amerikanischen Original geht es mal wieder direkt zur Sache. "The Break-up" heißt Peyton Reeds Film dort, im Deutschen lautet der Titel ausweichend "Trennung mit Hindernissen", wobei das Hindernis, wir verstehen schon, die noch vorhandene Liebe jenes Paares ist, das sich da nach einem häuslichen Streit unversehens von Bett, aber nicht von Tisch getrennt sieht. Es ist ein bemerkenswerter Film, weniger in seinen komödiantischen Anstrengungen (Verrenkungen, müßte man wohl sagen, wenn Gary etwa von Michelangelos "sechzehnter" statt Sixtinischer Kapelle schwafelt) als in der unerschrockenen Darstellung einer unbeabsichtigt, doch unvermeidlich auseinanderdriftenden Beziehung. Wohl jedem Zuschauer wird das, was dort zwischen Abwasch, Einkaufslisten, Berufsstress und Essenseinladung verhandelt wird, irgendwie bekannt vorkommen. Und da, wo er am wenigsten Hollywood-Politur über die Untiefen im postmodern angespannten Paarverhältnis von Mann und Frau streicht, hat der Film gute Momente. Naturgemäß ist es nicht immer angenehm, dabei zuzusehen - aber dafür kompensiert ja das ganze Legionen von Klatschkolumnisten beschäftigende Rätselraten, ob die Schauspieler Jennifer Aniston und Vince Vaughn nun auch im wirklichen Leben ein Paar waren, sind oder sein könnten.
Gary (Vaughn) und Brooke (Aniston) sind seit zwei Jahren zusammen, ein perfektes, familienalbumtaugliches Paar, sie niedlich, smart und straff mit einer Tendenz zum Perfektionismus, er ein großes, leicht schwabbeliges Kind mit einem Hang zum Herumalbern, zu Videospielen und Baseball, Billard, Bier. Sie leben in einem schicken Apartment, dessen Hypothek sie gemeinsam abbezahlen; allerdings wirkt Gary darin wie ein leicht vulgäres Accessoire, das nicht recht zum Rest der stilvollen Einrichtung passen will.
Gary, der quasseligste Fremdenführer Chicagos, hat immer einen kessen Spruch auf der Lippe, sagt aber selten etwas von Belang. Er quatscht drauflos und alle tot. Und wenn er einmal nicht den Alleinunterhalter geben darf, wie etwa beim leicht steifen interfamiliären Abendessen, ist das seiner Laune nicht zuträglich. Brooke arbeitet in einer mondänen Galerie für moderne Kunst, liebt das Ballett und macht Pilates. Tagsüber ist sie kompetent in ihrem Job, in ihrer Freizeit kauft sie ein, kocht, kümmert sich um Freunde und Eltern und sieht bei alldem auch noch gut aus. Kurz: Sie gibt sich ausgesprochene Mühe bei allem, was sie tut. Gary gibt sich auf seine Weise auch Mühe, nur darf es sich nicht danach anfühlen. So weit, so gültig.
Ein harmloser Disput über den Abwasch weitet sich zu einem Streit über Grundfragen aus. Er wütet, nichts sei je gut genug für sie, sie habe sich in eine Zicke verwandelt; sie kreischt, es wäre zur Abwechslung mal ganz schön, wenn er einmal etwas von sich aus täte, ohne daß sie ihn vorher dreimal darum bitten muß. Falscher Stolz und echter Frust tun ein übriges, und schon schläft er an dem Abend auf dem Sofa, sie starrt gegen die Schlafzimmerdecke. Und beide erwarten, daß der andere am nächsten Tag schon klein beigeben und zu Kreuze kriechen werde.
Was folgt, hat bestenfalls aufgesetzt komödiantische Aspekte. Die gegenseitigen Schikaneien beginnen mit der selbstherrlichen Teilung des Freundeskreises, wo jeder seine Loyalität erklären muß, und reichen von Brookes durchsichtigen Versuchen, Gary eifersüchtig zu machen, über dessen halbherzige Streifzüge durch Bars und Clubs bis hin zur völligen Verwahrlosung der Wohnung in "seinen" Räumen. Jenseits dieser fast schablonenhaft sich abspulenden gegenseitigen Demütigungen jedoch bleibt die grundsätzliche Verständigungsschwierigkeit bestehen. Sie will ihm etwas wert sein und hofft, daß er um sie kämpfen wird; er will einfach seine Ruhe haben von dem, was er als Appell ansieht, sich zu ändern. Die beste Freundin und der gute Kumpel tragen mit gutgemeinten, doch wenig hilfreichen Ratschlägen dazu bei, um eine Versöhnung zu verhindern. Überdeutlich wird die Tragik, daß mit Brooke und Gary ein Paar präsentiert wird, das sich eigentlich gar nicht trennen will, aber in Mechanismen gerät, die es nicht mehr verstehen und darum auch nicht kontrollieren kann. Jennifer Aniston, der die Rolle auf den scheidungswunden Leib geschrieben wurde, ist glaubwürdig als zunächst vor allem in ihrer Eitelkeit, dann tatsächlich verletzte Frau, die sich zu ihrem eigenen Wohl mit der Beziehung und der Trennung auseinanderzusetzen beginnt. Vince Vaughn hingegen ist ein vergleichsweise eindimensionaler Charakter, ein Bursche wie Joey aus der Fernsehserie "Friends", mit der Jennifer Aniston bekannt wurde: denkfaul und relativ anspruchslos und unter dieser Arglosigkeit hemmungslos egozentrisch.
"Das ist weder Surrealismus noch Kubismus, das ist Malen nach Zahlen!" faucht Brookes Chefin, die schrille Galeristin Marilyn Dean (Judy Davis), als sie von der Trennung hört. Diese Unentschlossenheit kennzeichnet den ganzen Film. "Trennung mit Hindernissen" fängt zwar da an, wo die meisten Filmromanzen enden, aber er verschenkt die Möglichkeit, dort weiterzumachen. Denn Gary und Brooke sind als Paar so plausibel wie Oliver Hardy und Doris Day, Joey und Rachel in "Friends" oder Garfield und eine Aristocat - oder eben Vince Vaughn und Jennifer Aniston. Was dem Film fehlt, ist Mut zum Anspruch. Denn genau das ist es, was Männer und Frauen heute verbindet - oder sie trennt.
FELICITAS VON LOVENBERG
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