
Broschiertes Buch
Technikphilosophie
Von der Antike bis zur Gegenwart
Mitarbeit: Fischer, Peter
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Nicht lieferbar
Produktdetails
- Reclam Bibliothek Bd.1566
- Verlag: Reclam, Leipzig
- 1996.
- Deutsch
- Abmessung: 185mm
- Gewicht: 260g
- ISBN-13: 9783379015660
- ISBN-10: 3379015660
- Artikelnr.: 06467634
Herstellerkennzeichnung
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Lob des Löffelschnitzens
Peter Fischers Anthologie der Technikphilosophie beginnt bei A wie Aristoteles
"Flugzeug und Rundfunkgerät", so hat Heidegger bereits in den dreißiger Jahren einmal bemerkt, "gehören heute zu den nächsten Dingen." Aber wie könnte oder sollte das Denken über sie aussehen? Daß Technik unseren Alltag prägt, ist längst zum Gemeinplatz geworden. Was jedoch Technikphilosophie sein und leisten mag, scheint durchaus noch eine offene Frage. Je nachdem, wie man sie beantwortet, tritt außerdem ein anderer Anfang in den Blick. Wer hat als erster das Wesen der Technik bedacht?
Folgt man einem weiten Begriff von Technikphilosophie, kann man wie immer bis weit in die Antike zurückgehen, zu
Peter Fischers Anthologie der Technikphilosophie beginnt bei A wie Aristoteles
"Flugzeug und Rundfunkgerät", so hat Heidegger bereits in den dreißiger Jahren einmal bemerkt, "gehören heute zu den nächsten Dingen." Aber wie könnte oder sollte das Denken über sie aussehen? Daß Technik unseren Alltag prägt, ist längst zum Gemeinplatz geworden. Was jedoch Technikphilosophie sein und leisten mag, scheint durchaus noch eine offene Frage. Je nachdem, wie man sie beantwortet, tritt außerdem ein anderer Anfang in den Blick. Wer hat als erster das Wesen der Technik bedacht?
Folgt man einem weiten Begriff von Technikphilosophie, kann man wie immer bis weit in die Antike zurückgehen, zu
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Platon, ja zu den Vorsokratikern. Die Anthologie von dreizehn klassischen Texten, die Peter Fischer jetzt zusammen mit einem eigenen langen Beitrag zur "Genealogie der Technikphilosophie" herausgegeben hat, eröffnet ihren Reigen mit Auszügen aus der "Nikomachischen Ethik" und aus der "Politik" von Aristoteles. Legt man dagegen strengere Maßstäbe an, ist nicht schon ein jeder Technikphilosoph, der irgendwie von Technik handelt. Vielmehr postuliert Fischer: "Technikphilosoph im starken Sinn ist nicht schlechthin, wer fragt, was ist Technik, sondern wer antwortet: Das Wesen des Menschen ist es, Techniker zu sein. Die Technik würde damit zur Zentralkategorie des Philosophierens und zum übergreifenden Paradigma der Selbstbestimmung des Menschen und seiner Stellung in der Welt."
Vom Menschen als tool-making animal hat in diesem Sinn bereits Benjamin Franklin gesprochen: Der Mensch ist das Tier, das sich Werkzeuge macht. Lange vor Franklin gab es indessen schon Nikolaus von Kues (1401 bis 1464), der dem Löffelschnitzen den Vorrang gab vor der Bildhauerei. Im Anschluß an Blumenberg (und seinen Aufsatz über die "Nachahmung der Natur" von 1956) spricht deshalb auch Fischer ihm, dem Cusaner, das Verdienst zu, der erste aller Technikphilosophen im strengen Sinn gewesen zu sein. Die Schrift, mit der er demgemäß - wenn auch wiederum nur in Auszügen - in dem Sammelband vertreten ist, heißt "Der Laie über den Geist" ("Idiota de sapientia").
Ebender hier angesprochene Laie trifft also auf durchaus unerwartete Texte. Daß ein Abschnitt aus Francis Bacons "Nova Atlantis" aufgenommen wurde; daß August Koelle vertreten ist, der 1822 ein "System der Technik" vorgelegt hat; daß Marx, Dessauer, Cassirer, Gehlen und Freyer zu Wort kommen - all das überrascht wenig. Aber daneben finden sich Vico mit Überlegungen zum "Wesen und Weg der geistigen Bildung", Fontenelle mit seiner Lobrede auf den "Nutzen der Mathematik und der Naturwissenschaften", besagter Nikolaus von Kues und sogar Meister Eckart, der Mystiker des Mittelalters, mit einer Auslegung der Stelle bei Lukas 10, 38-42. Wo vordem alles handwerkliche Tun als minderwertig galt, sieht man Meister Eckart hier entschieden Partei ergreifen für die Gleichstellung von körperlicher Tätigkeit und Kontemplation: "Da ist ein weltlich Wirken genau so förderlich wie irgendwelches sich in Gott versenken . . ."
