
DVD
Das Himmler-Projekt
Das Himmler Projekt
Regie: Romuald Karmakar Darsteller: Manfred Zapatka
Nicht lieferbar
Die berüchtigte Geheimrede, die der Reichsführer-SS und damalige Innenminister Heinrich Himmler am 4. Oktober 1943 im Posener Schloss vor 92 Generälen der SS hielt, gehört zu den wichtigsten und schockierendsten Zeugnissen der nationalsozialistischen Geschichte. Die dreieinhalbstündige, auf Wachsplatten festgehaltene Rede wurde im Wortlaut genau rekonstruiert und vom Schauspieler Manfred Zapatka vorgetragen.
Produktdetails
- Anzahl: 1 DVD
- Hersteller: absolut MEDIEN
- Gesamtlaufzeit: 182 Min.
- Erscheinungstermin: 20. Mai 2003
-
FSK: Freigegeben ab 16 Jahren gemäß §14 JuSchG - Sprachen: Deutsch
- Untertitel: Englisch
- Regionalcode: 2
- Bildformat: 16:9, PAL
- Tonformat: Deutsch DD 2.0 Stereo
- EAN: 4021308887199
- Artikelnr.: 10406012
Herstellerkennzeichnung
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Die gespenstische Wirkung der Rede
Einhunderteinundachtzig Minuten Abgrund: "Das Himmler-Projekt" von Romuald Karmakar
Die geheime Rede, die Heinrich Himmler am 4. Oktober 1943 im Goldenen Saal des Posener Schlosses vor dem Führungskorps der SS hielt, gehört zu den wichtigsten und schockierendsten Zeugnissen der nationalsozialistischen Geschichte. Es ist eines der wenigen Dokumente, in denen "einmal ganz offen" von der "Ausrottung des jüdischen Volkes" gesprochen wird, die "ein niemals geschriebenes und niemals zu schreibendes Ruhmesblatt unserer Geschichte" ist. Die kurze Stelle wird häufig zitiert, ebenso eine andere, in der der Reichsführer SS mit buchhalterischer Ungerührtheit die Lage im Osten beurteilt: "Ob
Einhunderteinundachtzig Minuten Abgrund: "Das Himmler-Projekt" von Romuald Karmakar
Die geheime Rede, die Heinrich Himmler am 4. Oktober 1943 im Goldenen Saal des Posener Schlosses vor dem Führungskorps der SS hielt, gehört zu den wichtigsten und schockierendsten Zeugnissen der nationalsozialistischen Geschichte. Es ist eines der wenigen Dokumente, in denen "einmal ganz offen" von der "Ausrottung des jüdischen Volkes" gesprochen wird, die "ein niemals geschriebenes und niemals zu schreibendes Ruhmesblatt unserer Geschichte" ist. Die kurze Stelle wird häufig zitiert, ebenso eine andere, in der der Reichsführer SS mit buchhalterischer Ungerührtheit die Lage im Osten beurteilt: "Ob
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bei dem Bau eines Panzergrabens zehntausend russische Weiber an Entkräftung umfallen oder nicht, interessiert mich nur soweit, als der Panzergraben für Deutschland fertig wird."
Der gesamte Wortlaut der etwa dreieinhalbstündigen Rede, die auf zwei Wachsschallplatten aufgezeichnet und erstmals 1947 im Dokumentenanhang der Nürnberger Prozessprotokolle veröffentlicht wurde, ist hingegen nur wenigen bekannt. Romuald Karmakar, ein deutscher Filmemacher mit geradezu obsessiver Vorliebe für Täterfiguren ("Der Totmacher"), ist bei seinen Recherchen für einen Film über einen SS-General auf die Rede gestoßen. Ihr Inhalt und ihre Sprache erschreckten und faszinierten den Regisseur dermaßen, dass er beschloss, sie in vollständiger Länge von einem Schauspieler vortragen zu lassen und diesen Vorgang aufzuzeichnen.
