Chemielabor unterhalten, das sie am Abend vor ihrer Hochzeit in die Luft jagen. Schau, schau, sagen sich solche Leute, ich habe einen neuen Sprengstoff entdeckt, und experimentieren munter weiter, vergessen darüber den Festgottesdienst, und die traurige Braut gibt ihnen entnervt den Laufpaß. So widerfährt es auch Phillip Brainard, nur daß er keine Wunderwaffe geschmiedet hat, sondern einen hochelastischen Werkstoff, den sein Erfinder "Flubber" nennt: 1961 ein Bombenerfolg.
Daran hat sich 1998 so wenig geändert wie am Handlungsgerüst; in Amerika scheffelte das Remake Millionen. Sonst änderten sich nur Kleinigkeiten. So trägt der Film jetzt den Namen der glibbergrünen Mischung - selbst in Deutschland, wo man 1961 noch den Verleihtitel "Der fliegende Pauker" angemessen fand. Und war der alte Professor, von Fred MacMurray wundervoll zerstreut verkörpert, noch der Meinung, ein solch hochexplosiver Stoff gehöre nicht in die Hände eines Zivilisten, sondern in die des Pentagons, so hat sein Wiedergänger die Zeichen der Globalisierung erkannt und bietet seinen energiereichen Flubber einem Automobilkonzern an. Diesen zweiten Professor Brainard gibt mit Robin Williams der Mann, der seit "Der Club der toten Dichter" wie kein zweiter auf Dozentenrollen festgelegt ist.
Und der neue Film ist natürlich perfekter als sein Vorläufer aus den sechziger Jahren, als die Walt Disney Studios gerade erst mit der Produktion von Realfilmen begonnen hatten. Heute beherrschen sie das Metier: Der Regisseur Les Mayfield kann auf Farbe statt Schwarzweiß zurückgreifen, auf Computeranimation statt Fäden und Hebebühnen und vor allem auf einen weiblichen Roboter namens Weebo, der aus Eifersucht die Verehelichung seines Herrn und Meisters hintertreibt. Doch Weebo verfügt nicht nur über Emotionen, sondern auch über gute Flugeigenschaften, eine betörende Stimme (in der deutschen Fassung von Veronica Ferres) und drahtlosen Internetzugang. Irgendwann erkennt ein bösartiger Fabrikant das Genie von Brainard und läßt seine Schergen Smith & Wesson in des Professors Keller einbrechen. Weebo liefert ihnen einen fulminanten Kampf, doch statt dieses technischen Wunderwerks entwenden die Eindringlinge den grünen Kunststoffschleim. Schon der Ökonom Josef Schumpeter konstatierte, daß es an innovativen Unternehmern mangelt. Um Ideendiebe scheint es noch schlechter zu stehen.
Aber auch Flubber verfügt über eine attraktive Eigenschaft: Im grünen Gemisch ist die Energie der Explosion gespeichert, die es hervorgebracht hat. Gegenstände, die mit der gallertartigen Substanz präpariert werden, entwickeln erstaunliche Sprungfähigkeiten, was dem Basketballteam von Brainards College zu einem historischen Sieg verhilft. Als künstliche Kraftquelle wandelt Flubber Automobile zu Flugobjekten, und eine Kegelkugel, der die quicklebendige Masse zu immer höherem Aufstieg verhilft, sorgt durch ihre regelmäßige Rückkehr aus der Stratosphäre für Heiterkeit. Außerdem führt Flubber ein fideles Eigenleben: Sobald der Professor aus dem Haus ist, materialisieren sich aus der Masse grüne Gestalten, die zu Mamboklängen eine kesse Sohle aufs Parkett legen.
Diese Tanzsequenz, für den Verlauf der Geschichte vollkommen überflüssig, hätte Walt Disney begeistert, der Realfilme um so mehr liebte, je näher sie dem Zeichentrick kamen. Der Rest von "Flubber" ist weniger gut choreographiert, was vor allem dem Basketballspiel schadet. Viele Funken verlöschen, und die drastischen Rollenklischees, die Bill Walsh schon angelegt hatte, die aber von John Hughes, dem Erfinder der "Kevin"-Serie, jetzt noch mehr betont werden, zünden gar nicht. Hollywood geht es mit solchen Filmen ein wenig wie dem mad scientist: Er kann sich zwar seine Bomben selber basteln, aber sie erzeugen oft nur ein leises "Fttt" statt des erwarteten "Bumm". Bei "Flubber" kann man immerhin noch das Echo der Initialzündung hören. ANDREAS PLATTHAUS
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