rauben. Die Story gewinnt weder Innovations- noch Präsentations-Preise (statt spektakulärer Renderszenen gibt es hier zwischendurch als Ergänzung zu Dialogen in Spielgrafik nur gelegentliche Comic-Sequenzen), mehr als einen gewissen Rahmen für das süchtig machende Spielprinzip wird aber bei dieser Art Action-RPG wahrscheinlich sowieso kaum jemand erwarten. Dazu kommen ein paar witzige Seitenhiebe auf dazugehörige Klischees oder Anspielungen auf bekannte Games für Leute, die sich alles ganz genau anschauen.
Torchlight II besitzt vier komplett neue Charakterklassen, jeweils in männlicher oder weiblicher Form, die jetzt auch optisch ein wenig an die Wünsche des Spielers angepasst werden dürfen. Dazu stehen einem diverse Gesichtsvarianten, Haarfarben und Frisuren zur Verfügung.
Als Embermage setzt man allerlei typische Zaubertricks ein, Berserker hantieren mit tödlichen Kampfklauen, Outlander schwören auf Pistolen und andere Schusswaffen (das Mordwerkzeug-Arsenal ist eben nicht komplett klassisch 'Fantasy'), während ein Engineer gern dicke Nahkampfwaffen schwingt und sich von technischen Spielereien wie Heil-Robotern unterstützen lässt. Bei den Waffentypen ist das Spiel aber sehr flexibel - fast alle Fundstücke eignen sich für jeden Protagonisten, ein Engineer kann also durchaus auch gut mit Zauberstäben oder Schießeisen umgehen.
Übrigens: Wie schon die Klassenbezeichnungen zeigen, ist das Spiel bis dato lediglich auf Englisch erhältlich.
Genretypisch stehen mehrere Schwierigkeitsgrade zur Wahl, genauer gesagt vier an der Zahl und das gleich von Anfang an. Von der idiotensicheren Casual-Variante über die auch noch relativ gnädige Normal-Stufe bis zu den anspruchsvolleren beiden namens Veteran sowie Elite. Auch in diesem Spiel wartet zusätzlich ein zuschaltbarer Hardcore-Modus, also 'einmal hinüber = Finito'.
Gespielt wird wahlweise offline im Singleplayer, in einem eigenen Netzwerk oder online, wofür lediglich noch eine kurze Anmeldung auf der Runic-Homepage vorausgesetzt wird. Die Lobby des Spiels ist aktuell sehr gut besucht, so dass jeder Interessent genug Mitstreiter für seine bis zu sechsköpfige Party finden dürfte. Dazu kann man bestimmte Levelgrenzen für die potenziellen Gefährten festlegen oder z.B. private Partien starten.
Variantenreicher Monster-ZooDie drei Akte der Handlung führen den Helden nicht nur durch schummrige Dungeons im namensgebenden Fackelschein, sondern man erkundet unter anderem verschneite Berghänge, sandige Wüstenregionen und schicke Ruinen zwischen kleinen Wäldchen. Ausgangspunkt der Touren sind mehrere Ortschaften mit den nötigen Einkaufsmöglichkeiten bzw. Gelegenheiten zum Verstauen von Ausrüstungsteilen oder Verbessern von Gegenständen.
Viele Elemente der Schauplätze außerhalb dieser Dörfer sind zufallsgeneriert, was hier auch wirklich zu recht unterschiedlich ausfallenden Gegenden führt und den Wiederspielwert erhöht. Weitere Abwechslung liefern einige versteckte Kammern, gelegentliche kurze Rätsel-Einlagen oder optionale Herausforderungen. Die Streifzüge werden außerdem von diversen Begebenheiten am Wegesrand aufgelockert, wo etwa gruselige Nekromanten ihrem unerfreulichen Hobby nachgehen.
In den farbenfrohen Umgebungen kreucht und fleucht altbekanntes Getier wie Riesenspinnen und Co. plus Banditen-Banden, dazu trifft man aber auch ein paar durchaus interessante Eigenkreationen, insbesondere bei den fetten Bossen. In den Gefechten kommt es zu wahren Effektgewittern (das kann schon ein wenig unübersichtlich werden), bevor die Monstrositäten zu Fleischbrocken im Comic-Stil zerplatzen.
Hat man genug Erfahrung angehäuft, lässt der Level-Aufstieg nicht lang auf sich warten (gerade zu Beginn geht es wirklich Schlag auf Schlag) und es dürfen ganz klassisch Punkte auf vier Werte verteilt werden: Stärke, Geschicklichkeit, Fokus (für Magie und andere Spezialfähigkeiten) und Vitalität. Je nach Klasse lassen sich darüber hinaus verschiedene Talente freischalten oder verbessern. So schwingt der Engineer z.B. einen feurigen Hammer, der nach längeren Kämpfen immer stärkere Schockwellen auslöst, erhöht die Angriffsgeschwindigkeit oder vergrößert den Radius, in dem die Heilkräfte der erwähnten Blechkameraden wirken.
Etwas schade: Immer nur die drei letzten Skillpunkte können bei speziellen Helfern zurückgesetzt werden. Wer sich verskillt hat, muss also selbst sehen, wie er damit zurechtkommt und eventuell den Schwierigkeitsgrad wechseln.
