hat, will sie allein dorthin reisen. Aber sie hat die Rechnung ohne Jack gemacht.

Der Roman hat einen traurigen Grundton. Die Autorin schreibt jedoch mit leichter Hand und streut ab und zu humorvolle Szenen ein. Damit schafft sie eine beinahe lockere Atmosphäre. Die Protagonisten sind durchweg sympathisch und mit ihren kleinen Macken angenehm menschlich. Ich konnte mich sowohl in die Lage von Marlene als auch in die ihrer Freunde hineinversetzen. Die Dialoge sind realitätsnah, die Handlung ist glaubwürdig. Leider wirkte der Schluss auf mich im Verhältnis zum Rest des Buches zu hastig und deshalb nicht überzeugend. Abgesehen davon ist es eine gut zu lesende, ruhige Geschichte.

Bewertung vom 04.04.2025
Halbe Leben
Gregor, Susanne

Halbe Leben


sehr gut

Der Roman beginnt mit einem dramatischen Höhepunkt. Klara, eine sehr engagierte Architektin, verheiratet und Mutter der 11 jährigen Ada, stürzt bei einer Wanderung von einem Steilhang und stirbt. Ihre Begleiterin Paulina verhält sich angesichts des Notfalls merkwürdig und braucht lange, um die Rettung zu alarmieren.

Dieser Einstieg hat mich gepackt. Was hat es mit den beiden Frauen auf sich? Im weiteren Verlauf wird die Geschichte von vorn erzählt. Paulina, eine Krankenschwester aus der Slowakei, geschieden und Mutter von zwei pubertierenden Jungen, pflegt seit einem Jahr Klaras Mutter, die nach einem Schlaganfall in deren Haus gezogen ist. Im 14 tägigen Rhythmus wechselt sich Paulina mit Radek ab. Ihre Söhne bleiben während ihrer Abwesenheit bei ihrer Schwiegermutter, die ihr deshalb immer wieder Vorhaltungen macht.

Paulina macht ihre Arbeit so gut, dass Klara und ihr Mann Jakob ihr immer neue Aufgaben übertragen. Sie bezahlen sie großzügig, nehmen aber keine Rücksicht auf ihre Bedürfnisse. Paulina entfremdet sich zunehmend von ihren Kindern, ihr schlechtes Gewissen frisst sie auf. Das nach außen hin freundlich wirkende, in Wahrheit aber herablassende, rücksichtslose Verhalten ihrer Arbeitgeber macht Paulina nach und nach immer wütender.

Obwohl Klara zu ihrer Tochter Ada, die praktisch von ihrer Großmutter groß gezogen wurde, ein distanziertes Verhältnis hat, gibt sie dem Wunsch ihres Mannes Jakob nach einem weiteren Kind nach. Damit kommt das mühsam aufrechterhaltene Gleichgewicht in dem Haushalt ins Wanken. Jakob tut nichts, um seine Frau zu unterstützen, sondern lebt entspannt von ihrem Verdienst. Die Streitigkeiten häufen sich, und auch in Paulinas Familie eskalieren die Konflikte.

Auf knapp 200 Seiten behandelt die Autorin viele aktuelle Themen. Der Pflegenotstand und die Situation der 24 Stunden Pflegekräfte aus Osteuropa stehen im Vordergrund. Es geht daneben um die Vereinbarkeit von Familienarbeit und Berufstätigkeit für Frauen, um über Generationen weitergetragene familiäre Konflikte, um mangelnde Kommunikation und um die Frage der weiblichen Selbstbestimmung.

Die Perspektiven wechseln, so dass man sich gut in beide Protagonistinnen hinein versetzen kann. Jede will ihre Aufgaben perfekt erledigen, jede giert nach Anerkennung, jede ist in ihrem System gefangen. Die Sympathie der Autorin liegt eindeutig bei Paulina.

Die männlichen Figuren sind für meinen Geschmack zu einseitig negativ dargestellt. Der polnische Pfleger ist zutiefst unsympathisch, Jakob macht sich auf Klaras Kosten ein schönes Leben und ist übergriffig, Paulinas Ex-Mann kümmert sich nicht um seine Söhne, überhäuft sie aber wegen ihrer Arbeit mit Vorwürfen.

