Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.03.2002Die Leberfleckspur: "Nachts im Park" im Kino
Eine "Schamhaartheorie" enthält die Lösung des Kriminalfalls, den Uwe Janson mit "Nachts im Park" erzählt. Die Theorie besagt, daß sexuell wenig selbstbewußte Serienmörder sich häufig im Intimbereich rasieren. Das Glied wirkt dann größer. Der Polizeipsychologe, der dieser Theorie anhängt und deswegen heimlich die Unterwäsche von Verdächtigen kontrolliert, ist selbst ein wenig eigenwillig: Er liebt sein Auto, das den Namen Loretta trägt.
Das Gewöhnliche wird von Uwe Janson tunlichst vermieden. Er tut alles, damit "Nachts im Park" nicht aussieht wie ein "Tatort" aus dem Fernsehen. Die Polizei ist ihm dabei zu Diensten, sie agiert, als wäre sie in einer amerikanischen
Cop-Serie ausgebildet. Der erste Großeinsatz führt in einen Operationssaal, wo gerade am offenen Herzen eines Mädchens gearbeitet wird. Da der Chirurg Dr. Stefan Hennings (Heino Ferch) unter dem dringenden Verdacht steht, mehrere Frauen ermordet zu haben, wird er von der Aorta weg verhaftet. Dabei hat er nur nachts im Park seine Kollegin Dr. Lumis (Heike Makatsch) dabei beobachtet, wie sie sich bei offenem Fenster ihrer Kleider entledigt und sich aufs Bett geworfen hat. Ein Leberfleck hat es ihm besonders angetan.
Der Voyeur gibt einen guten Mörder für theorieresistente Polizisten. Es hängt also alles an dem Psychologen, den Hennings kidnappt, um ihn in Buddy-Manier zur Lösung des Falls zu bewegen. Dazu müssen viele sinistre Typen heimgesucht werden. Janson zielt auf großes Kino mit kleinen Spinnern. In der Summe ergibt das einen Film, dessen größtes Problem die Unverhältnismäßigkeit der Mittel ist. Wäre er im lakonischen Duktus eines Chabrol erzählt worden, er wäre vielleicht von Interesse. "Nachts im Park" ist aber eine hektische Farce, die groteske Entstellung eines Genres, das im deutschen Kino fehlt: des Kriminalfilms.
breb.
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