Vor Weihnachten hatte ich früher immer Angst. Nicht vor dem Weihnachtsmann, sondern vor den Geschenken. Meistens musste ich mich über Dinge freuen, die ich gar nicht wollte. Meistens mit dem Satz: 'Toll, das habe ich mir schon immer gewünscht, Mama!' - zum Beispiel bei weißer Unterwäsche von Schiesser. Bei Videospielen habe ich immer dann Angst vor einer Veröffentlichung, wenn es dazu einen Film gibt. Beispiele gibt es genug, Ausnahmen sind selten. Kein Wunder also, dass ich nicht gerade erfreut war, nach der Kinokritik von Transformers: Die Rache jetzt auch noch den Merchandising-Artikel Transformers: Die Rache für Xbox und PC zum Testen zu bekommen. Toll, das habe ich mir schon immer gewünscht, lieber GameCaptain!
Allerdings muss ich fairerweise sagen: Diesmal gibt es wenig Gründe, mir die wenigen Haare vollends auszureißen.
Autobots, Decepticons und das Schicksal der ErdeWenn Spiele in Verbindung mit einem Film veröffentlicht werden, dann ist die Handlung in der Regel identisch. Das ist bei den Transformern nicht wesentlich anders, wie schon im ersten Teil geht es wieder einmal um den ewig währenden Kampf zwischen den guten Autobots und den bösen Decepticons, zwei verfeindeten Roboter-Rassen - und der Planet Erde steht dabei kurz vor seiner Auslöschung. Dass die Menschheit darauf keine Lust hat, ist wenig überraschend, die Autobots erweisen sich in diesem Fall als mächtige Verbündete und die Decepticons als üble Spielverderber. Wer Fan der wandlungsfähigen Roboter ist, weiß ohnehin schon Bescheid, alle anderen richten sich auf das übliche Szenario ein und schlagen sich je nach Seelenfarbe auf eine Seite der Roboter. Passend dazu gibt es auch je eine umfangreiche Kampagne, die offline ausgefochten werden kann.
Einen Multiplayer-Modus gibt es auch: Bei der Xbox läuft das über den bekannten Live-Dienst, beim PC steht das Pendant 'Games für Windows' in den Startlöchern und liefert gute Arbeit. Gut, weil der Online-Modus angenehm strategisch ist und die Spezialfähigkeiten der 'Bots' eine ganz neue Dimension, Bedeutung bekommen.
Was bei derart kultigen Spielfiguren wie Transformers nicht fehlen darf, ist das Bonusmaterial - und das ist wirklich umfangreich und großartig ausgefallen. Zumindest für die Fans, die der englischen Sprache mächtig sind. Warum? Unter anderem sind komplette Original-Folgen der Zeichentrick-Serie der Transformers mit im Spiel und die kommen nun mal in Englisch daher.
Schneller, immer schneller, aber nicht weiterDie Kampagnen sind relativ umfangreich ausgefallen - relativ, weil das eben relativ ist. Letztlich sind 24 Missionen, die zwischen zwei und 15 Minuten dauern auch nur für eine Spielzeit von knapp vier Stunden gut. Das Ganze noch mal, weil es schließlich zwei Seiten der Medaille gibt, schraubt den Umfang zum Durchspielen beider Kampagnen auf rund acht Stunden hoch. Geübte Zocker sind sicher schneller - und darauf kommt es beim Erreichen der Missionsziele in der Regel auch an. Je schneller alle Gegner eliminiert werden, desto mehr Energon gibt es. Energon ist die Währung, mit der der Roboter-Fuhrpark aufgewertet werden kann und muss, damit er konkurrenzfähig bleibt. Dabei sind Aufwertungen nicht für einen einzelnen Bot möglich, sondern immer nur für alle. Bei fünf, sechs unterschiedlichen Autobots oder Decepticons ist das letztlich auch nicht schlimm, die Verbesserungen drehen sich um die Aufladezeit der Waffen, der Gesamtenergie oder anderen Schnickschnack, den jeder Roboter eben nicht im Kaufhaus oder auf dem Trödelmarkt ersteigert, sondern sich hart erarbeitet. Gerade das Aufwerten der Gesamtenergie ist wirklich hilfreich, schließlich segnet der Bot sonst zu schnell das Zeitliche: Es gibt keine Checkpunkte, die Missionen müssen immer wieder von vorn begonnen werden. Das kann gerade in den späteren Missionen zur Qual werden, da kommt es dann darauf an, die richtigen Aufwertungen mit dem hart verdienten Energon besorgt zu haben.
Nun sind diese Hochgeschwindigkeitsorgien in Blech und Metall ganz sicher nicht jedermanns Sache, zumal es dabei letztlich auch immer um dasselbe Prinzip geht, bei dem sich die Roboter munter auf die Glocke hauen. Zwar tauchen auch die menschlichen Protagonisten Sam und Mikaela auf, sind aber ob ihrer Winzigkeit kaum zu erkennen. Wer also bei diesem Titel auf Megan Fox wartet, um die feuchten Träume zu bereichern, wird bitter enttäuscht.
