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Nancy
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Thüringen

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Insgesamt 47 Bewertungen
Bewertung vom 21.11.2025
Borrmann, Mechtild

Lebensbande


ausgezeichnet

Der neue Roman von Mechthild Borrmann „Lebensbande“ verwebt mehrere Zeitebenen und Perspektiven miteinander, um die Folgen von Schuld, Schweigen und familiären Geheimnissen sichtbar zu machen. Im Zentrum stehen drei junge Frauen, deren Leben durch historische Ereignisse – insbesondere durch politisch verursachtes Unrecht im 20. Jahrhundert – und durch die Entscheidungen ihrer Familien nachhaltig geprägt werden. Während die Gegenwartshandlung das langsame Enthüllen eines lange verdrängten Verbrechens beschreibt, folgt die Vergangenheitsebene den Menschen, die schuldig wurden, wegschauten oder überlebten.
Die Verbindung zwischen diesen Schicksalen kristallisiert sich erst spät heraus und bildet den Kern des Romans: Wie wirken Verletzungen über Generationen hinweg fort und welche Verantwortung trägt man für eine Wahrheit, die man nicht kennt, aber deren Folgen man spürt?

Schon nach den ersten Seiten des Buches hatte ich das Gefühl, in eine sehr besondere Stimmung einzutauchen – eine Atmosphäre, die gleichzeitig leise und gespannt ist, als wäre etwas Ungesagtes im Raum, das sich nur sehr vorsichtig zeigt. Genau diese Feinheit in der Erzählweise hat mich sofort abgeholt. Es gibt Bücher, die laut um Aufmerksamkeit ringen, "Lebensbande" gehört für mich jedoch im Gegenteil dazu zu denen, die flüstern und gerade deshalb so eindringlich wirken.

Borrmanns Sprache ist für mich klar, konzentriert und niemals überladen. Ich mag, wie sie mit wenigen, präzisen Sätzen eine Stimmung aufbauen kann, die ich während des Lesens fast körperlich gespürt habe. Alles wirkt bewusst gesetzt, nichts wirkt künstlich oder erzwungen.
Was mich besonders fasziniert hat, sind die Perspektiv- und Zeitebenenwechsel, da sie mir das Gefühl geben, aus verschiedenen Blickwinkeln auf dieselbe Geschichte zu schauen. Diese Switches sind für mich wie kleine Fenster, die sich öffnen: mal in eine andere Zeit, mal in das Innere einer Figur, mal an einen Ort, über den man vorher nur eine Ahnung hatte. Diese Wechsel machen den Roman für mich unglaublich lebendig und authentisch. Ich hatte nie das Gefühl, aus dem Fluss gerissen zu werden, sondern eher, dass das Erzählen dadurch an Tiefe gewinnt. Als würde ich Stück für Stück in ein Geflecht hineinschauen, das erst durch diese unterschiedlichen Einblicke überhaupt als Ganzes erkennbar wird.

Die Handlung entfaltet sich langsam, beinahe tastend, und gerade das mochte ich sehr. Es geht nicht um schnelle Wendungen, sondern um das allmähliche Aufdecken von Zusammenhängen. Ich habe beim Lesen immer gespürt, dass die wahren Konflikte nicht spektakulär sind, sondern versteckt in Momenten des Schweigens, der Angst, der Unwissenheit oder der falsch verstandenen Fürsorge. Genau dieser leise Spannungsbogen hat mich gefesselt. Die Geschichte wirkt nie überdramatisiert. Sie vertraut darauf, dass menschliche Schicksale für sich sprechen. Und das machen sie hier definitiv.

Die Figuren waren für mich das emotionale Herz des Romans. Sie sind nicht heroisch oder idealisiert, sondern wirken verletzlich, widersprüchlich und sehr menschlich. Gerade diese Unvollkommenheit hat sie mir so nah gebracht. Viele handeln aus Überforderung, aus Liebe, aus Angst oder aus Unwissenheit und ich konnte all das gut nachvollziehen.

Das Buch hat mich insgesamt auf eine sehr stille, aber nachhaltige Weise getroffen. Es ist keines dieser Werke, die man zuklappt und sofort abhakt. Vielmehr hatte ich das Gefühl, dass die Gedanken erst nach dem Lesen nachhallen, sich ordnen, wieder aufsteigen. Ich musste mehrfach kurze Pausen machen, nicht wegen Schwere, sondern wegen der Intensität des Menschlichen, das zwischen den Zeilen liegt.

Fazit

„Lebensbande“ von Mechthild Borrmann ist für mich alles in allem ein tief berührender, eindringlicher Roman, der sich nicht durch Lautstärke, sondern durch Genauigkeit und Feingefühl auszeichnet. Die Perspektivwechsel und unterschiedlichen Einblicke machen ihn lebendig und vielschichtig. Die Geschichte wirkt nach – ruhig, aber kraftvoll. Für mich gehört das Buch zu jenen, die einen noch eine ganze Weile begleiten, auch wenn man sie längst aus der Hand gelegt hat.

Bewertung vom 12.11.2025
Osman, Richard

Der Donnerstagsmordclub und der unlösbare Code / Die Mordclub-Serie Bd.5


gut

In dem neuen Roman von Richard Osman „Der Donnerstagsmordclub und der unlösbare Code“ erleben wir Elizabeth, Joyce, Ibrahim und Ron in einer für sie zunächst eher privaten Situation: Es steht die Hochzeit von Joyces Tochter an. Doch sehr schnell wird daraus mehr als ein charmantes Familienfest: Einer der Trauzeugen ist in ernsthafte Schwierigkeiten geraten, eine Geschäftspartnerin wird ermordet, und im Zentrum steht ein verschlüsselter Code – angeblich „unlösbar“ –, für den einige skrupellose Zeitgenossen scheinbar vor nichts zurückschrecken. Also mischt sich der Donnerstagsmordclub ein und versucht, die Puzzleteile zusammenzusetzen und den Code zu knacken.

