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Hamburg

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Insgesamt 6 Bewertungen
Bewertung vom 28.08.2021
Der Mauersegler
Schreiber, Jasmin

Der Mauersegler


ausgezeichnet

Jakob und Prometheus sind seit ihrer Kindheit die besten Freunde. Sie haben all die ersten Male ihres Lebens gemeinsam erlebt, sind von kleinen Abenteurern zu Familienvätern und Karrieremännern geworden und haben dabei niemals ihre Freundschaft vergessen. Doch dann stirbt Jakob und Prometheus flieht überstürzt mit dem Auto nach Dänemark, um seiner Trauer und der Schuld zu entkommen. Sein einziger Ausweg scheint das offene Meer, aber Aslaug und Helle kommen ihm dazwischen. Die beiden Frauen nehmen sich seines Schicksals an und fragen sich dabei, was diesen Mann so von innen zerfrisst. Was sein dunkles Geheimnis ist.

"Der Mauersegler" von Jasmin Schreiber ist ein unglaublich berührender und ehrlicher Roman. Ungeschönt geht es um die Abgründe des Lebens und was es heißt, den Boden unter den Füßen zu verlieren und wie man es schafft wieder aufzustehen. Es geht um Freundschaft und Familie, um Tradition und Neuanfänge und um Vergebung, sich selbst und anderen gegenüber. Jasmin Schreiber schafft dabei wie immer eine einzigartige Welt mit ihrem poetischen Schreibstil und den faszinierenden Details der Tierwelt. Keine anderen umschreibt die Natur so wie sie.

Ich hatte anfangs ein bisschen Schwierigkeiten in das Buch reinzukommen. Anders als "Marianengraben" ist diese Geschichte stellenweise sehr ruhig und man braucht einen Augenblick um sich einzufinden. Dann nimmt der Roman aber an Tempo auf und die schnellen Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart, bei denen man Schritt für Schritt mehr über Prometheus und Jakob erfährt, steigern die Spannung und ziehen einen in die Geschichte. Von mir gibt es daher eine klare Leseempfehlung. Ein Buch voller Emotionen.

Bewertung vom 18.02.2021
Kein Entkommen / Katja Sand Trilogie Bd.1
Wortberg, Christoph

Kein Entkommen / Katja Sand Trilogie Bd.1


ausgezeichnet

Zwei Tote, die unter ominösen Umständen ums Leben kommen, lassen Mordermittlerin Katja Sand keine Ruhe. Bei beiden deutet alles auf einen Suizid hin. Einen Suizid, der an vergangene traumatische Erlebnisse der beiden Männer erinnert. Doch warum sollten die Männer sich ausgerechnet auf die für sie schlimmste Weise selber foltern und umbringen? Katja kann es sich nicht vorstellen und beginnt Nachforschungen anzustellen. Dabei findet sie immer mehr Parallelen und stößt schnell auf den Unmut höherer Instanzen, die sie an ihrer weiteren Forschung hindern wollen und es ihr fast unmöglich machen die Wahrheit ans Licht zu bringen. Und mit jedem Schritt, den sie macht, gräbt sie auch tiefer in ihrer eigenen Vergangenheit und reißt damit Wunden auf, die nie ganz verheilt sind...

Der Auftakt der Trauma-Serie um Mordermittlerin Katja Sand ist spannend bis zum Schluss. Auch wenn man recht schnell ahnt, was womöglich passiert sein könnte, verdirbt einem dies nicht die Lust am Weiterlesen. Zwischendurch springt man immer mal wieder in Auszüge des Lebens eines kleinen Kindes, die mich ganz besonders erschüttert haben und die man nicht direkt zuordnet kann. Die privaten Probleme von Katja und auch die lockeren Dialoge zwischen ihr und ihrem Kollegen, lassen das Buch dennoch leicht wirken und man sitzt nicht die ganze Zeit in purem Horror da oder traut sich kaum weiterzulesen. Ein gelungener Thriller, der definitiv Lust auf mehr macht. Der zweite Teil landet direkt auf meiner Wunschliste.