So entstand "Das Himmler-Projekt", ein einhunderteinundachtzigminütiger Film, der im Rahmen des Forums bei der Berlinale seine Uraufführung feierte. In dem Film geschieht nichts weiter, als dass der Schauspieler Manfred Zapatka Heinrich Himmler sein Gesicht und seine Stimme leiht. Zapatka steht dabei an einem schlichten Rednerpult in einem kleinen, engen Fernsehstudio, dessen Hintergrund schwarz verhangen ist. Er trägt keinen Kneifer und keine Totenköpfe auf schwarzen Kragenspiegeln, sondern ein gewöhnliches Sakko mit Hemd. Er rollt nicht bedrohlich das R, macht keine rhetorischen Kunstpausen und haut auch nicht mit der Faust auf das Pult. Nüchtern wie ein Nachrichtensprecher verliest Zapatka den Text. Wenn er sich verspricht, wartet er einen Moment und beginnt am Anfang des Absatzes nochmals von vorn. Es gibt keine Einspielungen aus dem Archiv, keine unheilvoll anschwellende Musik, kein anschließend tagendes Expertengremium. Alle Konzentration bündelt sich auf das sprechende Gesicht, das zumeist in Nahaufnahme zu sehen ist.
Auf diese Weise bekommt der Redefluss eine ganz eigenartige Suggestion. Man blickt in ein freundliches, bekanntes Schauspielergesicht, das die ungeheuerlichsten Dinge vorträgt. Die Techniken der Distanzierung, mit denen wir uns heute die brüllenden und wild gestikulierenden Naziführer vom Leibe halten, indem wir sie nur noch als albern und historisch unendlich entfernt empfinden, versagen angesichts der raffiniert einfachen Darstellungsform. Von Minute zu Minute wird man mehr in das bizarre Wahnsystem eines Mannes gezogen, dessen Rede ohne Übergang von kaltem Vollstreckerton zu exaltierter Schwärmerei wechselt, von nüchternem Konstatieren angehäufter Macht zu mystischer Blut- und Schicksalsgläubigkeit.
Während man geduldig und gespannt auf die bekannten Stellen wartet, die dann nur einen kleinen, fast versteckten Teil der Rede bilden, geraten andere Schwerpunkte ins Blickfeld. Denn im Unterschied zu den meisten anderen filmischen Beschäftigungen mit der Nazizeit wird man bei Karmakar auf Zusammenhänge gestoßen, die nicht schon jedes Schulkind parat hat. So setzt sich Himmler im ersten Teil mit auffälliger Gründlichkeit mit den russischen Kampferfolgen auseinander. Vor allem treibt ihn die Frage um, warum die in seinen Augen minderwertigen Slawen so widerstandsfähig sind. In der Figur des Kommissars, der mit der Pistole in der Hand seine Leute unerbittlich in die Stellungen jagt, glaubt er die Antwort gefunden zu haben. Nicht ohne Untertöne von Bewunderung berichtet er von der Härte, mit der die politischen Offiziere der Roten Armee durchgreifen. Stalin nennt er in einem Atemzug mit Attila und Dschingis Khan, der unverhohlene Respekt vor dem Gegner im Osten - im Unterschied zum "durch und durch korrumpierten Amerika" oder den gerade die Seiten wechselnden Italienern, "dem in Zukunft geschmähtesten Volk der Erde" - ist unüberhörbar und verweist auf unterschwellige Verwandtschaftsgefühle zum anderen totalitären System.
Im zweiten Teil der Rede entwirft Himmler in beträchtlicher Breite sein Idealbild des SS-Mannes. Angesichts des pädagogischen Aufwandes, den er dabei betreibt, scheint es mit der Realität so wenig zusammenzufallen wie der Endsiegglaube mit der tatsächlichen Frontlage. Himmler schwört seinen Orden mit religiöser Inbrunst auf ein Modell des neuen Menschen ein, aus dessen höherwertigem Blut sich ein besonderer moralischer Anspruch ergäbe. Treue, Bescheidenheit, Ehrlichkeit, Kameradschaft, Disziplin, Fleiß, Anständigkeit zeichnen den braven SS-Mann aus, der, statt in Berlin zu tanzen, lieber nachts Wache im Ural schiebt. Für so viel Entsagung darf er sich zur Führungselite des kommenden germanischen Großreiches zählen.