Ehrlicherweise war das mein erstes Buch des Autors und ich dachte mir: „Was soll’s schon schaden, den Rest nicht zu kennen. Bei den meisten Büchern kommt man ja dennoch gut rein.“ Doch hier war das leider nicht der Fall. Es ist mir extrem schwergefallen, in die Handlung und vor allem in die Charaktere reinzufinden. Ich habe bis zum Ende nicht so genau verstanden, wie alle Figuren zueinander stehen, also wer mit wem verwandt ist, wer welche Vorgeschichte hat, und wie einzelne Stränge miteinander verbunden sind. Ich glaube, da fehlt mir für einen vollständigen Durchblick wirklich die Kenntnis der Vorgängerbände.

Auch der häufige Switch zwischen den Figuren, die vielen Perspektiven und Nebenhandlungen, waren mir schlicht zu viel. Es traten zahlreiche Personen zu Wort, und der Wechsel war so häufig und abrupt, dass ich den Überblick verlor. Gleichzeitig hat jedoch genau diese Vielzahl von Figuren dem Buch aber auch etwas Lebendiges verliehen: Man „lernt“ quasi jede Person und ihre Gefühlswelt näher kennen, was eigentlich schön ist.

Der Stil von Richard Osman gefällt mir insgesamt gut: Er verwendet kurze Kapitel, wechselt Perspektiven, lässt Tagebucheinträge und Reflexionen einfließen, was das Buch angenehm lebhaft macht. Der britische Humor kommt durch, die Dialoge sind charmant, und die Atmosphäre ist erfrischend.

Und auch die Figurenchemie ist insgesamt stark – wenngleich für mich etwas erschwert zugänglich, weil viele Vorgeschichten vorausgesetzt werden. Aber das mindert nicht meine Sympathie für die meisten der Figuren.

Die eigentliche Handlung bereitet durchaus Spannungsmomente, sodass man miträtselt.
Allerdings - und das ist mein größter Kritikpunkt; unabhängig davon, dass ich die anderen Bände nicht kenne: Für meinen Geschmack hat mir das gewisse Etwas gefehlt, das einen Krimi (auch einen humorvollen) richtig mitreißt. Die Handlung wirkt für mich mitunter überfrachtet: Viel Persönliches, viele Nebenschauplätze, wodurch der eigentliche Mordfall oder der Code-Rätsel-Faden eher etwas in den Hintergrund rückt.
Das Ende, die Aufklärung des Falls, war dann für meinen Geschmack eher banal und unspektakulär. Ich hatte mehr erwartet: einen stärkeren Twist, ein größeres Aha-Erlebnis.

Fazit

Alles in allem ein wirklich guter, ansprechender Schreibstil, charmante Atmosphäre, sympathische Charaktere, aber für mich nicht ganz geglückt, weil die Handlung mich nicht völlig abgeholt hat und ich – ohne die vorherigen Bände – Schwierigkeiten hatte, den Überblick zu behalten. Wer bereits die Vorgänger kennt, wird vermutlich mehr Freude haben und die Figuren und ihre Beziehungen klarer einordnen können.

Bewertung vom 12.11.2025
Groh, Kyra

The Pumpkin Spice Latte Disaster / Pumpkin Spice Latte Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

„The Pumpkin Spice Latte Disaster“ von Kyra Groh hat mich von Anfang an mit seiner herbstlichen Wohlfühlstimmung, dem charmanten Kleinstadtsetting und der Idee eines humorvollen Liebesromans in einem kleinen Café angesprochen.
Die Geschichte dreht sich um Jude, die nur widerwillig in ihre Heimatstadt Lower Whilby zurückkehrt, um der Hochzeit ihrer Schwester beizuwohnen. Dort trifft sie auf James, den mürrischen, aber attraktiven Besitzer eines kleinen Cafés, der eigentlich keine Lust auf Gesellschaft hat und erst recht nicht auf eine solche impulsive Person wie sie, die nicht auf den Mund gefallen ist. Zwischen den beiden entwickelt sich eine typische „von Hass zu Liebe“-Dynamik: Schlagabtausche, unerwartete Nähe, Rückschläge und wachsende Gefühle – gepaart mit viel Witz und Ironie.

Was mir beim Lesen sofort auffiel, war der gewohnt angenehme, flüssige und humorvolle Schreibstil von Kyra Groh. Ihre Sprache ist leicht, modern und lebendig und sie schafft es immer wieder, Dialoge so zu gestalten, dass sie sich wie echte Gespräche anfühlen. Ich mochte den Witz in den Wortgefechten zwischen Jude und James, die vielen ironischen Bemerkungen und das Tempo, das dadurch entsteht. Gleichzeitig hatte ich jedoch das Gefühl, dass der Humor an manchen Stellen etwas zu sehr bemüht wirkte. Dadurch ging mir manchmal etwas von der Authentizität verloren. Als wolle der Text ständig beweisen, wie schlagfertig und clever die Figuren sind.

Sehr deutlich ist auch der Einfluss der „Gilmore Girls“ zu spüren, und zwar so stark, dass ich stellenweise fast meinte, Lorelai und Luke in britischer Umgebung wiederzuerkennen. Jude erinnert in ihrer Art zu sprechen, ihrer Kaffeeleidenschaft, ihrer komplizierten Familiengeschichte und ihrem sprunghaften Wesen stark an Lorelai Gilmore. Einerseits fand ich diesen „Gilmore-Girls-Vibe“ richtig schön, weil er ein warmes, humorvolles und leicht nostalgisches Gefühl vermittelt. Andererseits war es mir zu nah am Original, fast ein bisschen abgeschrieben. Ich hätte mir gewünscht, dass Jude bei aller Ähnlichkeit noch stärker eine eigene Identität bekommt. Gleiches trifft leider auch auf James und seine Parallelen zu Luke zu.
Die Nebencharaktere waren insgesamt sehr sympathisch, auch wenn einige meiner Meinung nach noch eher blass blieben. Da es jedoch noch weitere Bände gibt, hoffe ich sehr darauf, dass man die Charaktere noch besser kennenlernt.

