Ausschnitt aus ihrem kaum überschaubaren journalistischen Werk, ein Ausschnitt freilich, der sämtliche Facetten ihres Blicks auf die italienische Wirklichkeit der vergangenen dreißig Jahre repräsentiert. "Mein Italien" ist das Buch treffend überschrieben, doch entsteht aus den durchaus subjektiven Mosaiksteinen ein allgemeingültiges Bild, das eine Fülle von Informationen und Anekdoten bietet. Wie ein roter Faden zieht sich die Betrachtung des Geschlechterverhältnisses durch das Buch. Als Frau hatte Franca Magnani gewiß ein besonderes Gespür für die immensen Umbrüche, die die Emanzipation der Frau in einem traditionell patriarchalischen, katholisch geprägten Land für die Gesellschaft bedeuten mußte. So schreibt sie über die gegen zähen Widerstand durchgesetzten Reformen des italienischen Scheidungsrechts, über die "Italienerin zwischen Zwang und Freiheit", über Ehebruch und die Bedeutung der "Mamma" und den "Wandel der Familie in Italien". Man kommt aus dem Staunen nicht heraus: Bis 1980 gab es im italienischen Recht einen Paragraphen, der den Mord einer Ehefrau durch den Ehemann wenn nicht gerade billigte, so doch milde beurteilte, sofern er aus verletztem Ehrgefühl begangen wurde. Die Auseinandersetzung mit dem Faschismus und seinen neofaschistischen Blüten bildet einen weiteren Schwerpunkt, außerdem das hierzulande als "typisch italienisch" empfundene Ränkespiel der Politik mit den immer neuen Regierungswechseln. Und es gibt mehr: Porträts italienischer Künstler wie Marcello Mastroianni, Federico Fellini, Adriano Celentano, Primo Levi, Sophia Loren oder Milva, von Politikern wie Sandro Pertini oder Enrico Berlinguer, auch einfach einen Rundgang durch den Alltag - die meisten Texte nur zwei, drei Seiten lang, allesamt scharfsichtig und pointiert. "Mein Italien" ist das Vermächtnis einer großen Journalistin, ein Lesebuch für Italien-Begeisterte, in dem mehr über das Land zu erfahren ist als in den meisten Reiseführern. (mab)
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