Schätze an allen Ecken und EndenKommen wir zu einem zentralen Punkt des Untergenres: Der Abenteurer wird hier geradezu mit Beute überhäuft. An jeder Ecke hagelt es Waffen, Rüstungen, Handschuhe und Ringe, darunter allerlei Set-Teile, die in Kombination besondere Effekte mit sich bringen, oder einzigartige Hinterlassenschaften besiegter Bosse. Jedes Stück, egal ob zierliches Amulett oder schwerer Kriegshammer, belegt dabei im Inventar gleich viel Platz, über Gewichtsprobleme muss man sich keine Gedanken machen. Zwar kommt es zu gewissen Wiederholungen bei den Items und manche Fundstücke sind auch einfach nicht sonderlich attraktiv, insgesamt zeigt sich das System aber sehr motivierend und es lädt zum ständigen Vergleichen oder Ausprobieren ein, zumal viele der Klamotten auch recht hübsch anzusehen sind.
Bei so viel aufgeklaubtem Zeug wird der Platz im Rucksack schnell knapp - wie gut, dass man stets einen persönlichen Packesel dabei hat: Jeder Held besitzt ein 'Pet', sei es eine Echse, ein Frettchen oder ein Hund. Das Tierchen agiert im Kampfgeschehen wahlweise aggressiv, defensiv oder passiv und bringt eben netterweise auch ein eigenes Inventar mit, in das man ruckzuck Objekte verschieben darf. Und das war noch nicht alles. Das Geschöpf kann Einkaufszettel abarbeiten (also etwa benötigte Tränke besorgen) und bringt vor allem getragene Gegenstände zum Markt. Nach ein paar Minuten ist der tierische Gehilfe dann schon mit den Einkäufen sowie dem erzielten Gewinn zurück. Eine feine Sache. So spart man sich ständige lästige Abstecher in die Stadt, um Ballast loszuwerden. Passende Schriftrollen für die dazugehörigen Portale gibt es hier auch, man braucht sie aber halt kaum mal.
Wer abseits der Kämpfe eine kleine Ruhepause einlegen will, kann an markierten Stellen eine Runde angeln gehen und in einem simplen Reaktions-basierten Minigame fischiges Futter für das Pet ergattern. Je nach Art des Fisches verwandelt man das Tier so etwa in eine vierbeinige Kampfmaschine oder verbessert für eine Weile dessen Werte. Apropos verbessern: Auch die Begleit-Tiere besitzen ein paar Slots für Ausrüstungsteile. Allerdings ist dieses Element arg abgespeckt, eine Entwicklung der Pets wäre abgesehen davon cool gewesen und Unterschiede zwischen den einzelnen Tierarten, die über die Optik hinausgehen, hätten das Sahnehäubchen auf dem nützlichen Tier-Feature sein können.
Für Fans von Comic-OptikSchon in einem einzelnen Durchgang bietet Torchlight II ordentlich Umfang (je nach Schwierigkeitsgrad oder Akribie beim Durchsuchen der Gebiete ist man ca. 15-20 Stunden unterwegs), man hat außerdem die Möglichkeit, ein New Game Plus zu starten, bei dem gesammelte Erfahrungen und Ausrüstungsobjekte übernommen werden und man auf stärkere Feinde trifft.
Darüber hinaus soll erneut ein Editor folgen, welcher der Community die nötigen Tools zur Verfügung stellt, um bestimmt bald einige nette Zusatzinhalte oder nützliche Modifikationen zu basteln.
Grafisch kommt das Spiel in seinen zoombaren Landschaften mit jeder Menge Comic-Charme daher, was aber nicht über die Tatsache hinwegtäuschen kann, dass die Optik nicht unbedingt zu den größten Stärken von Torchlight II gehört. So sind etwa die Figuren ziemlich polygonarm gestaltet und die meisten Texturen machen einen verwaschenen Eindruck. Durch schicke Kampf- und Wettereffekte sowie wechselnde Tageszeiten und hübsch designte Monster ist das Metzel-Abenteuer aber trotzdem keineswegs als hässlich zu bezeichnen.
Was die atmosphärische Hintergrundmusik betrifft, muss sich der aktuelle Herausforderer wahrlich nicht vor den aufwendig produzierten Platzhirschen des Untergenres verstecken, Abstriche muss man dagegen bei der Sprachausgabe hinnehmen. Die englischen Stimmen machen ihre Sache zwar gut, letztendlich sind aber viel zu wenige Stellen der Texte vertont worden - beim Rest ist Selberlesen angesagt.
Fazit:
Torchlight II ist ein Hack&Slay der guten alten Schule - ohne den verhassten Online-Zwang oder die eingeschränkte Charakter-Entwicklung der namhaften Konkurrenz, dafür mit so ziemlich allem, was Action-Rollenspiele dieser Art so unterhaltsam macht. Durch massenhaft Beute und sein flinkes Spieltempo hält es die Motivation stets auf hohem Niveau, auch wenn die lahme Hintergrundgeschichte wenig dazu beiträgt. Elemente wie die abwechslungsreichen Schauplätze und die wirklich praktischen tierischen Begleiter lassen Schwächen bei der Grafik oder die nur spärlich eingesetzte Sprachausgabe schnell in Vergessenheit geraten.
Noch ein paar zusätzliche Neuerungen im Vergleich zum Vorgänger hätten es ruhig sein dürfen, auf jeden Fall bietet das Spiel aber sehr gute Unterhaltung und viel Charme zum fairen Preis.
Wertung: 86 von 100 Punkten (Christina Schmitt/GameCaptain.de)