Zuweilen jedoch fühlt sie sich, als sähe sie die Welt zum erstenmal; sie scheint in dem "Unbekannten Südland", wie die Kartografen des Mittelalters den Kontinent nannten, eine "tabula rasa" gefunden zu haben. "Jeder von uns hat seinen eigenen Weißen Fleck", zitiert sie den Polarforscher Ernest Shackleton. Damit meinte er die inneren Landschaften, das fremdeste Land, das immer in uns selbst liegen wird. Sara Wheeler erlebt die Antarktis nicht so einsam wie die ersten Forscher. Immerhin zweihundert Wissenschaftsstationen werden auf dem Kontinent, der größer ist als Australien, aber niemandem gehört, unterhalten. Von ihnen besucht sie etliche, teilt den betriebsamen Alltag von Geomorphologen, Atmosphärenwissenschaftlern, Vulkanologen, Biologen, Geophysikern, Astronomen und Geographen. Dennoch verbringt sie auch etliche Wochen in einer einsamen Hütte auf dem gefrorenen Meer, wo die schmerzhafte Schönheit der antarktischen Landschaft umso intensiver spürbar ist und wo es ihr gemeinsam mit einer Malerin gelingt, die Antarktis "den Klauen der Wissenschaft zu entreißen". Das Buch ist nicht nur die Beschreibung dieser Reisen, es erzählt auch die Geschichte der Erforschung des Kontinents und vermittelt etwas von der Symbolkraft, die er auf Männer wie Shackleton, Scott oder Amundsen ausübte. Auch wenn der Pol selbst nicht mehr ist als "ein großartiges Nichts, eine geographische Wüste". (wil)
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