DVD
En vivo, Tango Argentino, Selección Nacional, 1 DVD
Ausgezeichnet mit dem "Gardel"-Preis für das beste Tangoorchester-Album 2007
Liefertermin unbestimmt
Technische Angaben:
Sprache (Tonformat): Spanisch (Dolby Digital)
Ländercode: 4
Sprache (Tonformat): Spanisch (Dolby Digital)
Ländercode: 4
Produktdetails
- Hersteller: Goya / Jumbo Neue Medien
- Gesamtlaufzeit: 57 Min.
- Erscheinungstermin: Juli 2009
-
FSK: ohne Alterseinschränkung gemäß §14 JuSchG - Sprachen: Spanisch
- EAN: 9783833723742
- Artikelnr.: 25586723
Herstellerkennzeichnung
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Wenn Blinde sehen und Betrogene schweigen
Auf dem Pulverfass sitzend, macht man die besseren Filme: Das Filmfestival von Thessaloniki ehrt mit dem Regisseur Goran Paskaljevic den Großmeister des serbischen Kinos.
THESSALONIKI, im Januar
Fast scheint er sich zu wundern, dass so viele Zuschauer seinen mehr als dreißig Jahre alten ersten Film sehen wollten. Kennen sie denn Goran Paskaljevic? Der hochgewachsene Mann mit dem schütteren Kopfhaar und dem etwas traurigen Blick erzählt, wie er 1976 für "Cuvar plaze u zimskom periodu" (Strandwächter im Winter) auf dem nationalen Festival im kroatischen Pula den Hauptpreis gewann: Jeden Abend brachte ein Boot die Kopien der für den nächsten Tag angesetzten Filme
Auf dem Pulverfass sitzend, macht man die besseren Filme: Das Filmfestival von Thessaloniki ehrt mit dem Regisseur Goran Paskaljevic den Großmeister des serbischen Kinos.
THESSALONIKI, im Januar
Fast scheint er sich zu wundern, dass so viele Zuschauer seinen mehr als dreißig Jahre alten ersten Film sehen wollten. Kennen sie denn Goran Paskaljevic? Der hochgewachsene Mann mit dem schütteren Kopfhaar und dem etwas traurigen Blick erzählt, wie er 1976 für "Cuvar plaze u zimskom periodu" (Strandwächter im Winter) auf dem nationalen Festival im kroatischen Pula den Hauptpreis gewann: Jeden Abend brachte ein Boot die Kopien der für den nächsten Tag angesetzten Filme
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hinüber auf die nahe Insel Brioni, wo Marschall Tito und dessen Frau Jovanka sie in ihrer Sommerresidenz während der Nacht einem prüfenden Blick unterzogen. "Jovanka hat sich köstlich amüsiert", wusste am Morgen der Bote. Und Tito? Auch der habe gnädig gelächelt. Der Auszeichnung für den jungen Regisseur stand damit nichts mehr im Wege. "So war das in unserer weichen Diktatur", fügt Paskaljevic melancholisch hinzu.
1947 in Belgrad geboren, studierte er von 1967 bis 1971 an der Prager Filmhochschule in der Klasse von Elmar Klos Regie. Jiri Menzel und die anderen Köpfe der neuen tschechischen Welle haben ihn mit ihrem aufsässigen Humor infiziert. Doch so ganz halten seine ersten Arbeiten dem Vergleich nicht stand. Menzel inszenierte die bitterkomischen Abenteuer seltsamer Einzelgänger und Außenseiter, Paskaljevic hingegen trieb den gewöhnlichen Wahnsinn opportunistischer Familien auf die Spitze. Wichtiger als die ungeratenen Söhne waren ihm die staatstragenden Väter, Witzfiguren der Macht. Im "Strandwächter" ist es ein berufsstolzer Eisenbahnbeamter, der aus seinem Sprössling einen ganzen Mann machen will, ihm indessen nur eine sinnlose Beschäftigung und dem jungen Eheglück eine kalte Abstellkammer beschaffen kann. Ein Schelm, der bei der Vaterfigur an Marschall Tito dachte, der sein Land sogar in Kunstfragen leiten wollte.
