Christian "Flake" Lorenz
Autorenporträt - Christian Lorenz alias Flake

Manchmal wird aus dem Unglück, das sich viele Jahre wie eine Klette an einen geheftet zu haben scheint, doch noch ein Glück, das kaum vorstellbar, ja, magisch ist. Bei Christian Lorenz war das so. Als Kind in der Schule verspottet und gehänselt, von Größeren zeitweise aus bösem Scherz in Mülleimer gesteckt, zauberte das Leben aus dem schlaksigen und stotternden Jungen, der im Ost-Berliner Bezirk Prenzlauer Berg groß wurde, einen Rockstar in einer Band, die heute die halbe Welt kennt. Bei der 1994 gegründeten Rock-Formation Rammstein, dieser düsteren, knallharten und ironischen Varieté-Show teutonischer Mythologie und Modernität, ist Flake, wie sich der 51-Jährige seit jungen Jahren nach einem Wikinger aus der Zeichentrickserie "Wickie und die starken Männer" nennt, nicht nur Keyboarder und Orgelmann, sondern auch der Narr und Clown des Ensembles, dem er mit seinem Sinn für schrägen Humor auf die Sprünge hilft.

Es war ein Unfall, wie Flake in seiner von Kritik und Publikum gefeierten Autobiografie "Der Tastenficker. An was ich mich so erinnern kann" erzählt, der den damals Zehnjährigen auf den Weg der Rockmusik brachte. Ans Bett gefesselt nahm er mit einem Minett-Kassettenrekorder, den er von seinem Vater geschenkt bekommen hatte, Songs und Musiksendungen aus dem West-Radio auf. Mit dem Klavierspielen hatte er bereits vorher begonnen. Mit einer Liebe für Rhythm and Blues entstanden die ersten eigenen Songs und die ersten eigenen Bands, bis er als 16-Jähriger schließlich bei der Punkband Feeling B landete, die sich zu einem der einflussreichsten Gruppen des Phänomens Ostpunk aufspielte.

Seinen eigentlichen Berufswunsch - Lorenz wollte Arzt werden - konnte er nie verwirklichen, da er sich dem NVA-Dienst in der DDR verweigerte. Auch das eine Fügung des Schicksals, ohne die Rammstein mit großer Wahrscheinlichkeit niemals in die Welt gebracht worden wäre. Trotz des riesigen Erfolges,den Lorenz mit der Band seit mehr als 20 Jahren feiert und der den Ost-Berliner zu einem wohlhabenden Mann gemacht hat, ist sich der Musiker aber auch in seiner Bescheidenheit treu geblieben. In einem Interview sagte er einmal: "Aber die Welt wäre keine schlechtere, wenn es eine Band wie Rammstein nicht geben würde." So viel Demut kann nur jemand verinnerlicht haben, der das Leben in an all seinen Irrungen und Wirrungen durchflogen hat.
Im Zirkus der Mythen

Der Rammstein-Keyboarder Flake entwirft mit seinem neuen Buch eine aberwitzige Form der Rockmusiker-Biografie


An diesem Abend treten Rammstein in Budapest auf. Christian Lorenz, Flake genannt, versucht, seine Glitzerjacke anzuziehen. Allerdings klemmt der Reißverschluss des Outfits, das der Keyboarder der international bekannten Rockband auf der Bühne trägt. Es ist ein Bild, das dem Leser gleich zu Anfang dieses Buchs klarmacht: Hier ist jemand, der hadert mit seiner Rolle als Rockstar als übernatürliches Wesen, zu dem die halbe Welt aufschaut.mehr