Entschuldigung, wir sind komplett ausgebuchtIn die Kampagne eingebettet ist ein Tutorial, das als erste Mission den Spieler in die Tiefen der Steuerung einführt. Die Belegung des Controller ist komplex und wird sicher nur den wenigsten sofort in Fleisch und Blut übergehen. Jede Taste ist belegt, viele Aktionen funktionieren nur in Verbindung von mehreren Buttons oder den Schultertasten. Beispiel: Wer den erweiterten Sprung nutzen will, muss erst mit der rechten Schultertaste in den Fahrzeugmodus wechseln und diese gedrückt halten, dann die A-Taste drücken, um den Turbo einzuschalten, die Schultertaste loslassen und die A-Taste weiterhin gedrückt halten - voilá, da springt der Bolide doch gleich ein wenig dynamischer. Ganz sicher gibt es Spiele, bei denen die Steuerung weitaus komplexer ist, aber in diesem Fall ist sie ganz sicher nicht intuitiv, sie wirkt in vielen Momenten einfach umständlich oder widersprüchlich. Fast so, als wolle sich ein Roboter in einem Wasserbad entrosten. Mit etwas Übung ist die Belegung des Controllers aber durchaus zu erlernen. An dieser Stelle muss noch einmal darauf hingewiesen werden, dass das Xbox-Pad am PC famos unterstützt wird - mit der Tastatur steuert sich der Blechkumpan noch etwas umständlicher.
Es kommt vor, dass der Bot irgendwo hängen bleibt, weil der Fahrzeugmodus nur auf Vollgas ausgelegt ist. So landet der Bot dann plötzlich mit Hochgeschwindigkeit in einer Sackgasse, was ihm allerdings gesundheitlich nicht sonderlich schadet. Dem Spielspaß dann schon eher. Dazu gesellt sich dann noch das ungenaue Zielen: Die ballistischen Waffen, die netterweise bei jedem Bot anders sind, können über den Controller nur schwer ausgerichtet werden. Gerade im Hinblick auf die Schnelligkeit sind hier wirklich flinke Finger gefordert.
Ein ausgebuchter Controller und ein Gameplay, das sich wiederholt - trotzdem macht der filmische Zock auf der Konsole Spaß, weil die Grafik an einigen Stellen Punkte sammelt - was man von der PC-Version allerdings nicht sagen kann.
Wenn es hier mal blinkt und da mal verschwimmtAuf der Xbox können vor allen Dingen die detailreichen Roboter punkten. Ja, das sieht gut aus, die Burschen sind blank geputzt und blitzen und blinken in der Sonne. Dazu kommen wirklich schicke Animationen, die beim Krabbeln an Häuserwänden oder auch beim Verwandeln großartig zur Geltung kommen. War im ersten Teil die Umgebung noch komplett zerstörbar, so beschränkt sich das Demolieren jetzt auf ein paar Schornsteine und Mauern, ganze Häuser können nicht mehr eingerissen werden. Gerade das hätte unter anderem dafür gesorgt, dass im Fahrzeugmodus wild gebrettert werden darf - aber bei den Explosionen muss man als Betrachter einige Defizite in Kauf nehmen. Genau wie die Detonationen sind auch die Umgebungsgrafiken relativ schmucklos und machen nicht viel her.
Auf dem PC ist das alles vollkommen misslungen: verwaschene Texturen, eine gehörige Prise Unschärfe und Einbrüche in der Framerate trüben die Optik doch gewaltig. Warum - wieder einmal - die Unterschiede zwischen einer Xbox- und einer PC-Version so drastisch sind und zu Lasten der Rechenknechte gehen, weiß wohl nur der Allspark.
Angenehm sinnvoll ist hingegen die Lokalisierung, die den Titel komplett in Deutsch präsentiert - mal abgesehen von den Original-Folgen der Serie, aber das ist vollkommen in Ordnung. Dass die deutschen Sprecher hingegen nicht dieselben sind wie im Film, ist dann wieder ein wenig schade - und seit wann zur Hölle kann Bumblebee mit eigener Stimme reden? Witzig ist hingegen, dass die Bots in der Nachbesprechung der Mission auch Bezug auf die Leistung des Spielers nehmen. Dazu kommt dann noch ein guter, stimmungsvoller Soundtrack, der das Geschehen passend untermalt - für eine Film-Portierung ist das doch gar nicht mal so schlecht.
Fazit: Eine Filmportierung, die nicht mit einem Desaster endet, ist schon eine Leistung. Dass sich die Missionen ähnlich sind, dass die Steuerung etwas kompliziert ist, das alles ist zwar ärgerlich, aber nicht entscheidend. Unter dem Blech machen die Transformers nämlich doch noch Spaß, auch wenn es nicht für eine Top-Bewertung reicht.
Wertung: 72 von 100 Punkten
(Armin Sengbusch/GameCaptain.de)