Die Herauszoombarkeit aktueller Strategiespiele ist euch zu mager, die Maps sind zu klein, das Einheitenlimit ist euch viel zu gering und selbst Gefechte mit einer Stunde Spielzeit sind euch viel zu kurz? Ihr wollt mehr, ihr wollt es Big, ihr wollte es Bigger - ihr braucht Supreme Commander(SupCom). Entwickelt von Gas Powered Games (u.a. Dungeon Siege) unter der Leitung von Spieldesigner Chris Taylor (u.a. Total Annihilation) wird das Spiel die RTS-Gemeinde in zwei Lager spalten: In diejenigen, die sich gnadenlos durchquälen und in diejenigen, die frustriert aufgeben.
Der totale Krieg
Es ist einiges los auf den maximal 81x81km und damit über
6500(!) einmalig gigantischen Quadratkilometer großen Schlachfeldern. Da versucht unsere Fliegerstaffel bestehend aus 150 verschiedenen Fluggeräten, von Bombern bis Angriffsjägern, von Osten her die feindliche Basis als Ablenkungsmanöver unter Beschuss zu nehmen um sofort wieder abzudrehen. Derweil fallen wir zu Land von Westen mit unseren riesigen Bots, Amphibienpanzern und Mobilen Raketenwerfern, begleitet von fahrenden Schildgeneratoren her in die Feindbasis ein. Von Süden wird der Angriff von riesigen Kampfschiffen, U-Booten und Fregatten unterstützt. Immer wieder fliegen wir mit unserer Fliegerstaffel einen Angriff nach dem anderen bis alle Flugzeuge aufgerieben sind. Auch unsere 250 Einheiten starke Armee im Westen wurde von den gut platzierten Abwehrstellungen des Feindes zunichte gemacht. Unsere Marine rettet sich immerhin, wenn auch stark dezimiert, in den Heimathafen. Es sieht scheinbar nicht gut aus für uns - der Gegner grinst wahrscheinlich schon siegessicher vor seinem PC. Doch unser Angriff hat das eigentliche Ziel erreicht: Die Raketenabwehrbasen des Feindes sind vernichtet. Nun ist der Weg endlich für unsere Superwaffen frei. Der Feind zaubert derweil unaufhörlich mit seiner Superkanone über das halbe Schlachtfeld einen Kanonenkrater nach den anderen in unsere Hauptbasis. Doch unsere Abschussrampen haben wir bereist vor einer halben Stunde mit samt unserem Commander (Armored Command Unit, ACU) an einer ganz anderen Ecke der Karte platziert und für das feindliche Radar getarnt. Dann ist es soweit: Wir zünden eine Atombombe nach der anderen und vernichten ein für alle mal den gegnerischen ACU. Entspannt lehnen wir uns zurück und bestaunen die schicken großflächigen Explosionseffekte, die unterstützt von dröhnenden Soundeffekten ordentlich was hermachen. Die mehrstündige, nervenaufreibende Partie haben wir endlich für uns entschieden.
Um was geht es eigentlich?Im Singelplayer - ganz ehrlich gesagt - um eine 08/15-Story in einer weit, weit entfernten Zukunft. Die UEF (militarisierte Erdenbewohner), die Cybrans (menschenähnliche Cyborgs) und die Aeon (von ausgestorbenen Aliens 'erleuchtete' Menschen) streiten sich um Rohstoffe, um Planeten und um die Erde. Es gibt kein Gut oder Böse, jeder ist von seinem Glauben, seinem Weg und seiner Gesinnung überzeugt und will dies den anderen Parteien aufzwingen. In den mauen Kampagnen spielt man jeweils sechs Missionen mit einer Fraktion. Mit wem man anfängt ist vollkommen egal. Die drei Kampagnen sind miteinander verknüpft und so spielt man einige Missionen der einen Fraktion, später aus der Sicht der anderen Fraktionen nochmals. In kleinen Besprechungen wird man auf die Missionen eingestimmt und kleine Videoschnipsel mit guter deutschen Synchronisation bringen den dünnen Storyfaden voran.