Die Haupthandlung rundum Jude, die zurückkehrt, James trifft, in dessen Café arbeitet und die Annäherung der beiden, funktioniert und macht Spaß. Mir gefiel das Setting und die Idee. Leider aber war mir die Handlung außerhalb der Beziehung zwischen Jude und James etwas zu wenig: Viele Nebenstränge werden angedeutet – das schwierige Verhältnis zu Judes Eltern und Schwester, unausgesprochene Konflikte in der Familie, alte Verletzungen –, doch diese bleiben weitgehend unbearbeitet. Es gibt kaum Aussprache und keine wirkliche Aufarbeitung der Konflikte. Am Ende blieb für mich leider das Gefühl, dass diese Themen einfach „erledigt“ sind, ohne dass sie wirklich verarbeitet wurden. Das fand ich schade, weil genau das der Geschichte mehr emotionale Tiefe und Glaubwürdigkeit gegeben hätte.

Trotz dieser Kritikpunkte hatte ich jedoch nicht das Gefühl, meine Zeit mit dem Buch zu verschwenden. Im Gegenteil, es liest sich unglaublich schnell, unterhält gut und erzeugt dieses typische Herbstgefühl, das man mit einer heißen Tasse Kakao (oder doch lieber Pumpkin Spice Latte? 😉) auf dem Sofa genießen möchte. Kyra Groh schafft es, Wärme und Leichtigkeit zu vermitteln, auch wenn nicht alles perfekt durchdacht wirkt.

Fazit

Insgesamt würde ich „The Pumpkin Spice Latte Disaster“ als unterhaltsame, charmante und warmherzige Liebesgeschichte bezeichnen, die mit Witz, Atmosphäre und einem klaren Wohlfühlfaktor punktet, allerdings erzählerisch nicht ganz ihr Potenzial ausschöpft, sodass wenn man Tiefe oder echte Entwicklung erhofft, eventuell ein kleiner Beigeschmack von Unerfülltheit bleibt.

Bewertung vom 07.11.2025
Schütze, Andrea

Meine fabelhafte ABC-Reise


ausgezeichnet

Andrea Schützes Buch „Meine fabelhafte ABC-Reise: Mach mich bunt! 26 fantastische Tautogrammgeschichten, prallvoll mit Ausmalbildern zu Anlautwörtern“ ist ein liebevoll gestaltetes Mitmachbuch, das Kinder auf eine spielerische Entdeckungsreise durch das Alphabet mitnimmt. Es verbindet sprachliche Kreativität, Lautbewusstheit und motorische Aktivität in einer Weise, die meiner Meinung nach insbesondere für den Vorschul- und Grundschulbereich pädagogisch sinnvoll ist. Schon beim ersten Durchblättern fällt auf, wie farbenfroh, ansprechend und abwechslungsreich das Buch aufgebaut ist: Jede Doppelseite widmet sich einem Buchstaben des Alphabets und bietet dazu eine kleine Tautogrammgeschichte – also einen Text, in dem nahezu alle Wörter mit demselben Anfangsbuchstaben beginnen – sowie passende Ausmalbilder zu typischen Anlautwörtern. Dieses Konzept sorgt nicht nur für Spaß, sondern hat auch einen klaren sprachdidaktischen Mehrwert.

Mir gefällt besonders, dass das Buch mehrere Sinne anspricht. Kinder hören, lesen, sprechen und malen – sie erleben die Buchstaben nicht nur visuell, sondern auch auditiv und motorisch. Diese Kombination halte ich gerade für den frühen Schriftspracherwerb für enorm wertvoll. Das Ausmalen der Anlautbilder vertieft die Auseinandersetzung mit den Lauten, und die humorvollen, teilweise skurrilen Tautogramme regen dazu an, über Sprache zu lachen und selbst kreativ zu werden. Ich finde, das Buch vermittelt dabei eine ganz besondere Leichtigkeit im Umgang mit Buchstaben und Lauten.

Besonders im Anfangsunterricht kann das Buch meiner Meinung nach als motivierender Einstieg in die Buchstabenarbeit dienen. Aber auch in Freiarbeitsphasen oder im Förderunterricht lässt sich das Buch gut einsetzen. Kinder mit gefestigtem Lautbewusstsein können eigene kleine Tautogramme erfinden, während andere durch das Ausmalen und das Erkennen von Anlautwörtern gefördert werden. Diese Differenzierungsmöglichkeiten finde ich besonders gelungen, weil sie unterschiedlichen Lernniveaus gerecht werden.

Ich schätze außerdem, dass das Buch die Freude am Sprachspiel fördert. Gerade Kinder, die noch Hemmungen im Umgang mit Buchstaben oder Lauten haben, lassen sich durch den spielerischen Zugang eventuell leichter motivieren. Das Konzept der Tautogramme schult das phonologische Bewusstsein auf natürliche Weise, ohne dass es sich für die Kinder nach „Üben“ anfühlt. Es ist schön zu beobachten, wie sie beim Hören oder Lesen der Geschichten selbst anfangen, über Wörter nachzudenken und nach weiteren zu suchen, die mit demselben Laut beginnen.

Allerdings sollte das Buch lediglich als ergänzendes Material und nicht als Ersatz für eine systematische Buchstabeneinführung dienen. Manche Tautogramme sind sprachlich doch recht anspruchsvoll und benötigen eine kurze Einführung oder Erklärung, damit die Kinder den Inhalt wirklich erfassen.

Fazit

Insgesamt hat mich „Meine fabelhafte ABC-Reise“ sehr überzeugt. Es ist ein fantasievolles, lebendiges und zugleich didaktisch durchdachtes Buch, das Kinder mit Freude an Sprache und Schrift heranführt. Ich würde es sowohl für den Einsatz im Vorschulbereich als auch in der Grundschule empfehlen – besonders in der ersten Klasse, wo die Buchstaben- und Lautarbeit im Mittelpunkt steht. Für mich ist es ein wunderbares Beispiel dafür, wie man Sprachförderung kreativ, humorvoll und kindgerecht gestalten kann.

Bewertung vom 24.10.2025
Juniper, Penny

Bite the Bride / Darkthorn Archives Bd.1


gut

Ich habe das Buch mit einer gewissen Vorfreude begonnen, weil mir das Konzept einer vampirischen Fake-Ehe und die Mischung aus RomCom und Paranormal Romance grundsätzlich zusagt. Und tatsächlich: Penny Juniper versteht es, Stimmungen zu erzeugen. Besonders zu Beginn mochte ich die leicht geheimnisvolle, aber gleichzeitig humorvolle Atmosphäre, die mich sofort in die Welt der Geschichte gezogen hat. Es gibt Passagen, in denen sich die Kulisse fast filmisch entfaltet – verwinkelte Anwesen, funkelnde Abende, ein Hauch von Gefahr in der Luft. Das Setting trägt viel zur Lesbarkeit bei, und Juniper gelingt es, dieses Gleichgewicht zwischen romantischem Flair und fantastischer Spannung meist gut zu halten.