Der Schreibstil von Susanne Gregor finde ich ungewöhnlich. Er wirkt nüchtern, fast dokumentarisch. Dennoch erschafft er eine deutlich spürbare beklemmende Stimmung. Ich musste öfter eine Pause beim Lesen machen, um durchzuatmen. Eine eindrucksvolle Leseerfahrung, über die ich noch länger nachdenken werde.

Bewertung vom 04.04.2025
Wackelkontakt
Haas, Wolf

Wackelkontakt


ausgezeichnet

Wegen des psychedelischen Covers hätte ich diesen tollen Roman fast nicht gelesen, beim Draufschauen wird mir sofort schwindlig. Zum Glück hat mich die Begeisterung anderer Leser neugierig gemacht.

Der Trauerredner Franz Escher wartet auf den Elektriker, weil seine Steckdose einen Wackelkontakt hat. Dabei liest er ein Buch über den Mafia- Kronzeugen Elio Russo. Der sitzt im Gefängnis und wartet auf den Beginn seines Zeugenschutzprogramms. Weil er nicht schlafen kann, liest er ein Buch. Darin geht es um den Trauerredner Franz Escher, der in seiner Wohnung auf den Elektriker wartet, weil eine Steckdose Wackelkontakt hat.

Was hier so kompliziert kling, ist in der Tat eine ziemlich verschachtelte Geschichte, in der die Perspektiven und Zeitebenen ständig wechseln. Sie ist jedoch so gekonnt konstruiert, dass ich ihr mühelos folgen konnte. Zwei Lebensläufe werden gleichzeitig erzählt und doch nicht, denn während der langsame Franz Escher nur ein paar Tage durchlebt, sind es beim gewitzten Elio Russo mehrere Jahre.

Die beiden Erzählstränge bewegen sich immer weiter aufeinander zu, bis…das darf ich hier nicht verraten, um niemandem den Spaß zu verderben.

Wolf Haas hat eine unterhaltsame intelligente Geschichte geschaffen, die Elemente aus Krimi, Liebesgeschichte und Gesellschaftsroman enthält. Wie ein Puzzle setzt sie sich Stück für Stück zusammen. Dabei kommt es immer wieder zu überraschenden Wendungen, so dass ich durch die Seiten geflogen bin.

Besonders gut gefallen haben mir Haas‘ leichtfüßiger Schreibstil und sein Sprachwitz, der weder vor Bankern noch vor der Mafia Halt macht. Es war von der ersten bis zur letzen Seite ein großes Lesevergnügen.

Bewertung vom 18.03.2025
In einem Zug
Glattauer, Daniel

In einem Zug


gut

Das hätte eine schöne, geistreiche Geschichte werden können. Die Zutaten dafür waren vorhanden. Zum einen Daniel Glattauer mit seinem aufgeweckten Schreibstil. Zum anderen der Plot: der alternde Schriftsteller Eduard, der schon lange nichts mehr publiziert hat, muss zu einem unangenehmen Termin mit seiner Verlegerin reisen und nimmt den Zug von Wien nach München. In seinem Abteil sitzt die deutlich jüngere Catrin, die ihn zwar nicht erkennt, aber trotzdem eine Unterhaltung mit ihm beginnt.

Soweit, so gelungen war der Einstieg in den Roman. Anfangs fand ich Eduards selbstgefällige Gedanken während des Gesprächs mit Catrin noch amüsant. Doch ziemlich bald hat mich das aufgesetzt und unmotiviert wirkende Frage- und Antwortspiel der beiden gelangweilt. Inhaltlich drehen sie sich immer im Kreis, wiederholen triviale Aussagen, und die Altherreneitelkeit Eduards steigert sich mit zunehmendem Alkoholgenuss ins Peinliche. Die über alle Maßen aufdringliche Catrin war mir von vornherein unsympathisch.

Die Zugfahrt endet mit einer überraschenden Wendung, die auf mich zu gekünstelt wirkt, um originell zu sein.

Ich habe beim besten Willen keinen Humor und auch keinen Tiefgang in der Geschichte gefunden. Für mich war der Roman deshalb leider kein Genuss, sondern höchstens durchschnittlich.