Das Missiondesign ist dabei recht eintönig ausgefallen. Meist beginnt man auf einer kleinen (für andere Games großen) Karte und erledigt Missionsziel 1, das meist mir der Zerstörung einer kleinen Feindbasis oder der Einnahme bestimmter Landstriche oder Gebäude einhergeht. Dann zoomt die Karte weiter auf und man bekommt Missionsziel 2, was wiederum konform Missionsziel 1 daherkommt. Und welch Wunder, natürlich zoomt die Karte dann noch weiter auf und, siehe da, dank Missionziel 3 - gäääähn - dürfen wir nun den Rest der inzwischen riesigen Map von den Gegnern säubern. Alles beginnt harmlos mit Ein-Stunden-Missionen und steigert sich ziemlich rasch auf Missionslängen von vier Stunden plus. Ab und an werden Missionen auch mit einen Countdown spannender gestaltet, Rettungsaufgaben gaukeln Abwechslung vor - doch am Ende bleibt immer das gleiche Spiel. Positiv: Schafft man eine Mission einmal nicht, darf man als Loser 'Überspringen' wählen und kommt so dennoch weiter voran. Kurzum der SinglePlayer-Modus ist nicht der Reißer, doch SupCom setzt seine Prioritäten eh woanders.
Das Ding mit den Göttern und dem SchweißVor dem Erfolg haben die Götter bekanntlich den Schweiß gesetzt. Genau das trifft im besonderen auf SupCom zu. Die Fülle, der Umfang, die unzähligen verschiedenen Einheiten, die riesigen Schlachtfelder - bei den ersten Gefechten ist förmlich alles erschlagend. Das umfangreiche Handbuch und die gut gemachten 12 Tutorial-Videos erklären (fast) alles, was einen gleich noch mehr erschlägt. Bereits hier werden zart besaitete Spieler das Game frustriert in die Ecke werfen. Wer sich allerdings durchquält wird merken, dass die Entwickler durchaus mitgedacht haben und dem Spieler jede Menge, zum Teil unübliche Hilfsmittel zur Hand geben.
Angefangen bei der enormen Zoomfähigkeit. Das Geschehen lässt sich nahe heran aber - und das ist viel wichtiger - bis in eine Art Satellitenansicht herauszoomen. Die Einheiten werden dann zwar nur noch als kleine Pünktchen angezeigt, dennoch kann man all die bekannten klassischen Befehle eines RTS-Spiels geben. Zudem lässt sich das Bild per Tastendruck nochmals splitten, damit man mehrere Brennpunkte auf den Maps jederzeit fokussieren kann. Und wer hat, kann sogar zwei Monitore unabhängig von einander nutzen und so das Spiel noch besser im Blick haben. Dabei fällt leider auch die Kargheit der Landschaften auf. Hier und da mal ein Baum, ein neutrales Gebäude und das war es auch schon. Schön sieht anders aus, Zweckmäßigkeit wird bei der Präsentation groß geschrieben.
Steuerungstechnisch gilt es ebenfalls Tastenkombis und Befehle zu pauken. Da können Formationen aufgestellt, Patrouillenrouten vorgegeben, Bauketten angelegt oder gar automatische Nachschubwege für die Transporter eingerichtet werden. Zudem lassen sich auch per Tastendruck verschiedenen Armeen zu einem koordinierten Angriff überreden.
Das zugegeben klotzige, altbacken wirkende aber aufgeräumte HUD lässt sich nach Wunsch an alle vier Seiten des Bildschirms legen. Die hier einblendbare Minimap lässt sich ebenfalls zoomen. Außerdem werden Missionsziele im SinglePlayer mit Icons auf dem Bildschirm eingeblendet und von den Befehlshabern per Minivideos immer wieder wiederholt.
Von klein bis RiesengroßDie Einheitenvielfalt der Land-, Luft- und Marinestreitkräfte ist enorm. Vom 'kleinen' sechs Meter hohen Aufklärungsfahrzeug über mächtige Panzer bis hin zum 86 Meter hohen Spinnenbot ist alles vertreten. Am wichtigsten ist dabei der Spieleravatar in Form des ACU. Geht dieser Riesenbot hops ist auch das Spiel vorbei. Im weiteren Spielverlauf bekommt man Hilfe von Unterstützenden Commandern. Praktisch: Diese Bots können nach Befehl eigenständig über eine Basis wachen, zerstörte Gebäude wieder neu bauen oder Einheiten heilen.
