Vergebens.
Zu den zentralen Figuren in der Auseinandersetzung gehörte der Gewerkschafter Jürgen Hinzer. Er ist die Hauptfigur eines Buches, das Claus-Jürgen Göpfert, ein früherer Redakteur der "Frankfurter Rundschau", unter dem Titel "Wer nicht hören will, wird bestreikt!" im VSA-Verlag herausgegeben hat. Hinzer hat Göpfert viele Arbeitskampf-Geschichten erzählt, die er als Funktionär der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) erlebt und in vielen Fällen mit organisiert hat.
Nach Frankfurt kam Hinzer im Sommer 1979. Im Auftrag der NGG sollte er in den dortigen Betrieben ein Netz von Vertrauensleuten aufbauen, was ihm besonders gut in der Henninger-Brauerei gelungen ist. Hier kam es 1980 während der Tarifverhandlungen zum ersten Mal nach dem Zweiten Weltkrieg zu Arbeitsniederlegungen in der Brauereibranche. Während dieses Tarifkonflikts organisierte Hinzer am 1.Oktober 1980 seinen ersten Streik. Er führte die Arbeiter, darunter viele besonders kämpferische spanische und italienische Kollegen, aus dem Betrieb heraus auf den Hainer Weg vor die Werkstore.
Die Belegschaft von Binding zog während dieses Arbeitskampfes allerdings nicht mit. Hinzer konnte sie nicht einmal aufzustacheln versuchen, denn gegen ihn hatte Binding ein Hausverbot verhängt. Er konnte das Brauerei-Gelände nicht betreten. Dennoch endete die Auseinandersetzung für die Beschäftigten der Branche erfolgreich: Die Gewerkschaft setzte einen durchaus ansehnlichen Tarifabschluss durch.
Der Autor Göpfert lässt in seinem Buch viele Streiks in der Nahrungsmittel- und Gaststättenbranche wiederaufleben. Mehr als zwei Dutzend. Darunter den Konflikt um Asbach in Rüdesheim im Rheingau von Mitte der Neunzigerjahre an. Die Belegschaft erzielte in den folgenden Jahren manchen Erfolg, konnte aber die langsame Auszehrung des Weinbrand-Unternehmens nicht verhindern.
Heute besteht die Traditionsmarke Asbach immer noch, doch das Unternehmen ist mittlerweile eine Tochtergesellschaft des früheren Konkurrenzunternehmens Underberg. In Rüdesheim wird zwar immer noch der Weinbrand gebrannt, aber die Abfüllung, die Vermarktung und der Vertrieb sind größtenteils ausgelagert. Geblieben ist das für die Touristenstadt nicht unwichtige Asbach-Besucherzentrum mit einer kleinen Schau-Destillerie.
Man merkt bei der Lektüre des Buches, wie rasend schnell sich die Produktionsbedingungen und die Marktlage in der Nahrungsmittelbranche und im Gastgewerbe verändert haben und wie häufig diese Veränderungen mit Arbeitskonflikten verbunden waren.
Beim Caterer Eurest kam es 1984 zum Streik: Am Frankfurter Flughafen legten viele Mitarbeiter die Arbeit nieder, um den Kampf der IG Metall für eine 35-Stunden-Woche zu unterstützen. Bei Hassia und anderen Mineralbrunnen gab es 1987 Warnstreiks. Hassia wollte sich nicht dem Tarifabschluss anschließen, sondern zwei Mark darunter bleiben - der Arbeitskampf drehte sich also im zwei Mark im Monat, so unglaublich das heute klingen mag. 2007 mussten die Verteidigungsminister der Europäischen Union bei einem Treffen in Wiesbaden die Betten in ihrem Hotel selber machen, weil die Beschäftigten für höhere Löhne streikten. In Frankfurt protestierten 2011 Mitarbeiter des Steak-Restaurants Maredo unter der Parole "Fette Steaks und magere Löhne" auf der Zeil.
An den meisten dieser Arbeitskämpfe war der Gewerkschafter Hinzer beteiligt. Und der Autor Göpfert steht mit seinen Erzählungen solidarisch an seiner Seite. HANS RIEBSAMEN
Claus-Jürgen Göpfert: "Wer nicht hören will, wird bestreikt! Jürgen Hinzers Arbeitskampfgeschichten in der Gewerkschaft NGG seit 1979", VSA-Verlag, 16,80 Euro
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