Der Schreibstil von Penny Juniper ist passend dazu insgesamt flüssig und leicht zugänglich. Sie schreibt mit Humor, einem Sinn für Tempo und einer gewissen Leichtigkeit, die das Lesen angenehm macht. Gleichzeitig habe ich mir an manchen Stellen mehr sprachliche Raffinesse gewünscht. Die Dialoge sind zwar lebendig, wirken aber oft übertrieben dramatisch oder wiederholen sich in ihrer Struktur. Manchmal hatte ich das Gefühl, Juniper versuche, Spannung künstlich durch Schlagabtausch zu erzeugen, anstatt sie organisch aus den Situationen wachsen zu lassen. Trotzdem gibt es immer wieder Sätze und Beschreibungen, die mir gefallen haben – besonders, wenn sie atmosphärisch und bildhaft werden, etwa wenn die Autorin Licht, Geräusche oder kleine Gesten in Szene setzt. In diesen Momenten blitzt ihr Talent auf, Stimmung zu malen.

Allerdings verlor die Geschichte für mich mit der Zeit an Reiz. Die Handlung folgt zu oft den bekannten Mustern, und viele Entwicklungen waren vorhersehbar. Es gibt einige Momente, die als überraschende Wendungen angelegt sind, aber ich hatte das Gefühl, sie schon Kapitel im Voraus zu erahnen. Auch das Ende kam für mich ohne echten Knalleffekt. Es war eher eine Bestätigung dessen, was sich ohnehin abzeichnete. Dadurch fehlte mir das Gefühl, wirklich mit den Figuren mitzufiebern oder überrascht zu werden.
Zusätzlich mochte ich den Ausgang rundum Lilly irgendwie nicht. Mir hat da leider etwas gefehlt und ich hoffe, dass in Band 2 diesbezüglich noch etwas geschieht (oder vielleicht sogar zu ihr noch ein eigenständiger Band?).

Ein großer Kritikpunkt für mich war zudem die Kommunikation zwischen den Charakteren. Zu oft basierten Konflikte auf Missverständnissen, halben Wahrheiten oder schlicht darauf, dass niemand offen miteinander redet. Es gab etliche Szenen, in denen ich mir dachte: Ein einfaches Gespräch hätte dieses ganze Drama verhindert. Stattdessen entscheiden sich die Figuren immer wieder dafür, Dinge zu verschweigen, sich gegenseitig anzulügen oder absichtlich das Gegenteil dessen zu tun, was sie vorher versprochen haben. Das führte dazu, dass die Handlung stellenweise unnötig in die Länge gezogen wirkte. Hätten die Charaktere ehrlicher oder zumindest konsequenter miteinander gesprochen, wäre die Geschichte vermutlich nur halb so lang gewesen – und deutlich glaubwürdiger.

Auch die Dynamik zwischen Katherine und Ethan hat mich nicht ganz überzeugt. Zwar gibt es einige charmante und witzige Szenen, und die Anziehung zwischen den beiden ist spürbar, aber insgesamt fehlte mir Tiefe. Vieles wirkte wie eine Abfolge aus typischen RomCom-Momenten, ohne dass sich eine echte emotionale Entwicklung vollzieht.

Die Charaktere selbst waren für mich zum Großteil solide, aber auch hier gab es Schwächen.
Katherine als Protagonistin war mich einerseits sympathisch, weil sie mit einer gewissen Bodenständigkeit und Ironie in diese bizarre Situation hineingezogen wird. Sie ist klug, mutig und versucht, sich zu behaupten. Andererseits blieb sie mir emotional zu oft unzugänglich. Ihre Reaktionen wirken manchmal sprunghaft oder widersprüchlich.
Ethan wiederum ist der klassische romantische Vampirtypus: geheimnisvoll, gutaussehend, von einer dunklen Vergangenheit gezeichnet und ständig hin- und hergerissen zwischen Pflichtgefühl und Verlangen.
Die Nebenfiguren (vor allem die menschlichen) waren für mich sehr erfrischend und haben der Story gutgetan.

Fazit

Insgesamt hat „Bite the Bride“ für mich Licht und Schatten. Ich mochte den Einstieg, das Setting und einige charmante Szenen, aber die Handlung war mir zu erwartbar, die Konflikte zu konstruiert, und die Figuren zu oft in ihrem eigenen Kommunikationschaos gefangen. Der Schreibstil ist angenehm und atmosphärisch stark.
Am Ende blieb bei mir jedoch das Gefühl, dass das Buch zwar unterhält, aber wenig wirklich Neues bietet. Eine nette Lektüre für zwischendurch, wenn man Lust auf eine humorvolle Vampir-Romanze hat, aber kein Titel, der mich nachhaltig beeindruckt oder überrascht hat.

Bewertung vom 24.10.2025
von Wahl, Fritzi

Sisi ermittelt - Die Diamanten der Kaiserin / Sisi-Krimi Bd.1


ausgezeichnet

"Sisi ermittelt - Die Diamanten der Kaiserin" von Fritzi Wahl ist der Auftakt einer neuen Cosy-Crime-Reihe rundum die junge Kaiserin Elisabeth von Österreich‑Ungarn („Sisi“), die sich nach sechs Jahren Herrschaft am steifen Wiener Hof nach Abwechslung sehnt und schon befindet sie sich inmitten eines heiklen Falls sie selbst betreffend.
Was zunächst als einfacher Juwelendiebstahl erscheint, entpuppt sich schon bald als viel komplexerer Fall: Geheimnisse beim Hofjuwelier, Überwachung, Verrat und mehrere Morde.
Doch wird Sisi es schaffen, die Intrigen und Geheimnisse zu durchschauen und den Fall zu lösen?