Diese satirische Wirkung schien der Regisseur bei seinem sechsten Spielfilm aus dem Jahr 1984 - vier Jahre nach Titos Tod -, "Varljivo leto '68" (Der Sommer der Illusionen '68), noch einmal kräftig auskosten zu wollen. Hier bekleidet ein wiederum von Danilo-Bata Stojkovic durch den Kakao gezogener Vater das Amt eines Provinzrichters, der über das plötzliche Verlangen seines Sprösslings, Marxismus zu studieren, höchste Genugtuung empfindet, nicht ahnend, dass daran nur die schönen Beine einer Dozentin schuld sind. Die Berufswünsche des Tunichtguts wechseln mit den jeweiligen weiblichen Vorbildern. Konstant bleibt aber sein Interesse an den Fernsehnachrichten in Prag, die den Vater mit steigender Furcht erfüllen, bis die Russen in Prag und Tito in Jugoslawien die Lage wieder voll im Griff haben.
1992 sollte Paskaljevic das Modell der Familiengeschichte auf den Kopf stellen. In "Tango Argentino" übernimmt der zehnjährige Sohn voll naiven Selbstvertrauens die Führung der Familie, der Vater ist mit Amouren beschäftigt. Er bringt den an einen Rollstuhl gefesselten Großvater auf seine Seite und dazu einen gealterten Tangosänger, der Argentinien nie selbst gesehen hat. "Tango Argentino" räumte einer von den Pressionen des Systems wenig berührten Jugend den Führungsplatz ein - eine illusionäre Hoffnung, da die Plätze längst unter den Diadochen des Tito-Regimes aufgeteilt waren. Die Väter hatten beschlossen, anstelle der Familien den Staat zum Kampfplatz ihrer Machtwünsche zu machen, und sie setzten alles daran, die Söhne nationalistisch zu indoktrinieren.
Die Vater- oder Großvatergestalten waren für Paskaljevic durchaus ambivalent. Anfangs sahen sie eher harmlos aus, zum Beispiel in Gestalt eines pensionierten Kapitäns Vujovic in dem mit Laien realisierten Film aus einem sozialistischen Altenheim, "Zemaljski dani teku" (etwa: Die vergangenen Tage kehren wieder). Voller Tatendrang bringt der alte Seebär die stillen Pensionäre noch einmal in Schwung. Alles singt und tanzt am Silvesterabend nach seinem Kommando, doch irgendwie scheint es prophetisch, dass der große Manipulator auf dem Höhepunkt einen tödlichen Herzinfarkt erleidet. 1979, zur Entstehungszeit des Films, rechnete die Föderative Republik schon täglich mit dem Ableben des Marschalls.
Die Figur des Manipulators sollte den Regisseur nicht mehr loslassen. In dem Episodenfilm "Optimisti" aus dem Jahr 2006, dessen Vorlage sein Sohn Vladimir schrieb, verkörpert der schon aus "San zimske noci" (Mittwinternachtstraum) wohlbekannte Lazar Ristovski unter anderem einen Hypnotiseur, der den deprimierten Bewohnern eines Flüchtlingslagers einen Heilschlaf verspricht, und einen Wundertäter, der eine Busgesellschaft Mühseliger und Beladener mit fröhlichem Gesang ihrem Ziel entgegenführt. Die Polizei setzt ihn fest, was der Autosuggestion keinen Abbruch tut. Auch ohne Führer wälzen sich Männer und Frauen, nackt oder bekleidet, im Schlamm eines Tümpels, und ein blindes Mädchen versichert seinem Vater allen Ernstes, es könne wieder sehen.
Der Regisseur vergaß nicht, unter die fünf Episoden eine bittere zu mischen, die der eisige Hauch der neuen sozialen Kälte durchweht. Ein Vater stellt den allmächtigen Boss eines Hüttenwerks wegen der Vergewaltigung seiner Tochter zur Rede und muss sich am Ende für sein Ansinnen demütig entschuldigen. Vor den Großmagnaten der neuen Zeit kapitulieren die guten Väter.
