amüsieren Sie sich." Ein schlauer Bürgermeister: Kinos haben keine Fenster, hier braucht man kein Klebeband.
Wir waren also sehr oft im Kino, weil wir uns dort sicher fühlen. Hätte auch Spaß machen können - wenn nur die Filme besser wären! Euphorische Besprechungen lockten einen in "The Hours", "About Schmidt", "Chicago" und "Gangs of New York". Filme, die entweder schlaff und formelhaft inszeniert, auf Tiefgang gequält sind oder Richard Gere singend und tanzend zeigen. Deswegen sahen wir uns heute einen Film an, der überall verrissen wird: Das Polizisten-Melodrama "Dark Blue" mit Kurt Russell und Ving Rhames. Ein Film, den die Kritiker hassen, kann so schlecht nicht sein. Wir waren jedenfalls zufrieden, auch wenn "Dark Blue" alles wiederkäut, was man in diesem Genre schon millionenfach gesehen hat.
Der Autor David Ayer hat einfach sein eigenes Drehbuch zu "Training Day" mit der Buchvorlage "Dark Blue" von James Ellroy verwurstet. Obwohl man nach zwei Einstellungen weiß, wie alles endet, hat dieser Film mehr Energie als alle Oscar-Kandidaten zusammen. Das ist vor allem Kurt Russell zu verdanken, der nach einigen verschenkten Jahrzehnten wohl doch noch eine Karriere als Qualitätsschauspieler starten will. Er ist ein verkommener, saufender Bulle, der seine jüngeren Kollegen in die kriminellen Methoden der Polizei von L. A. einführt. Man muß diesen Russell einfach liebhaben. Als sich seine Frau von ihm trennt, möchte er weinen. Doch er kann nicht. Das ist das Schlimmste, was einem harten Kerl wie diesem Polizisten passieren kann, wenn er spürt, daß der Zeitpunkt gekommen ist, Gefühle zu zeigen, er dazu aber nicht mehr in der Lage ist.
Der Film spielt 1992 während der Rodney-King-Riots, und es stört kein bißchen, daß ständig Autos des Baujahres 2002 durchs Bild fahren und man Häuser sieht, die vor elf Jahren noch nicht standen. Das Auge interessiert sich nur für das unfaßbar kaputte und abgefuckte Los Angeles. Tom Ridge, der Sicherheitsminister, sagte heute, "die Terroristen wollen unsere Wohngebiete in Schlachtfelder verwandeln". Dafür sind keine Terroristen nötig, das erledigen die Amerikaner schon selbst.
Lars Jensen
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