Topographie so viele Verkehrsmittel. Zu Beginn fährt Hitchcock bei seinem obligaten Kurzauftritt ein Linienbus davon. Und ab geht der Film: im Taxi, der Luxuslimousine und im Polizeiauto fährt der Zuschauer mit, im Nachtexpreß "20th Century Limited" fährt es in die Liebenden, der Sprühflieger fährt krachend in den Tankwagen, der Held fährt mit einem entwendeten Pick-Up davon und der ganze Film hat seinen Namen von einer Fluglinie.
Auch die Innenräume des Films wirken wie Kulissen eines kulturhistorischen Amerikamuseums: Lifts und Lounges, die Vereinten Nationen und Waschräume in Bahnhöfen, Cafeterien, Telefonzellen und immer wieder Hotels.
Der wichtigste Beleg dafür, dass dies ein Film über die Vereinigten Staaten ist, gibt seine Handlung. Das Kino stellt den originären Beitrag Amerikas zur Kunstgeschichte dar. Ein Film über Amerika muss deshalb ein Film über den Film sein. "Action!", so lautet die Anweisung vor jeder Filmaufnahme. "Acting" aber heißt sowohl "Handeln" wie "Spielen". In "North by Northwest" geht es um eine Welt, in der Handlung und Spiel ununterscheidbar werden. Es ist die Welt der Werbung und des Kalten Kriegs, es ist die Welt des Rollenspiels von Spionen und Verliebten. Der Engländer Hitchcock hat diesen Film über das amerikanische Diesseits von Sein und Schein mit den Engländern Cary Grant und James Mason in den männlichen Hauptrollen gedreht. Es ist, als wollte er damit sagen, dass nur Ausländer Inländer spielen können. Denn nur für den Ausländer ist die Heimat im Heimatfilm etwas Unheimliches.
JÜRGEN KAUBE.
Filmtheater am Friedrichshain, 19.30 Uhr sowie Olympia am Zoo 18.00 Uhr.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main