"Ich bin ein serbischer Regisseur", sagt Paskaljevic und weist damit ausdrücklich auf seine Themen hin. 1990 rückte er dem kommunistischen Gründungsmythos Jugoslawiens mit dem bitterbösen Phantasiestück "Vreme cuda" (Zeit der Wunder) heftig zu Leibe, 1998, nach der Rückkehr aus Amerika, mit "Bure baruta" (Das Pulverfass) dem Belgrader Tollhaus des nationalistischen Wahnsinns. Es sah aus, als hätte sich ein jahrzehntelang aufgestauter Gestaltungswille endlich von allen Fesseln befreit. Ausgelassen wirbelt die Kamera von Radoslav Vladic um die Personen, die einander wie in einem Ballett oder in einem Film des Ungarn Miklós Jancsó umkreisen. Das damalige Regierungsblatt "Politika" nannte den Regisseur indes "den größten Verräter des serbischen Volkes". Vor Wut tobende Landsleute forderten seinen Kopf, seine Verurteilung, seine Ausweisung.
In seinem jüngsten Film mit dem international gut vermarktbaren Titel "Honeymoon", einer serbisch-albanischen Koproduktion (und somit in den Augen der Nationalisten beider Seiten ein Unding) von 2009, scheitert ein albanisches Paar im italienischen Grenzhafen und ein serbisches auf einem ungarischen Grenzbahnhof an den Kosovo-Stempeln in den gültigen Pässen der jungen Männer. "Honeymoon" zeigt die Gitterstäbe, an denen der Traum von Europa fürs Erste endet. Vor allem aber ist der Film glänzend inszeniert, spannend und voller Energie, die auch außerhalb der Herkunftsländer verstanden werden müsste. Ist nicht das Embargo gegen Serbien lange vorbei?
HANS-JÖRG ROTHER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
1947 in Belgrad geboren, studierte er von 1967 bis 1971 an der Prager Filmhochschule in der Klasse von Elmar Klos Regie. Jiri Menzel und die anderen Köpfe der neuen tschechischen Welle haben ihn mit ihrem aufsässigen Humor infiziert. Doch so ganz halten seine ersten Arbeiten dem Vergleich nicht stand. Menzel inszenierte die bitterkomischen Abenteuer seltsamer Einzelgänger und Außenseiter, Paskaljevic hingegen trieb den gewöhnlichen Wahnsinn opportunistischer Familien auf die Spitze. Wichtiger als die ungeratenen Söhne waren ihm die staatstragenden Väter, Witzfiguren der Macht. Im "Strandwächter" ist es ein berufsstolzer Eisenbahnbeamter, der aus seinem Sprössling einen ganzen Mann machen will, ihm indessen nur eine sinnlose Beschäftigung und dem jungen Eheglück eine kalte Abstellkammer beschaffen kann. Ein Schelm, der bei der Vaterfigur an Marschall Tito dachte, der sein Land sogar in Kunstfragen leiten wollte.
Diese satirische Wirkung schien der Regisseur bei seinem sechsten Spielfilm aus dem Jahr 1984 - vier Jahre nach Titos Tod -, "Varljivo leto '68" (Der Sommer der Illusionen '68), noch einmal kräftig auskosten zu wollen. Hier bekleidet ein wiederum von Danilo-Bata Stojkovic durch den Kakao gezogener Vater das Amt eines Provinzrichters, der über das plötzliche Verlangen seines Sprösslings, Marxismus zu studieren, höchste Genugtuung empfindet, nicht ahnend, dass daran nur die schönen Beine einer Dozentin schuld sind. Die Berufswünsche des Tunichtguts wechseln mit den jeweiligen weiblichen Vorbildern. Konstant bleibt aber sein Interesse an den Fernsehnachrichten in Prag, die den Vater mit steigender Furcht erfüllen, bis die Russen in Prag und Tito in Jugoslawien die Lage wieder voll im Griff haben.
1992 sollte Paskaljevic das Modell der Familiengeschichte auf den Kopf stellen. In "Tango Argentino" übernimmt der zehnjährige Sohn voll naiven Selbstvertrauens die Führung der Familie, der Vater ist mit Amouren beschäftigt. Er bringt den an einen Rollstuhl gefesselten Großvater auf seine Seite und dazu einen gealterten Tangosänger, der Argentinien nie selbst gesehen hat. "Tango Argentino" räumte einer von den Pressionen des Systems wenig berührten Jugend den Führungsplatz ein - eine illusionäre Hoffnung, da die Plätze längst unter den Diadochen des Tito-Regimes aufgeteilt waren. Die Väter hatten beschlossen, anstelle der Familien den Staat zum Kampfplatz ihrer Machtwünsche zu machen, und sie setzten alles daran, die Söhne nationalistisch zu indoktrinieren.