Die Handlung des Romans ist insgesamt solide aufgebaut. Der Einstieg mit dem verschwundenen Diamanten ist charmant und genügt als Auftaktproblematik – es hat bei mir auf jeden Fall sofort Neugier geweckt. Ich fand auch gut, dass sich das Buch nicht darauf beschränkt, einfach den Edelstein wiederzufinden, sondern die Ermittlungen zunehmend komplexer werden: Es tauchen geheime Verstrickungen auf und mehrere Todesfälle, was die Geschichte mit ernsteren Tönen versieht.
Der Ermittlungsprozess bleibt stilistisch jedoch im „Cozy Crime“-Modus, das heißt, es geht nicht um brutale Verbrechen mit ausufernder Gewalt, sondern um noble Intrigen, höfische Geheimnisse, elegante Hinweise, in Kombi mit Witz und Charme. Für mich war das genau die richtige Wahl, denn ich mag keine Thriller-Härte, sondern eher diese Art von leichten, aber spannenden historischen Krimi.
Gleichzeitig hätte ich mir manchmal etwas mehr Tempo oder stärkere Überraschungen gewünscht. Insbesondere nachdem die ersten Verdachtsmomente gelegt sind, fühlte sich die mittlere Passage ein wenig gemächlicher an.

Der Stil von Fritzi Wahl hat meiner Meinung nach super zum Gesamtbild gepasst. Er ist angenehm leicht und flüssig, sodass sich das Buch locker liest, ohne dabei jedoch belanglos zu wirken. Die Sprache ist elegant genug, um den Hofkontext glaubwürdig zu transportieren, aber zugleich nicht so schwer, dass man sich ständig mit historischen Details herumschlagen müsste. Es ist eine gute Balance zwischen Unterhaltung und Atmosphäre.

Die Atmosphäre, die dadurch entsteht, hat mich sofort zwischen den Schleiern des Wiener Hofes und den Ausritten in der Natur gefangen genommen. Der Kontrast zwischen dem streng geregelten Hofleben – mit Banketten, Zeremonien, Etikette – und Sisis Wunsch nach Freiheit ist spürbar. Diese Mischung macht das Buch für mich atmosphärisch stark. Es gibt den Glanz der kaiserlichen Welt, aber auch eine leise Rebellion dagegen, die Sisi ausstrahlt. Dadurch entsteht Spannung nicht nur durch den Kriminalfall, sondern auch durch das psychologische Moment – wie viel Freiheit darf eine Frau im Kaiserhaus haben? Wie weit darf sie gehen?

Ein weiterer Pluspunkt ist natürlich Sisi als Protagonistin, welche äußerst vielschichtig gezeichnet ist. Man spürt beim Lesen ihre Neugier, ihren Wunsch nach Eigenständigkeit, aber auch ihre Standesrolle und die damit verbundenen Zwänge.
Auch die meisten Nebenfiguren sind ausreichend ausgearbeitet, sodass sie Bedeutung für die Handlung erhalten. Allerdings bleiben manche Figuren meiner Meinung nach eher skizzenhaft, was dem Tempo geschuldet sein dürfte. In einer kommenden Fortsetzung wäre es schön, wenn einzelne Nebenfiguren noch mehr Tiefe erhalten.

Fazit

Insgesamt hat mich „Sisi ermittelt – Die Diamanten der Kaiserin“ überzeugt: Es ist eine charmante, unterhaltsame Lektüre mit historischem Flair, sympathischer Hauptfigur und gut dosierter Spannung. Wer historische Krimis mit höfischem Ambiente, einem starken weiblichen Mittelpunkt und nicht zu viel Spannung mag, der ist bei diesem Buch genau richtig.

Bewertung vom 13.10.2025
Thorogood, Robert

Mrs Potts' Mordclub und der Tote in der Themse / Mord ist Potts' Hobby Bd.4


sehr gut

„Mrs Potts’ Mordclub und der Tote in der Themse“ ist der vierte Band der charmanten Krimireihe rund um die scharfsinnige Amateurdetektivin Judith Potts. Obwohl es mein erstes Buch der Reihe war und ich die vorherigen Teile nicht kenne, hatte ich keinerlei Schwierigkeiten, in die Geschichte einzusteigen. Thorogood gelingt es mühelos, neue Leser*innen in seine Welt hineinzuziehen, ohne dass man das Gefühl hat, entscheidende Hintergrundinformationen zu vermissen – und erfreulicherweise werden die früheren Bände auch nicht gespoilert, sodass man sie problemlos nachträglich lesen kann.

Die Handlung beginnt mit einem Leichenfund in der Themse, der zunächst wie ein Unfall aussieht. Doch Judith Potts, die eigenwillige ältere Dame mit einem ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit und einer Vorliebe für Whiskey und Kreuzworträtsel, ist überzeugt, dass mehr dahintersteckt. Gemeinsam mit ihren beiden Freundinnen Suzie und Becks – dem eingespielten Trio des „Mordclubs“ – beginnt sie zu ermitteln. Bald stoßen die drei auf allerlei Geheimnisse und menschliche Abgründe hinter der idyllischen Fassade des kleinen englischen Städtchens Marlow.

Robert Thorogoods Schreibstil ist elegant, humorvoll und durchzogen von typisch britischem Witz. Seine Sprache liest sich flüssig, leicht und dennoch mit Stil – perfekt für einen Cosy Crime. Die Dialoge sind pointiert, das Tempo angenehm, und der Aufbau der Geschichte folgt einem klaren Rhythmus. Besonders die Gespräche zwischen Judith, Suzie und Becks sind ein Highlight – sie sprühen vor Lebensfreude, Ironie und Charme.

Die Atmosphäre des Romans ist warm und nostalgisch, aber nie kitschig. Marlow wirkt wie ein Ort, in dem die Zeit ein wenig stehen geblieben ist – mit gepflegten Gärten, Teestuben und einer Gesellschaft, die auf den ersten Blick beschaulich wirkt, auf den zweiten jedoch voller Geheimnisse steckt. Thorogood fängt diese Stimmung wunderbar ein und schafft eine angenehme Balance zwischen gemütlicher Kleinstadtidylle und unterschwelliger Spannung.

