wieder die Göttliche Liturgie gefeiert werden, Staat und Kirche rücken fast wie einst eng zusammen.
Russland lässt sich ohne Kenntnis der orthodoxen Kirche kaum verstehen. Doch trotz ihrer abendländischen Wurzeln bleibt diese für westliche Betrachter oft fremd und geheimnisvoll. Diese Barriere versucht Thomas Bremer, der in Münster Ostkirchenkunde lehrt, abzubauen. Er hat deshalb keine chronologische Geschichte geschrieben, sondern eher eine allgemeine Einführung in die russische Orthodoxie. Auf knappem Raum durchmisst er die mehr als tausend Jahre von der Christianisierung bis zu Putin. Zur Sprache kommen die Verwaltungsstrukturen und das Verhältnis zu Staat, Mönchtum und Theologie; es geht um Spiritualität und Ikonenfrömmigkeit, um die spannungsreiche Beziehung zum Westen und zur ökumenischen Bewegung.
Bremer zeigt auf, dass die traditionelle Staatsnähe der Kirche die Herausbildung einer loyalen Haltung auch zum Sowjetstaat begünstigte. Heute mache die russische Orthodoxie den Wandel von einer imperialen zu einer nationalen Religion durch. Wenn die Russen sich heute mehrheitlich als orthodox bezeichnen, dann sei dies Ausdruck einer kulturellen Identität und nicht eines religiösen Bekenntnisses. Bremers Buch ist als erste Information zum Thema unbedingt zu empfehlen.
WOLFRAM VON SCHELIHA.
Thomas Bremer: "Kreuz und Kreml". Kleine Geschichte der orthodoxen Kirche in Russland. Herder Verlag, Freiburg 2007. 256 S., geb., 19,90 [Euro].
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