Bewertung vom 01.02.2021
Die Mitternachtsbibliothek
Haig, Matt

Die Mitternachtsbibliothek


ausgezeichnet

In Nora Seeds Leben läuft einfach alles schief. Sie verliert ihren Job und ihre Katze und hat kaum noch Kontakt zu den Menschen, die ihr etwas bedeuten und unwillkürlich fragt sie sich: Würde mich überhaupt jemand vermissen, wenn ich nicht da wäre? Wäre es nicht sogar eine Erleichterung für die Welt, wenn ich nicht mehr existieren würde? Und so beschließt sie aus lauter Einsamkeit und Verzweiflung sich das Leben zu nehmen. Doch anstatt nie wieder aufzuwachen, findet sie sich plötzlich in der Mitternachtsbibliothek wieder. Einem Ort, an dem all die Leben auf sie warten, die sie hätte führen können, wenn sie sich an irgendeinem Punkt ihres Lebens für einen anderen Weg entschieden hätte. Und plötzlich hat sie die Möglichkeit diese vielen Leben anzuprobieren und zu arfahren, was sie wirklich glücklich macht.

Die Idee dieses Buches finde ich unglaublich faszinierend. Wer von uns hat sich nicht schon oft gefragt, was wäre wenn? Wie würde mein Leben aussehen, wenn ich mich an bestimmten Punkten einfach anders entschieden hätte? Wäre ich dann glücklicher?

Matt Haig nimmt einen mit in Noras Geschichte. In ihre vielen möglichen Geschichten. Und erzählt dabei so nah und ehrlich, dass man einfach völlig in die Geschichte eintauchen kann. Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen und fand es fantastisch. Definitiv eine Leseempfehlung von mir! "Die Mitternachtsbibliothek" wird auf jeden Fall nicht mein letztes Buch von Matt Haig sein.

Bewertung vom 01.11.2020
Marigolds Töchter
Woolf, Julia

Marigolds Töchter


ausgezeichnet

Marigold ist das Herz und die Seele ihres Dorfes. Sie liebt es sich um andere zu kümmern und betreut einen kleinen Laden, in dem die Dorfbewohner alles bekommen, was sie brauchen – natürlich inklusive dem neuesten Tratsch und bei Bedarf auch hilfreichen Ratschlägen. Als dann auch noch ihre älteste Tochter wieder bei ihr zuhause einzieht, hat sie mit ihrer Mutter, dem Mann und den zwei Töchtern auch im Heim allerhand zu tun. Doch anstatt sich darüber zu ärgern, freut "Goldie", wie sie liebevoll von ihrem Mann genannt wird, darauf sich noch mehr um die Familie zu kümmern und all ihre Lieben um sich zu haben. Sie geht so sehr im Helfen auf, dass ihr gar nicht auffällt, dass bald sie diejenige ist, die dringend Hilfe benötigt.

"Marigolds Töchter" ist ein ganz wundervoller Roman, der einen sehr zum Nachdenken veranlasst. Was würden wir tun für unsere Liebsten? Wie würden wir selber mit Marigolds Schicksal umgehen? Als Angehörige oder Betroffene? Julia Woolf erschafft mit dem kleinen englischen Dorf und seinen Einwohnern, einen ganz fantastischen Ort. Sie beschreibt so malerisch die Natur und die Charaktere, dass man selber gerne dort wohnen möchte. Dabei nimmt sie einen ganz mühelos an die Hand durch dieses doch so schwere Thema und schafft es dem Ganzen eine leichte Note zu schenken, die einen am Ende des Buches ganz warm und glückselig zurücklässt. Alle Achtung, das ist wirklich nicht leicht!

Daher meine volle Leseempfehlung.