Die Charaktere sind ohne Zweifel das Herzstück des Buches. Judith Potts ist eine wunderbar unkonventionelle Protagonistin – klug, eigensinnig und mit einem trockenen Humor ausgestattet. Ihre beiden Freundinnen Suzie, die bodenständige Hundesitterin, und Becks, die etwas reservierte Pfarrersfrau, bilden zusammen mit ihr ein herrlich ungleiches, aber harmonisches Trio. Ihre unterschiedlichen Lebenswelten sorgen nicht nur für Witz und Dynamik, sondern auch für Wärme und Tiefe.

Die Handlung selbst ist solide konstruiert, mit einem angenehmen Spannungsbogen und einigen gelungenen Wendungen. Der Fokus liegt jedoch weniger auf atemloser Spannung als auf dem gemeinsamen Rätseln, Beobachten und Kombinieren. Man liest das Buch nicht, um am Ende völlig überrascht zu werden, sondern um den Weg dorthin zu genießen – mit all seinen charmanten Details, humorvollen Momenten und warmherzigen Begegnungen.

Das Ende ist passend und zufriedenstellend gelöst, auch wenn es für erfahrene Krimileser*innen nicht völlig unvorhersehbar sein dürfte. Doch das stört kaum, denn der Weg zur Auflösung ist so unterhaltsam, dass man dem Buch die Vorhersehbarkeit gern verzeiht. Die Auflösung wirkt rund und fügt sich organisch in die Erzählung ein – ohne übertriebene Dramatik oder Konstruiertheit.

Insgesamt ist „Mrs Potts’ Mordclub und der Tote in der Themse“ ein Buch, das sich wunderbar mal zwischendurch lesen lässt – leicht, charmant und humorvoll. Es geht nicht sehr tief und bietet keine psychologische Komplexität, doch genau das ist seine Stärke: Es unterhält, entspannt und lädt zum Miträtseln ein. Wer Lust auf einen klugen, aber unbeschwerten Krimi mit britischem Flair hat, wird hier bestens bedient.

Fazit: Ein herrlich britischer Wohlfühlkrimi mit Witz, Herzenswärme und liebenswerten Figuren. Zwar nicht besonders tiefgründig oder überraschend, aber ausgesprochen unterhaltsam, charmant und perfekt für alle, die einen gemütlichen Krimi zum Abschalten suchen – und das Beste: Auch Neueinsteiger*innen können unbesorgt zugreifen, ohne dass die vorherigen Bände verraten werden.

Bewertung vom 13.10.2025
Bichon, Malou

Musenrausch (Nektar und Ambrosia, Band 1).


gut

„Musenrausch“ von Malou Bichon hat mich auf eine Weise überrascht, wie ich es nicht erwartet hatte. Als ich das Buch begann, dachte ich an eine etwas ruhigere, vielleicht romantisch-mystische Geschichte über Kunst und Inspiration – doch schon nach wenigen Seiten wurde klar, dass es hier viel tiefer geht. Die Welt, die Bichon erschafft, ist komplex, voller Magie, Mythologie und Symbolik, und obwohl mich das anfangs etwas überfordert hat, hat es mich gleichzeitig auch sehr fasziniert. Ich brauchte ehrlicherweise eine Weile, um mich zurechtzufinden, um die Regeln dieser Welt zu verstehen und die Zusammenhänge zwischen Wandas Kunst, der Muse Neo und der geheimnisvollen Anderswelt Ambrosia zu begreifen. Aber je mehr ich mich auf das Buch eingelassen habe, desto mehr hat es mich in seinen Bann gezogen.

Was mich besonders beeindruckt hat, war der Schreibstil. Bichons Sprache ist unglaublich bildhaft und poetisch, manchmal fast schon synästhetisch – als würden Farben, Gerüche und Klänge ineinanderfließen. Jede Szene wirkt sorgfältig komponiert, fast wie ein Gemälde. Dadurch entsteht eine dichte, sinnliche Atmosphäre, die mich oft völlig vereinnahmt hat. Gleichzeitig hat genau diese sprachliche Intensität auch dazu geführt, dass ich das Buch nicht einfach „weglesen“ konnte. „Musenrausch“ ist für mich kein leichter Roman für zwischendurch, sondern einer, in den man richtig eintauchen muss. Es verlangt Aufmerksamkeit und Geduld, weil man sonst schnell den Faden verliert.

Die Atmosphäre des Romans ist geheimnisvoll, beinahe entrückt. Hamburg, der Schauplatz, wirkt zugleich vertraut und fremd, durchzogen von Magie und Schatten. Immer wieder öffnet sich der Schleier zu Ambrosia, einer Welt, in der Mythen und göttliche Kräfte lebendig werden. Diese mythologischen Elemente haben mich überrascht – ehrlich gesagt hatte ich nicht mit so viel Fantasy gerechnet, und anfangs fiel es mir schwer, all das einzuordnen. Doch gerade diese Mischung aus realer Künstler:innenexistenz und magischem Überbau macht den Reiz des Buches aus - wenn man so etwas mag. Mit der Zeit habe ich angefangen, die Symbolik hinter all dem zu sehen: Inspiration als Gabe und Gefahr, Kreativität als Verbindung zwischen Welten, Liebe als schöpferische, aber auch zerstörerische Kraft.

Trotz dieser Faszination muss ich aber sagen, dass mir die Handlung stellenweise zu wirr und undurchsichtig war. Einige Szenen gingen sehr schnell ineinander über, und manchmal hatte ich das Gefühl, dass sich Ereignisse überschlagen, bevor ich sie richtig verarbeiten konnte. Gerade im Mittelteil und gegen Ende verlor ich stellenweise etwas den Überblick, weil vieles gleichzeitig geschah – emotional, mythisch und symbolisch. Es war nicht immer leicht, den roten Faden zwischen Wandas innerem Erleben, der äußeren Handlung und der Welt von Ambrosia zu behalten. Das hat meine Lesefreude zwar nicht unbedingt zerstört, aber es machte den Einstieg und das Folgen der Geschichte zeitweise anstrengend. Ich hätte mir da etwas mehr Ruhe und Klarheit gewünscht, um die Handlung und ihre Bedeutung besser greifen zu können.

