genannt werden unter anderen Timbaland, Justin Timberlake, D'Angelo und Mary J. Blige - hat die offenbar bruchstückhaften Aufnahmen aus mehreren Jahrzehnten vervollständigt und dem Zeitgeschmack angepasst. In einer erweiterten Edition, die vorab nicht vorlag, sind zum Vergleich die Originale enthalten. Jacksons Stimme wurde allerdings nicht einfach in ein Klingelton-Inferno geworfen - mit ein, zwei Ausnahmen -; man ist teilweise fast schon zu wagemutlos mit ihr umgegangen.
"Love Never Felt So Good" und "Loving You" sind gutgelaunter, mit künstlichem Rauschen grob nostalgisierter Soul-Pop, den Stevie Wonder oder Phil Collins eleganter aufgenommen hätten. "Chicago" ist eines von mehreren Liedern der Wut und Enttäuschung über zwischenmenschlichen Ärger. Das wird von einem schmatzigen Bass gut in Schwung gebracht. Das nach Aufbruch und Abenteuer rufende Stück "A Place With No Name" ist eindeutig das beste; es hat wieder so einen funky Basslauf, der durch einen Vocoder singt und maunzt. Die Percussion trommelt einen jener typischen synkopierten Jackson-Rhythmen, die das Kunststück fertigbringen, gleichzeitig zu swingen und beherzt zu stampfen - Klassiker wie "The Way You Make Me Feel" oder "They Don't Care About Us" lassen grüßen. Als würde er dazu mit den Fingern schnipsen, stößt Jackson seine Kieks-, Juchz- und Schluckauf-Töne aus. Der Rest macht im Grunde in diesem Stil weiter, kaschiert aber in überladenen Arrangements und Klingeltönereien, dass mitunter ein zündender Funke fehlt.
Vielleicht liegt es gar nicht so sehr an der Güte der Kompositionen und der lautstärkeoptimierten Produktion, wenn die Musik blass und plump bleibt. Zwar lassen sich auch mit archivierten Gesangsstrophen und Refrains stimmige Popsongs herstellen; aber es macht eben doch einen Unterschied, ob die entscheidende künstlerische Hand bei diesem Prozess selbst noch einmal eingreifen, umwerfen und formen kann.
Damit fehlen "Xscape" die Inspiration, emotionale Tiefe und Finesse, die Michael Jacksons vollwertige Schöpfungen ausgezeichnet haben. Die besondere Qualität seines Gesangs scheint jedoch noch einmal auf. Es ist erstaunlich, welche Wendigkeit und aggressive Kraft der filigrane Tenor, der im Sprechmodus oft nur ein verschämt gehauchtes "I love you all" von sich gab, in seinem eigentlichen Element entfalten konnte.
Dankenswerterweise hat die Plattenfirma Sony darauf verzichtet, "Xscape" als sensationelle Ausgrabung zu inszenieren.
FELIX JOHANNES ENZIAN
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