Als Betrachter von Karmakars Film ist man ständig selbst gezwungen, diesen Katalog von Sekundärtugenden zu den Verbrechen des Regimes in Beziehung zu setzen. Ansonsten käme man sich in manchen Augenblicken vor wie bei der Ansprache eines Fußballtrainers oder Firmenpatriarchen. Durch die Entkleidung von jeglicher Theatralität schafft es der Regisseur, die Himmler-Figur in beängstigende Nähe zur Gegenwart zu rücken.
Das unterscheidet diesen Film von der grassierenden Fernsehästhetik, die das Dritte Reich nur noch mit schnellen Schnitten, schmissiger Musik und einer unheilvollen Vermischung von dokumentarischen und fiktionalen Elementen erzählen zu können glaubt. Karmakar kann ohne Not auf all das verzichten. Er braucht nicht das authentische Schloss, die glänzenden Phantasieuniformen vorfahrender SS-Generäle und auch keine Himmler imitierende Schauspielerstimme. Er muss nicht auf die immer wieder gezeigten Bilder aus den Archiven zurückgreifen. Indem er allein auf die gespenstische Wirkung der Rede vertraut, enthüllt sein Film mehr über das Wesen der Epoche und eines ihrer wichtigsten Protagonisten als alle Hitler-und-Helfer-Staffeln des ZDF.
MATTHIAS EHLERT
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der gesamte Wortlaut der etwa dreieinhalbstündigen Rede, die auf zwei Wachsschallplatten aufgezeichnet und erstmals 1947 im Dokumentenanhang der Nürnberger Prozessprotokolle veröffentlicht wurde, ist hingegen nur wenigen bekannt. Romuald Karmakar, ein deutscher Filmemacher mit geradezu obsessiver Vorliebe für Täterfiguren ("Der Totmacher"), ist bei seinen Recherchen für einen Film über einen SS-General auf die Rede gestoßen. Ihr Inhalt und ihre Sprache erschreckten und faszinierten den Regisseur dermaßen, dass er beschloss, sie in vollständiger Länge von einem Schauspieler vortragen zu lassen und diesen Vorgang aufzuzeichnen.
So entstand "Das Himmler-Projekt", ein einhunderteinundachtzigminütiger Film, der im Rahmen des Forums bei der Berlinale seine Uraufführung feierte. In dem Film geschieht nichts weiter, als dass der Schauspieler Manfred Zapatka Heinrich Himmler sein Gesicht und seine Stimme leiht. Zapatka steht dabei an einem schlichten Rednerpult in einem kleinen, engen Fernsehstudio, dessen Hintergrund schwarz verhangen ist. Er trägt keinen Kneifer und keine Totenköpfe auf schwarzen Kragenspiegeln, sondern ein gewöhnliches Sakko mit Hemd. Er rollt nicht bedrohlich das R, macht keine rhetorischen Kunstpausen und haut auch nicht mit der Faust auf das Pult. Nüchtern wie ein Nachrichtensprecher verliest Zapatka den Text. Wenn er sich verspricht, wartet er einen Moment und beginnt am Anfang des Absatzes nochmals von vorn. Es gibt keine Einspielungen aus dem Archiv, keine unheilvoll anschwellende Musik, kein anschließend tagendes Expertengremium. Alle Konzentration bündelt sich auf das sprechende Gesicht, das zumeist in Nahaufnahme zu sehen ist.
Auf diese Weise bekommt der Redefluss eine ganz eigenartige Suggestion. Man blickt in ein freundliches, bekanntes Schauspielergesicht, das die ungeheuerlichsten Dinge vorträgt. Die Techniken der Distanzierung, mit denen wir uns heute die brüllenden und wild gestikulierenden Naziführer vom Leibe halten, indem wir sie nur noch als albern und historisch unendlich entfernt empfinden, versagen angesichts der raffiniert einfachen Darstellungsform. Von Minute zu Minute wird man mehr in das bizarre Wahnsystem eines Mannes gezogen, dessen Rede ohne Übergang von kaltem Vollstreckerton zu exaltierter Schwärmerei wechselt, von nüchternem Konstatieren angehäufter Macht zu mystischer Blut- und Schicksalsgläubigkeit.