Die Vater- oder Großvatergestalten waren für Paskaljevic durchaus ambivalent. Anfangs sahen sie eher harmlos aus, zum Beispiel in Gestalt eines pensionierten Kapitäns Vujovic in dem mit Laien realisierten Film aus einem sozialistischen Altenheim, "Zemaljski dani teku" (etwa: Die vergangenen Tage kehren wieder). Voller Tatendrang bringt der alte Seebär die stillen Pensionäre noch einmal in Schwung. Alles singt und tanzt am Silvesterabend nach seinem Kommando, doch irgendwie scheint es prophetisch, dass der große Manipulator auf dem Höhepunkt einen tödlichen Herzinfarkt erleidet. 1979, zur Entstehungszeit des Films, rechnete die Föderative Republik schon täglich mit dem Ableben des Marschalls.
Die Figur des Manipulators sollte den Regisseur nicht mehr loslassen. In dem Episodenfilm "Optimisti" aus dem Jahr 2006, dessen Vorlage sein Sohn Vladimir schrieb, verkörpert der schon aus "San zimske noci" (Mittwinternachtstraum) wohlbekannte Lazar Ristovski unter anderem einen Hypnotiseur, der den deprimierten Bewohnern eines Flüchtlingslagers einen Heilschlaf verspricht, und einen Wundertäter, der eine Busgesellschaft Mühseliger und Beladener mit fröhlichem Gesang ihrem Ziel entgegenführt. Die Polizei setzt ihn fest, was der Autosuggestion keinen Abbruch tut. Auch ohne Führer wälzen sich Männer und Frauen, nackt oder bekleidet, im Schlamm eines Tümpels, und ein blindes Mädchen versichert seinem Vater allen Ernstes, es könne wieder sehen.
Der Regisseur vergaß nicht, unter die fünf Episoden eine bittere zu mischen, die der eisige Hauch der neuen sozialen Kälte durchweht. Ein Vater stellt den allmächtigen Boss eines Hüttenwerks wegen der Vergewaltigung seiner Tochter zur Rede und muss sich am Ende für sein Ansinnen demütig entschuldigen. Vor den Großmagnaten der neuen Zeit kapitulieren die guten Väter.
"Ich bin ein serbischer Regisseur", sagt Paskaljevic und weist damit ausdrücklich auf seine Themen hin. 1990 rückte er dem kommunistischen Gründungsmythos Jugoslawiens mit dem bitterbösen Phantasiestück "Vreme cuda" (Zeit der Wunder) heftig zu Leibe, 1998, nach der Rückkehr aus Amerika, mit "Bure baruta" (Das Pulverfass) dem Belgrader Tollhaus des nationalistischen Wahnsinns. Es sah aus, als hätte sich ein jahrzehntelang aufgestauter Gestaltungswille endlich von allen Fesseln befreit. Ausgelassen wirbelt die Kamera von Radoslav Vladic um die Personen, die einander wie in einem Ballett oder in einem Film des Ungarn Miklós Jancsó umkreisen. Das damalige Regierungsblatt "Politika" nannte den Regisseur indes "den größten Verräter des serbischen Volkes". Vor Wut tobende Landsleute forderten seinen Kopf, seine Verurteilung, seine Ausweisung.
In seinem jüngsten Film mit dem international gut vermarktbaren Titel "Honeymoon", einer serbisch-albanischen Koproduktion (und somit in den Augen der Nationalisten beider Seiten ein Unding) von 2009, scheitert ein albanisches Paar im italienischen Grenzhafen und ein serbisches auf einem ungarischen Grenzbahnhof an den Kosovo-Stempeln in den gültigen Pässen der jungen Männer. "Honeymoon" zeigt die Gitterstäbe, an denen der Traum von Europa fürs Erste endet. Vor allem aber ist der Film glänzend inszeniert, spannend und voller Energie, die auch außerhalb der Herkunftsländer verstanden werden müsste. Ist nicht das Embargo gegen Serbien lange vorbei?
HANS-JÖRG ROTHER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Eine Mischung erstklassiger Künstler verschiedener Generationen." -- Quelle: Clarín
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