Optisch nicht gerade hübsch aber jeweils anders futuristisch gestaltet, ähneln sich die Einheiten der drei Parteien spielerisch doch sehr. Zumindest zu Beginn einer Partie gibt es für alle ziemlich gleich schlagkräftiges Material. Erst im höchsten Techlevel unterscheiden sich die Parteien in Einheiten und Superwaffen enorm. Damit stehen auch unterschiedliche Taktiken ins Haus. Igele ich mich ein und 'spare' auf die Superwaffen? Wenn ja, auf welche und hat der Gegner nicht doch geeignete Gegenmaßnahmen getroffen? Gehe ich auf aggressive Angriffsarmeen und störe den Feind empfindlich beim Rohstoffabbau? Wenn ja, lass ich meine Basis da nicht zu ungeschützt? Fragen die je nach Spielweise jede Partie eine andere taktische Tiefe geben. Innerhalb der Techlevel greift zudem auch das bekannte Stein-Schere-Papier-Prinzip. Einen Trupp schlagkräftige Panzer ohne Begleitung von Luftabwehr loszuschicken ist genauso tödlich, wie Fregatten ohne U-Boot-Begleitung in See stechen zu lassen. Gemischte Truppenverbände sind Trumpf.
Darüber scheint die KI in der Kampagne wie im Gefechtsmodus nicht immer Bescheid zu wissen und schickt schon mal einen Typ Einheiten allein in den sicheren Tod. Auch sonst macht die KI einen gemischten Eindruck. Egal in welchem Schwierigkeitsgrad (leicht, mittel, schwer) agiert sie an einigen Stellen genial, etwa wenn sie Zangenangriffe ausführt, bleibt aber im nächsten Moment wieder vollkommen passiv und lässt sich ihre Truppen von einem Geschütz ohne Gegenwehr wegballern. Dafür kann sich aber die Wegfindung zum Großteil sehen lassen, hat allerdings mit großen Einheiten kleine Probleme. Vorsicht besonders beim Bau von Werften in Ufernähe. Baut man zu nah am Strand sitzen später die Schiffe am seichten Ufergewässer fest. Auch kurios: Stationäre Geschütze versuchen zum Teil durch Hügel oder Berge auf Feinde zu schießen, statt zu warten bis diese ins eigentliche Schussfeld kommen.
RohstoffbalanceGebaut wird ganz klassisch per Baufahrzeug oder mit dem ACU. Diese haben alle Hände voll zu tun, da es zig Gebäude für jeden Bedarf gibt. Fabriken, Schildgeneratoren, Tarnanlagen, Abwehrstellungen, Raketenabschussrampen, Raketenabwehranlagen und und und wollen errichtet werden. Zudem gibt es auch noch drei Techlevel, die man durch Upgrades freischaltet. Jeder Techlevel bringt wieder neue Gebäude und stärkere Einheiten hervor. Zudem lassen sich der ACU und seine kleineren aber nicht minder starken Unterstützenden Commander ebenfalls mit verschiedenen Waffen oder Schilden ausrüsten. Das kostet natürlich, und zwar Energie und Masse. Beides wird von entsprechenden Gebäuden gewonnen, kann aber auch kurzfristig durch das Pulverisieren verschrotteter Einheiten, Bäume oder Felsen erhöht werden.
Auf alle Fälle ist unbedingt auf eine optimale Balance der beiden Ressourcen zu achten. Sackt man bei einer ins Minus kann das entscheidende Nachteile bringen. Ohne Energie fallen die Schilde aus. Ohne Masse arbeiten die Energieanlagen nicht mehr. Und ohne Energie gibt es nur noch wenig Masseabbau. Wer sich hier verheddert kommt in einen Teufelskreis und hat eigentlich schon verloren. Dann dauert das Bauen, das sich ohnehin schon ziemlich lange hinzieht, eine halbe Ewigkeit.
