unterscheiden nicht zwischen der imaginären Biographie des menschenfressenden Ungeheuers, der Homepage einer "Celtic-Folk-Metal-Band" gleichen Namens aus Aschaffenburg oder dem Online-Angebot des Geldbörsenanbieters minotaurus.com mit Sitz im italienischen Padua.
Um eine intelligentere Suche in großen Datenmengen zu ermöglichen, wurde deshalb im Herbst 1999 der von amerikanischen Wissenschaftlern entwickelte ISO-Standard 13250 zu sogenannten Topic Maps (TM) verabschiedet, der das Internet, aber auch den Bereich des sogenannten Knowledge Management oder den Aufbau von Multimedia-Enzyklopädien samt ihrer Glossare, Medien und Querverweise revolutionieren könnte: Gewaltige, redaktionell und automatisch zu erzeugende Wissensnetze, die mit Hilfe von Filtern und Verknüpfungen unterschiedlichste Datenquellen (Texte, Fotos, Videos et cetera) zu verwandten Themen ("Topics") - Dinge wie "Ariadne", "Theseus" oder "Minotaurus" - sinnvoll zueinander in Beziehung setzen: der Blick eines Kartographen von oben direkt ins Labyrinth.
Durch die assoziative Architektur der Topic Map sind komplexe Abfragen möglich. Welcher französische Künstler der Moderne hat sich vom Minotaurus-Motiv inspirieren lassen? Das kriegt die Suchmaschine selbst dann heraus, wenn die gesuchte Information im Datenträger gar nicht gespeichert ist. Durch die Unterscheidung von eindeutigem "Basisnamen" (etwa "Minotaurus") und möglichen angezeigten Namen ("Minotaur", "Minotauros") sind selbst unterschiedliche Schreibweisen und nationalsprachige Benennungen bei der Suche nicht mehr hinderlich. Sollte sich die Menschheit also jemals auf eine einheitliche Topic-Map-Struktur einigen, könnte das Wissen der Welt mit Ariadnefäden verbunden werden, die jeder Erdenbürger unabhängig von seiner Landessprache verstehen kann. Das Internet würde so den Knoten babylonischer Sprachverwirrung lösen.
Nun haben Thomas Mück und sein Kollege am Wiener Institut für Informatik und Wirtschaftsinformatik, Richard Widhalm, die erste umfassende Darstellung zu Topic Maps im deutschsprachigen Raum vorgelegt. Die einleitenden Kapitel sind selbst für interessierte Laien verständlich. In den teils überaus komplexen weiterführenden Ausführungen zu HyTime Standards, TM-Engines, Abfragesprachen, Pseudocodes und XTM mit ihren oft seitenlangen XML-codierten Anwendungsbeispielen - schon eine simple Topic-Map-Darstellung zu einem siebzehnzeiligen Rezept erstreckt sich über elf Druckseiten - werden sich allerdings nur erfahrene Programmier-Experten nicht verirren.
THOMAS KÖSTER
Richard Widhalm und Thomas Mück: "Topic Maps". Semantische Suche im Internet. Springer Verlag, Heidelberg 2002. 450 S., geb., 44,95 [Euro].
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