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buchundtee

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Bewertung vom 23.12.2023
Der Duft von Schokolade
Arenz, Ewald

Der Duft von Schokolade


ausgezeichnet

Ich habe mich sehr gefreut, dass dieser Roman nun als Taschenbuch im Buchhandel verfügbar ist. Schon seit über einem Jahr habe ich auf den Erscheinungstermin hingefiebert, da mich der Klappentext direkt überzeugen konnte und Lust auf den Roman machte. Und das Warten hat sich absolut gelohnt! Ich würde es tatsächlich nun als mein Lieblingsbuch des Autors bezeichnen.

Der Roman ist bereits 2007 veröffentlicht worden. Meiner Meinung nach merkt man einen Unterschied zu Arenz' aktuelleren Romanen. Das tut der Besonderheit des Schreibstils aber keinen Abbruch - ich finde dieses Buch sogar noch besser als die anderen.

Der Schreibstil ist wie man es als LeserIn von Arenz bereits gewöhnt ist, großartig! Detailreiche Beschreibungen der beiden Metropolen Wien und Berlin stehen auf der Tagesordnung. Ganz besonders stechen jedoch die Beschreibungen der Düfte heraus - Beschreibungen von Parfum- und Schokoladendüften, die verzaubern. "Jeder Duft ist wie eine andere Welt." - so beschreibt der Protagonist August Liebeskind seine Wahrnehmung.

Pralinen, Konfekt, Schokolade, Gewürze, Confiserie, Zuckerbäckerei - Ewald Arenz nimmt uns mit auf eine Reise durch die Welt des Genusses.

"Jeder Duft hatte eine Farbe, für die es in der Sprache keine Wörter gab."

Mit dem ehemaligen Soldaten August begibt man sich als LeserIn auf eine Zeitreise durch das Wien aus dem Jahr 1881. August spaziert gemeinsam mit Elena Palffy durch die Gassen der Großstadt. Gemeinsam erleben sie die Genusskultur der 1880er-Jahre. Sie besuchen ein Pferdederby, gehen in einem See schwimmen und statten der Oper einen Besuch ab. Auch Kaffeehäuser wie das Demel, Landtmann oder Café Sperl finden in dem Roman Erwähnung. Bei dem Flanieren und Erleben der Wiener Kultur hätte ich die beiden gerne begleitet. So begleiten wir als LeserInnen August, Elena und den Beginn ihrer Romanze.

Dass die Geschichte realhistorische Elemente beinhaltet, merkte ich erst, als der Wiener Ringtheaterbrand einen Teil der Handlung einnahm. Der Ringtheaterbrand gilt bis heute als der größte Theaterbrand aller Zeiten. Dass selbst reale Formulierungen der Polizei wie "Alles gerettet!" (dies war übrigens eine Fehleinschätzung) mit in den Roman eingearbeitet wurden, ist mir erst aufgefallen, als ich mich online über jenen Großbrand informiert habe. Das sind ganz besondere Details, die den Roman noch authentischer wirken lassen.

Ewald Arenz erschafft mit Elena Palffy und Louise Brenner zwei ganz fantastische Frauenfiguren! Unterschiedlicher könnten die beiden Frauen nicht sein, trotzdem schaffen es die zwei, jeweils einen außergewöhnlichen Platz in Augusts Leben einzunehmen.

Nicht nur Wien spielt in dem Roman eine bedeutende Rolle, sondern auch die Metropole Berlin nimmt einen Teil der Handlung ein. Die Reise von August nach Berlin verändert sein Leben nachhaltig - auch als LeserIn ist jener Leseabschnitt von großer Bedeutung. Der Plottwist hat mich persönlich sehr überrascht, aber nicht im negativen Sinne.

Die Kapitel sind alle logisch aufgebaut und durch das Einflechten realer Ereignisse, schafft es Arenz, dem Roman eine Authentizität zu verleihen, die in der Literaturwelt mittlerweile selten geworden ist.



F A Z I T

"Der Duft von Schokolade" ist mein Jahreshighlight von 2023! Der perfekte Leseabschluss für dieses Jahr. August Liebeskind sagt an einer Stelle in dem Roman: "Vielleicht sind manche Düfte auch nur Essen für die Seele." - dieser Roman ist definitiv ein "Essen" für die Seele. Ich würde die Geschichte am liebsten direkt noch einmal von vorne lesen.

Auch mit diesem Roman hat der Autor auf ganzer Linie überzeugt und mich erneut in der Meinung bestätigt, dass er die Liste meiner deutschen LieblingsautorInnen mit Abstand anführt.

Ich freue mich wie immer auf all das, was wir in den nächsten Jahren von Ewald Arenz lesen dürfen.