Während man geduldig und gespannt auf die bekannten Stellen wartet, die dann nur einen kleinen, fast versteckten Teil der Rede bilden, geraten andere Schwerpunkte ins Blickfeld. Denn im Unterschied zu den meisten anderen filmischen Beschäftigungen mit der Nazizeit wird man bei Karmakar auf Zusammenhänge gestoßen, die nicht schon jedes Schulkind parat hat. So setzt sich Himmler im ersten Teil mit auffälliger Gründlichkeit mit den russischen Kampferfolgen auseinander. Vor allem treibt ihn die Frage um, warum die in seinen Augen minderwertigen Slawen so widerstandsfähig sind. In der Figur des Kommissars, der mit der Pistole in der Hand seine Leute unerbittlich in die Stellungen jagt, glaubt er die Antwort gefunden zu haben. Nicht ohne Untertöne von Bewunderung berichtet er von der Härte, mit der die politischen Offiziere der Roten Armee durchgreifen. Stalin nennt er in einem Atemzug mit Attila und Dschingis Khan, der unverhohlene Respekt vor dem Gegner im Osten - im Unterschied zum "durch und durch korrumpierten Amerika" oder den gerade die Seiten wechselnden Italienern, "dem in Zukunft geschmähtesten Volk der Erde" - ist unüberhörbar und verweist auf unterschwellige Verwandtschaftsgefühle zum anderen totalitären System.
Im zweiten Teil der Rede entwirft Himmler in beträchtlicher Breite sein Idealbild des SS-Mannes. Angesichts des pädagogischen Aufwandes, den er dabei betreibt, scheint es mit der Realität so wenig zusammenzufallen wie der Endsiegglaube mit der tatsächlichen Frontlage. Himmler schwört seinen Orden mit religiöser Inbrunst auf ein Modell des neuen Menschen ein, aus dessen höherwertigem Blut sich ein besonderer moralischer Anspruch ergäbe. Treue, Bescheidenheit, Ehrlichkeit, Kameradschaft, Disziplin, Fleiß, Anständigkeit zeichnen den braven SS-Mann aus, der, statt in Berlin zu tanzen, lieber nachts Wache im Ural schiebt. Für so viel Entsagung darf er sich zur Führungselite des kommenden germanischen Großreiches zählen.
Als Betrachter von Karmakars Film ist man ständig selbst gezwungen, diesen Katalog von Sekundärtugenden zu den Verbrechen des Regimes in Beziehung zu setzen. Ansonsten käme man sich in manchen Augenblicken vor wie bei der Ansprache eines Fußballtrainers oder Firmenpatriarchen. Durch die Entkleidung von jeglicher Theatralität schafft es der Regisseur, die Himmler-Figur in beängstigende Nähe zur Gegenwart zu rücken.
Das unterscheidet diesen Film von der grassierenden Fernsehästhetik, die das Dritte Reich nur noch mit schnellen Schnitten, schmissiger Musik und einer unheilvollen Vermischung von dokumentarischen und fiktionalen Elementen erzählen zu können glaubt. Karmakar kann ohne Not auf all das verzichten. Er braucht nicht das authentische Schloss, die glänzenden Phantasieuniformen vorfahrender SS-Generäle und auch keine Himmler imitierende Schauspielerstimme. Er muss nicht auf die immer wieder gezeigten Bilder aus den Archiven zurückgreifen. Indem er allein auf die gespenstische Wirkung der Rede vertraut, enthüllt sein Film mehr über das Wesen der Epoche und eines ihrer wichtigsten Protagonisten als alle Hitler-und-Helfer-Staffeln des ZDF.
MATTHIAS EHLERT
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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