Weltstadt London um 1950. Hier, im Künstlerstadtteil Bloomsbury, trafen sich damals einige ehrgeizige junge Leute, von denen manche, wie der Schauspieler Peter O'Toole oder der junge Dichter in der Nachbarwohnung, später weltberühmt werden sollten. Downer, ein junger Absolvent der Kunstakademie, wollte Designer werden. Um seine spätere Frau von seiner Eignung als Ehemann und Familienvater zu überzeugen, dachte er sich eine Geschichte für ein Kinderbuch aus. In einer Wohnung, die eine Modernisierung dringend nötig gehabt hätte, erfand er eine Figur, der die Modernisierung die Existenz geraubt hatte. Downer zeichnete die Illustrationen, mit Bleistift, Tusche und Wasserfarben, und sein Nachbar, der Dichter, erbot sich, ein paar Verse beizusteuern.
Und weil Dichtern manchmal was dazwischenkommt, hat Jim Downer seine Zeichnungen von Timmy dem Schlepper nie zurückbekommen. Wendy hat ihn auch so geheiratet. Zeichner und Dichter verloren sich aus den Augen.
Erst ein halbes Jahrhundert später zeigt der Nachlass des Dichters, dass er Wort gehalten hatte: 34 Strophen hat Ted Hughes, Englands Poet Laureate, über ein kleines Dampfboot in der Lebenskrise verfasst. Timmy, den noch altmodische Schaufeln statt flotter Schrauben antreiben, will nicht zum alten Eisen gehören. Er reißt sich los von Tau und Hafenmauer, irrt ziellos umher und rettet schließlich ein stolzes Segelschiff, das in Seenot geraten war. Man weiß nicht, warum Ted Hughes, der neben seinem lyrischen Werk etwa zwanzig Kinderbücher verfasst hat, seinem früheren Freund und Nachbarn die Originalzeichnungen mit den fertigen Versen nie zeigte. Ob er Timmy einfach vergessen hatte? Oder die eigenen Verse und Jims Zeichnungen im englischen Nachkriegsstil irgendwann für überholt hielt und zum alten Eisen zählte? Jetzt hat sich der Schlepper noch einmal losgerissen. Er wird noch lange in den Kinderzimmern unterwegs sein.
Jim Downer, Ted Hughes: "Timmy der Schlepper". Faksimile der Originalausgabe mit einem Nachwort des Illustrators. Aus dem Englischen von Uwe-Michael Gutzschhahn. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2010. 44 S., geb., 18,90 [Euro]. Ab 5 J.
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