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Ian McEwan

Briony Tallis ist die wohl bekannteste literarische Figur, die der britische Schriftsteller Ian McEwan erschaffen hat. Das 13-jährige Mädchen aus gutem Hause steht im Zentrum des Romans "Abbitte" (2001), der 2007 verfilmt wurde. Mit ihrem pubertierenden Übereifer, ihrer dunklen jungen Sexualität und ihrem starken Ehrgeiz, Schriftstellerin werden zu wollen, stürzt sie ihre ältere Schwester Cecilia und deren Geliebten Robin Turner ins Unglück. McEwan wirft in dem Roman, der ihn endgültig zu einem Autor von Weltrang machte, meisterhaft die Frage nach der Macht der Literatur und nach der Moral ihrer Autoren auf, indem er die Tiefenpsychologie der Protagonisten und ihrer Beziehungen zueinander mit einem scharfen Skalpell seziert. Hat der Leser das Buch beendet, hat er unweigerlich das Gefühl, einem Organismus zu entsteigen, dessen zitternde Nervenbahnen noch lange an ihm haften und arbeiten.



Dieses Gefühl nach der Lektüre ist typisch für McEwans Bücher. Der 1948 im englischen Aldershot geborene Autor, der von der Times als einer der besten 50 britischen Schriftsteller nach 1945 eingestuft wurde, ist ein Meister der abgründigen Seelenstudien, die den Menschen als Spielball des Schicksals und dessen emotionaler Sogkraft zeigen. Immer wieder konfrontiert McEwan seine nabokovhaften Figuren mit überraschenden Situationen, die ihnen offenbaren, dass das Leben nicht planbar ist. Das zeigen bereits McEwans verstörende, ja schauderhafte Geschichten und Romane aus seiner frühen Schaffenszeit. Für seinen Roman "Amsterdam", der 1998 mit dem Man-Booker-Preis ausgezeichnet wurde, ergründet er sprachlich virtuos das Beziehungsgeflecht zwischen zwei Freunden, die dieselbe Geliebte hatten und die sich schwören, im Falle einer schweren Krankheit dem jeweils anderen beim Selbstmord zu helfen.



Seine Kindheit verbrachte McEwan, der sich auch häufig zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Ereignissen äußert, zu großen Teilen in Libyen oder Singapur, wo der Vater in der Armee diente - in Gegenden mit gewaltigen politischen und gesellschaftlichen Konflikten. Wohl deswegen spielen McEwans Romane auch immer wieder vor dem Hintergrund weltpolitischer Geschehnisse wie dem 11. September in "Saturday" (2005), dem Klimawandel in "Solar" (2010) oder wie der Gefahr der totalen Überwachung in seinem aktuellen Roman "Honig". "Es ist sehr schwer", hat McEwan einmal gesagt, "den Überblick und die Standhaftigkeit zu behalten, wenn einen das Unvorhersehbare erwischt." Es ist ein Satz, wie ihn auch Briony Tallis sagen könnte.

Kundenbewertungen
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