Die Figuren dagegen sind ein echter Pluspunkt. Wanda ist eine Protagonistin, die mich wirklich berührt hat – verletzlich, leidenschaftlich, zweifelnd und gleichzeitig stark. Ich konnte mich gut in sie hineinversetzen, vor allem in ihr Ringen um Kontrolle und Hingabe. Neo dagegen bleibt geheimnisvoll, manchmal schwer zu fassen, aber das passt zu seiner Rolle als Muse. Er ist kein klassischer Liebesheld, sondern eher ein Spiegel für Wandas inneren Konflikt – zwischen Sehnsucht und Selbstverlust. Die Nebenfiguren bleiben zwar teils im Hintergrund, fügen sich aber harmonisch in die Geschichte ein und tragen zur Atmosphäre bei, ohne sie zu überladen.

Insgesamt würde ich sagen, dass „Musenrausch“ ein Buch ist, das man nicht einfach liest, sondern erlebt. Es ist fordernd, intensiv, manchmal verwirrend, aber zugleich wunderschön geschrieben. Ich musste mich an manchen Stellen wirklich konzentrieren, um mitzukommen, aber auch das war nicht unbedingt schlecht – es hat mich gezwungen, mich auf die Sprache, die Emotionen und die Symbolik einzulassen. Für mich ist das kein Buch, das man mal eben zwischen zwei Terminen liest, sondern eines, für das man sich Zeit nehmen sollte, am besten mit einer Tasse Tee und der Bereitschaft, sich vollkommen in eine andere Welt hineinziehen zu lassen. Und wenn man das tut, entfaltet es eine Sogwirkung, die nachhallt. Ich mochte es – gerade weil es mich herausgefordert hat, auch wenn ich zwischendurch das Gefühl hatte, in diesem Musenrausch ein wenig den Überblick zu verlieren.

Bewertung vom 03.10.2025
Popp, Isabelle

Sweeter Than Pumpkin Spice


schlecht

"Sweeter than Pumpkin Spice" von Isabelle Popp klang für mich zunächst nach einer herbstlichen, warmherzigen Romance, die Kürbisse, Kleinstadtleben und eine sich langsam entwickelnde Liebesgeschichte miteinander verbindet und cozy Gefühle hervorruft. Doch schon nach wenigen Kapiteln wurde mir klar, dass das Buch meine Erwartungen nicht erfüllen würde.
Die Handlung dreht sich um Sadie Fox, die nach Jahren in Los Angeles zurück auf die Kürbisfarm ihrer Familie kommt, um dort einen Riesenkürbis zu züchten und sich den Respekt ihres distanzierten Vaters zu verdienen. Kaum angekommen, wird ihre Arbeit durch Wildschweine zerstört, und dann tritt auch noch der neue Nachbar Josh auf den Plan – ein Tech-Millionär, der sein Glück auf dem Land sucht. Zwischen Sadie und Josh entspinnt sich eine Art Hass-Liebe, die nach einem Tornado, der Sadies Farm verwüstet, schließlich in eine Romanze mündet.
Auf dem Papier klingt das nach einer unterhaltsamen Mischung aus cozy Setting, Drama und Romantik, in der Praxis wirkt es jedoch bruchstückhaft und unausgegoren.

Ein großes Problem für mich waren die Figuren.
Sadie ist nicht kantig oder vielschichtig, sondern wirkt eher wie ein Klischee: launisch, abweisend und ohne wirklich nachvollziehbare Entwicklung. Ihr Misstrauen gegenüber Josh erscheint häufig unmotiviert, fast willkürlich, als müssten künstlich Konflikte erzeugt werden.
Josh wiederum ist das genaue Gegenteil: zu glatt, zu perfekt, ein wandelndes Sonnenschein-Klischee ohne Tiefe. Diese Eindimensionalität macht es schwer, eine echte Dynamik zwischen den beiden zu spüren.

Dazu kommt, dass ein erheblicher Teil des Buches von Sexszenen eingenommen wird. An sich habe ich nichts gegen Spice in Romance-Romanen – im Gegenteil, wenn es gut eingebettet ist, kann es eine Geschichte intensivieren. Hier aber wirken die Szenen kalt, mechanisch und nahezu austauschbar. Sie bringen für mich keinerlei Romantik oder Nähe zwischen den Figuren, sondern verstärken eher den Eindruck, dass Sadie und Josh keine wirkliche emotionale Verbindung haben. Statt zärtlicher, intimer Momente, die ihre Beziehung glaubwürdig vertieft hätten, verliert sich das Buch in körperlichen Beschreibungen, die die Stimmung brechen und nicht zum restlichen Setting passen. An manchen Stellen hatte ich fast das Gefühl, dass die Intimität um ihrer selbst willen eingefügt wurde, ohne dass sie zum Fortschritt der Geschichte oder zur Figurenentwicklung beiträgt. Dadurch geht genau das verloren, was ich mir eigentlich gewünscht hätte: Wärme, Langsamkeit, Romantik.

Verstärkt wurde dieser Eindruck noch durch den Schreibstil. Für mich wirkte er über weite Strecken nüchtern, kalt und distanziert. Es fiel mir schwer, in die Figuren hineinzufinden oder eine emotionale Nähe aufzubauen, weil die Sprache keine Wärme transportiert hat. Statt tieferer Gefühlsnuancen oder atmosphärischer Beschreibungen fand ich viele Passagen spröde formuliert. Hinzu kommt, dass einige Ausdrücke für meinen Geschmack schlicht zu derb und absolut unpassend waren. Sie rissen mich aus der Geschichte heraus und passten weder zur angedeuteten cozy-Stimmung noch zu einer romantischen Erzählweise.

Auch dramaturgisch konnte mich das Buch nicht überzeugen. Konflikte werden angerissen und wieder fallengelassen, ohne wirklich Konsequenzen zu haben. Der Tornado beispielsweise wirkt wie ein aufgesetzter Kniff, um Drama zu erzeugen, verändert aber letztlich wenig. Besonders das Ende war für mich eine Enttäuschung: Zentrale familiäre Probleme, die vorher viel Raum einnehmen, lösen sich plötzlich und oberflächlich auf, als hätte die Autorin es eilig gehabt, schnell zum Abschluss zu kommen.

