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Die Geschichte geht dann so: Jennifer Lopez, Kellnerin in einem Schnellrestaurant, heiratet den Baulöwen Billy Campbell, der sich bald nach der Geburt der gemeinsamen Tochter als Ehebrecher und Schläger entpuppt. Die Frau flieht mit dem Kind, der Mann läßt ihre Kreditkarten sperren und schickt seine Häscher hinter ihr her, aber Lopez ist Campbell immer eine halbe Nasenlänge voraus, bis ein Gerichtstermin sie dazu zwingt, sich zu stellen. Inzwischen von Experten zur Nahkämpferin (unser Bild) getrimmt, kann die Heldin den Bösen in dessen Luxusapartment überwältigen. Ankunft der Polizei. Abspann.
"Genug" ("Enough") wäre für die klassische Ideologiekritik ein gefundenes Fressen gewesen, denn der Film klagt scheinbar eine Welt an, in der das Geld über den Gesetzen steht, vergöttert diesen Zustand aber zugleich in der Gestalt von Lopez' Vater Jupiter (Fred Ward), der ihre rasende Flucht aus seiner Tasche finanziert. Aber es gibt keine klassische Ideologiekritik mehr, weil sich inzwischen selbst unter angehenden Ideologiekritikern herumgesprochen hat, daß nur noch Hollywood selbst an die Hollywoodideologien glaubt. Alle anderen gehen ins Kino, weil sie in einen Spiegel ihrer Wünsche, Träume und Befürchtungen blicken wollen, doch dieser Spiegel bleibt in "Genug" leider völlig blind. Die dramaturgischen Schrauben, Klammern und Nägel, mit denen der Drehbuchautor Nicholas Kazan diese absurde Geschichte zusammengezimmert hat, ragen an allen Ecken und Enden aus der Handlung hervor, so daß man sich manchmal fragt, ob man hier eigentlich die End- oder bloß die Rohfassung eines Films zu sehen bekommt. Nicht einmal Jennifer-Lopez-Fans kann man den Film empfehlen - all jene, die gern wieder einmal eineinhalb Kinostunden mit J-Lo verbringen möchten, sollten sich lieber die DVD zu Steven Soderberghs "Out of Sight" (1997) besorgen und bei Kerzenlicht genießen.
Wer sich nun aber fragt, warum ausgerechnet der Regisseur Michael Apted, ein Meister vertrackter Genrefilme ("Blink") und sensibler Kammerspiele ("Enigma"), sich vor dieses schreckliche Vehikel spannen ließ, hat die Spielregeln des Hollywoodgeschäfts nicht begriffen. Wer hier gelegentlich ein etwas persönlicheres Projekt realisieren will, muß alle paar Jahre wieder beweisen, daß er auch mit vollen Händen in die Kinopampe greifen kann. Das hat Michael Apted getan. Freuen wir uns also auf seinen nächsten Film.
ANDREAS KILB
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