Auch hier haben die Entwickler mit gedacht und die Möglichkeit der Spielbeschleunigung in 20 Stufen (-10 bis +10) eingebaut. Zum Überbrücken längerer Bauzeiten durchaus geeignet. Zum spielen ist allerdings nur eine geringe Anhebung zu empfehlen, da das gesamte Geschehen schneller abläuft.
Wichtig ist die Einnahme bzw. das Besetzen besonderer Ressourcenpunkte. Setzt man an diesen Punkten ressourenfördernde Gebäude, gibt es extra fetten Nachschub. Auch das optimale Aneinanderreihen bestimmter Gebäude bringt Vorteile. Baut man etwa an eine Waffenfabrik direkt Kraftwerke und Massefabriken, sowie Behälter zum Speichern der Ressourcen, gibt es wichtige Extraboni.
Wer ist der größte Commander im ganzen Land?Das Hauptaugenmerk der Entwickler liegt ganz klar im Multiplayer-Modus. Aufgrund der nahezu gleichen Starteinheiten und der Ausgeglichenheit zwischen den Parteien zu Beginn, ist ein schneller Rush auf den riesigen Karten eigentlich fast unmöglich. Für die LAN- und Online-Gefechte (letztere über das GPG.net, auch mit Ranglistenspielen) sind eigenständige Taktiken gefragt. Dabei ist es ständig von Interesse was der oder die maximal sieben Gegner in ihrer Basis tun. Eine gute Aufklärung ist neben der richtigen Taktik ein Schlüssel zum Erfolg.
Damit die lange Dauer der Matches nicht zur Spaßbremse wird gibt es einige Komfortfunktionen. So kann man die Häufigkeit von Pausen, genau wie die einstellbare Spielgeschwindigkeit vor dem Match aushandeln. Teams lassen sich bilden, Einheitenlimit einstellen, Replays speichern und eine der zahlreichen Maps aufrufen. Gleiches gilt für den Gefechtsmodus bei dem man es gegen verschiedene KI-Gegner aufnehmen kann. So gibt es zusätzlich zu den drei unterschiedlich starken KI-Gegnern noch CPU-Feinde, die etwa auf hohen Techniklevel setzen, in Horden angreifen oder ausgeglichen aber sehr hart agieren. Eine detaillierte Auswertung nach den Spielen wird Statistikfreaks angezeigt. Als Siegbedingungen kann man wählen ob man den generischen ACU platt machen, alle Gebäude und Baufahrzeuge zerstören oder alle Einheiten vernichten muss. Zum üben gibt es noch einen Sandkasten-Modus.
Leider kommt es bei den MP-Partien (wie auch in der Kampagne) immer wieder zu kleinen nervigen Lags. Die riesigen Karten und das hohe Einheitenlimit von maximal 1000 (inkl. Gebäude) erfordern hier ganz besonders starke Hardware oberhalb der empfohlenen Systemanforderungen um wirklich flüssig zu spielen.
Groß geschrieben wird hingegen die Modifikationsfähigkeit des Spiels. Schnittstellen dafür sind reichlich vorhanden und so wird es nicht mehr lange dauern bis erste Fanprojekte zur Verfügung stehen.
Fazit: Nicht Massenmarkttauglich - so lautet mein Kurzfazit zu
Supreme Commander. Das Spiel ist vielmehr ein Fest für Hardcorestrategen und solche, die es durch hartes und vor allem zeitintensives Training werden wollen. Wer sich aber auf das Spiel einlässt bekommt als Gegenwert ein einmaliges Strategiespiel, das ganz besonders im Multiplayer-Bereich in Größe, Umfang und vor allem in taktischer Tiefe alles bisherige toppt. Dafür gibt es einen GameCaptain-Award.
Wer jedoch ein einsteigerfreundliches Spiel mit einem motivierenden Singelplayer-Modus, mit einer hochmodernen Grafik oder mit schnellen Matches sucht, sollte von SupCom lieber gleich die Finger lassen. Zudem verhindern die immer wieder durchwachsene KI, Eintönigkeit beim Missionsdesign oder die trockenen Präsentation eine noch höhere Wertung.
Wertung: 85 von 100 Punkten
(Tino Grundmann/GameCaptain.de)