Am meisten hat mich gestört, dass die Atmosphäre, die ich erwartet hatte, kaum entsteht. Das Kürbis-Setting, die Farm, der Herbst – all das hätte eine warme, heimelige Kulisse sein können, die zum Träumen einlädt. Stattdessen bleibt es oberflächlich und dekorativ, ohne dass ein wirkliches cozy Gefühl aufkommt. Kombiniert mit den kühlen Sexszenen, der fehlenden Figurenentwicklung, dem distanzierten Schreibstil und der hastigen Auflösung bleibt am Ende ein Buch, das für mich weder als Liebesgeschichte noch als atmosphärischer Herbstroman funktioniert.

Fazit

Für mich war "Sweeter than Pumpkin Spice" von Isabelle Popp eine große Enttäuschung. Ich habe mich beim Lesen weder emotional abgeholt noch unterhalten gefühlt, und die zahlreichen Spice-Passagen haben für mich eher Distanz erzeugt als Nähe. Dazu kam ein Schreibstil, der mir zu kalt und stellenweise zu derb war, sodass ich keinen richtigen Zugang zu den Figuren gefunden habe. Leider absolut nicht das, was ich mir von einem cozy Herbstroman erwartet habe!

Bewertung vom 02.10.2025
Hotel, Nikola

Breathing for the First Time / Lost Girls Bd.1


ausgezeichnet

Nikola Hotel erzählt in "Lost Girls - Breathing for the First Time" die Geschichte von Darcy Sullivan, welche äußerlich in Luxus lebt: einen Star als Mann, ein Haus am Strand, Status, Bewunderung von außen – doch innerlich ist ihr Leben eingezwängt. Ihr Ehemann, Jason, kontrolliert sie zunehmend: über ihre Ernährung, ihre Kleidung, ihre Kontakte, ihre Bewegung.
Während Darcy sich immer mehr isoliert und überwacht fühlt und kaum noch weiß, wer sie selbst noch ist, beginnt sie, Fluchtpläne zu schmieden. Parallel dazu tritt Ellis in ihr Leben – jemand, der mehr sieht als das Bild, das Darcy nach außen aufrechterhalten muss.
Doch kann sie es schaffen zu fliehen und endlich wieder sie selbst werden?

"Lost Girls - Breathing for the First Time" hat mich insgesamt unglaublich bewegt und mitgenommen. Ich habe so sehr mit Darcy mitgefühlt, dass ich ein ständiges Gefühl von Beklemmung und Unwohlsein hatte. Stellenweise musste ich mich regelrecht zwingen, weiterzulesen, weil es einfach so krass intensiv, bedrückend und emotional war. Gerade dieses „kaum Aushalten-Können“ zeigt für mich aber, wie meisterhaft Nikola Hotel diese Gefühlswelt transportiert hat. Es ist selten, dass mich eine Geschichte so stark körperlich und emotional erreicht.

Nikola Hotel schreibt so, dass man gleichzeitig loslassen und festhalten will. Ihre Sprache ist eindringlich: kurze, präzise Sätze in Momenten der Angst; leicht poetisch in Momenten, in denen Darcy erinnert, träumt oder Hoffnungen spinnt. Besonders gelungen fand ich, dass ich beim Lesen nie das Gefühl hatte, dass künstlich Dramatik erzeugt wird – alles wirkte organisch, echt und tief.

Die Atmosphäre ist aufgrund der Situation Darcys und der Vorkommnisse durchgehend beklemmend – nicht auf Horror oder Extreme angelegt, sondern auf Dauerstress, Isolation und Ohnmacht. Es sind die kleinen Gesten, die den größten Druck erzeugen: ein Blick, der zu lange dauert, eine unerwartete Bemerkung, eine winzige Abweichung von Jasons Regeln. Diese unterschwellige Bedrohung ließ mich nie los. Gleichzeitig gab es seltene, kleine Lichtblicke, zum Beispiel wenn Darcy mit ihrem Hund Cashew am Strand sitzt. Diese Momente fühlten sich an wie Atempausen zwischen zwei Sturmwellen – notwendig, um überhaupt weiterlesen zu können.

Darcy ist eine Protagonistin, die mich sehr bewegt hat. Ich konnte ihre Ängste, ihre Unsicherheit und ihre inneren Kämpfe so nachvollziehen, dass ich stellenweise fast meinte, selbst in ihrer Lage zu sein.
Jason hingegen hat mich mit seiner manipulativen Art zutiefst wütend gemacht. Gerade, weil er nicht als „klassischer Bösewicht“ daherkommt, sondern seine Kontrolle in kleinen, subtilen Handlungen zeigt, war es so bedrückend realistisch.
Ellis und auch Darcys neue Freundinnen waren für mich im Gegensatz dazu ein Hoffnungsschimmer - die mir - und auch Darcy - das Gefühl gaben, dass es einen Ausweg geben könnte.

Das zentrale Thema von psychischer Kontrolle, Manipulation und der Suche nach Freiheit ist schonungslos ehrlich dargestellt. Gerade weil die Autorin nichts beschönigt, hat mich das Buch so getroffen. Es zeigt eindringlich, wie sehr unsichtbare Narben das Leben bestimmen können, und wie schwer es ist, sich daraus zu befreien. Gleichzeitig macht es aber auch Mut: schon kleine Schritte können ein Anfang sein.
Genau dazu hat für mich auch das Ende gepasst, es war nicht perfekt bzw. so, wie man es sich für Darcy vielleicht gewünscht hätte, aber gerade deswegen realistisch. Es wurde auch hier nichts beschönigt und kein „Friede-Freude-Eierkuchen“-Schluss geschaffen. Stattdessen bleibt Raum für Hoffnung, aber eben auch für die Erkenntnis, dass Heilung, Freiheit und Gerechtigkeit ein langer, steiniger Weg sind.

Fazit:

"Lost Girls - Breathing for the First Time" hat mich zutiefst berührt, gefordert und manchmal sogar überfordert. Es war kein leichtes, „schnelles“ Lesen, sondern eine emotionale Achterbahnfahrt, die mich sehr beschäftigt hat. Ich habe mit Darcy gelitten, gehofft und gezittert – und genau diese Nähe zur Protagonistin macht das Buch für mich so besonders. Für mich ist es ganz klar ein absolutes Jahreshighlight – und darüber hinaus eines der besten Bücher, die ich bisher gelesen habe.