Bewertung vom 15.08.2020
Das Leben ist ein wilder Garten
Buti, Roland

Das Leben ist ein wilder Garten


gut

Der Zauber des Lebens

Nach der Trennung von seiner Frau geht Carlo vollkommen in seiner Arbeit auf. Gemeinsam mit seinem Assistenten und Freund Agon, dem sensiblen Kosovo-Albaner, zaubert er für seine Kunden die schönsten Gärten. Als dann jedoch seine Mutter aus dem Altersheim verschwindet und Agon eines Nachts von Unbekannten zusammengeschlagen wird, gerät seine Welt ins Wanken und er macht sich auf eine Reise in die Vergangenheit. Seine eigene und die seiner Mutter.

Die Geschichte um Carlo liest sich leicht und unbeschwert. Agon gewinnt man schnell lieb und der ständige Bezug zur Natur und der grünen Umgebung ist wie ein kurzer Ausflug ins Grüne an einem sonnigen Nachmittag. Der Roman ist jedoch so kurzweilig, dass man zum Ende hin ein wenig in der Luft hängt und recht unbefriedigt zurückblickt auf das Gelesene. Die Wortwahl ist schön und bildhaft, aber die Geschichte nimmt nie wirklich Fahrt auf und die Eigenart des Autoren zeitliche Sprünge oft nicht durch Absätze oder ähnliches im Text zu kennzeichnen, sorgte des Öfteren für eine kurze Verwirrung. Wirklich schade, da hatte ich mir mehr Spannung und Gefühl erhofft. Nicht einmal die Beziehung zwischen Carlo und seiner Frau ist wirklich emotional.

Alles in allem eine sehr seichte Geschichte, die man gut an einem verregneten Tag lesen kann, die aber kein wirkliches Must-Read ist.

Bewertung vom 15.08.2020
Im nächsten Leben wird alles besser
Rath, Hans

Im nächsten Leben wird alles besser


ausgezeichnet

Ein spannender und nachdenklicher Zukunftsroman mit viel Herz

Arnold Kahl führt ein ruhiges Leben als Buchhändler, hat zwei erwachsene Kinder und ab und zu mal Streit mit seiner Eherfrau. Er trifft seine Freunde zum Bowling und teilt der Welt gerne seinen Unmut zum Klimawandel und der allgemeinen Lage mit. Als er dann jedoch eines Morgens 25 Jahre in der Zukunft und plötzlich im Alter von 78 Jahren aufwacht, ist sein Leben alles andere als ruhig und normal. Plötzlich hat er einen Service-Bot namens Gustav, lebt in einer hochmodernen Seniorenresidenz und kann sich an die vergangenen 25 Jahre einfach nicht erinnern. Warum ist er nicht mehr verheiratet? Wo leben jetzt seine Kinder? Und wie soll er sich um Himmels Willen die teure Behandlung leisten um seinen Gedächtnisverlust zu kurieren?

Hans Rath schafft mit "Im nächsten Leben wird alles besser" einen humorvollen und gleichzeitig sehr tiefgründigen und gesellschaftskritischen Roman. Es gibt so vieles in dieser Zukunftsvision, das man aus heutiger Sicht als gar nicht so unrealistisch empfindet und gleichzeitig sträubt sich alles in einem gegen diese Vorstellung. Eine Zukunft des Optimierungswahns, bei der die Reichen die Gewinner sind und das ewige Leben eine paradiesische Insel im Datenmeer ist.
Ich habe sehr mitgefühlt mit Arnold und mochte seine Freundschaft zu Gustav wirklich sehr. Auch wenn es natürlich ein echtes Klischee ist, dass der Bot aufgrund einer Fehlfunktion plötzlich anfängt, so etwas wie Emotionen zu empfinden und immer menschlicher wird.
Vom Ende war ich ein bisschen enttäuscht, weil ich mir dann doch einen anderen, spannenderen Ausgang erwünscht hatte. Nichtsdestotrotz fand ich es aber dennoch gelungen und gut.

Alles in allem fand ich den Roman wirklich mitreißend und toll! Er hat mich extrem zum Nachdenken angeregt, war aber dennoch angenehm leicht zu lesen. Eine volle Leseempfehlung!