Kind, das auch beim neuerlichen Wechsel seines Zuhauses aus den bedrückenden Verhältnissen nicht herauskommt.
Micke wird er jetzt genannt, und tatsächlich gelingt ihm der Sprung in die Oberschule und in eine Jungengemeinschaft, die ihn nicht nur wegen seiner guten Zensuren anerkennt. Im Sommercamp lernt er sogar ein fast ideales Zusammenleben unter Gleichaltrigen kennen: wenige Gesetze, die unbedingt zu respektieren sind, und jede Menge Freiheit. Mit seinem besten Freund nagelt er eine Gedenktafel an einen Baum: "Im Sommer 1952 saßen hier die Freunde Micke und Bigg und dachten."
Das Denken ist das Wichtigste für Micke. In Gedanken kann er sich zurückfühlen zu seiner ersten Liebe Ylva, die gestorben ist, oder zu Sanna, dem wunderschönen Mädchen aus der Nachbarschaft, die fast unerreichbar geworden ist. Und manchmal taucht auch das Bild seiner Mutter auf oder das der Pflegemutter Gerda, die vergeblich darum kämpft, daß Micke bei ihr bleiben kann, nachdem ihr Mann sie verlassen hat. Denken, das ist für Micke auch, seine Sehnsucht in Worte zu fassen: Gedichte, die er in sein Tagebuch schreibt. Und Gedanken sind es, die ihn befreien von dem Unglück, das ihn zu verfolgen scheint. Schließlich: mit seinen Gedanken und ausgedachten Geschichten gewinnt er auch die Zuneigung anderer, die er so dringend braucht. Er erfindet sich eine andere Wirklichkeit, schillernd wie der Regenbogen.
Peter Pohl versteht es, die innere Entwicklung seines Micke bis in feinste Verästelungen in einer wunderbar reichen Sprache zu beschreiben. Man könnte an eine Fallstudie denken, wären da nicht diese poetischen Bilder, die uns die Augen öffnen für dieses besondere Kind, das trotz aller Widrigkeiten die Hoffnung nicht aufgibt.
Ein Buch, das den Leser fordert und zugleich beschenkt. MARIA FRISÉ Peter Pohl: "Während der Regenbogen verblaßt". A. d. Schwedischen v. Birgitta Kicherer. Hanser Verlag, München 1995. 352 S., geb., 29,80 DM. Ab 14 J.
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