Ist damit, soweit man in die Technik sich versenken will, das Spektrum der bisherigen Betrachtungsweisen erschöpft? Ja und nein. Natürlich bleiben Lücken unvermeidlich. Problematisch sind darum weniger Desiderate wie das, daß ausgerechnet Ernst Kapp, der erstmals ausdrücklich von einer "Philosophie der Technik" (1877) sprach, nicht aufgenommen ist. Dabei hat gerade er für sein gleichnamiges Buch zur "Entstehungsgeschichte der Cultur aus neuen Gesichtspunkten" das Motto gewählt: "Die ganze Menschengeschichte, genau geprüft, löst sich zuletzt in die Geschichte der Erfindung besserer Werkzeuge auf" - und dieses Motto, beim Wort genommen, läßt deutlich werden, welche andere Art von Unvollständigkeit die Qualität dieser Textsammlung beeinträchtigt. Bei aller unumgänglichen Lückenhaftigkeit mag sie als repräsentativ gelten können für das Nachdenken über Technik - eben: als Werkzeug. Und solange alle Technik sich exemplarisch unter die Erfindung des Rades subsumieren ließ, mag solche Technikphilosophie ihr auch angemessen gewesen sein. Aber gilt das noch für die inzwischen vorrangig gewordene Informationstechnologie?
Diese jedenfalls wird von Fischers Textauswahl nur noch am Rande gestreift. Das macht den Band durchaus sympathisch, als eine Art Kontrapunkt im ohnehin schon überlaut gewordenen Konzert fortwährender Neuerscheinungen über die "Neuen Medien". Aber seine Aktualität (wie sie der Untertitel gleichwohl in Aussicht stellt) verringerte sich ebendadurch doch auch. Das Flugzeug und, wie Heidegger sagte, das Rundfunkgerät prägen die heutige Welt. Ja mehr noch, wie jede längere Zugfahrt lehrt: Die derzeit auffällig nächsten Dinge sind der tragbare Computer, auch Notebook genannt, und das mobile Telefon oder Handy. BERNHARD DOTZLER
Peter Fischer (Hrsg.): "Technikphilosophie". Von der Antike bis zur Gegenwart. Reclam Verlag, Leipzig 1996. 344 S., br., 28,- DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Vom Menschen als tool-making animal hat in diesem Sinn bereits Benjamin Franklin gesprochen: Der Mensch ist das Tier, das sich Werkzeuge macht. Lange vor Franklin gab es indessen schon Nikolaus von Kues (1401 bis 1464), der dem Löffelschnitzen den Vorrang gab vor der Bildhauerei. Im Anschluß an Blumenberg (und seinen Aufsatz über die "Nachahmung der Natur" von 1956) spricht deshalb auch Fischer ihm, dem Cusaner, das Verdienst zu, der erste aller Technikphilosophen im strengen Sinn gewesen zu sein. Die Schrift, mit der er demgemäß - wenn auch wiederum nur in Auszügen - in dem Sammelband vertreten ist, heißt "Der Laie über den Geist" ("Idiota de sapientia").
Ebender hier angesprochene Laie trifft also auf durchaus unerwartete Texte. Daß ein Abschnitt aus Francis Bacons "Nova Atlantis" aufgenommen wurde; daß August Koelle vertreten ist, der 1822 ein "System der Technik" vorgelegt hat; daß Marx, Dessauer, Cassirer, Gehlen und Freyer zu Wort kommen - all das überrascht wenig. Aber daneben finden sich Vico mit Überlegungen zum "Wesen und Weg der geistigen Bildung", Fontenelle mit seiner Lobrede auf den "Nutzen der Mathematik und der Naturwissenschaften", besagter Nikolaus von Kues und sogar Meister Eckart, der Mystiker des Mittelalters, mit einer Auslegung der Stelle bei Lukas 10, 38-42. Wo vordem alles handwerkliche Tun als minderwertig galt, sieht man Meister Eckart hier entschieden Partei ergreifen für die Gleichstellung von körperlicher Tätigkeit und Kontemplation: "Da ist ein weltlich Wirken genau so förderlich wie irgendwelches sich in Gott versenken . . ."
Ist damit, soweit man in die Technik sich versenken will, das Spektrum der bisherigen Betrachtungsweisen erschöpft? Ja und nein. Natürlich bleiben Lücken unvermeidlich. Problematisch sind darum weniger Desiderate wie das, daß ausgerechnet Ernst Kapp, der erstmals ausdrücklich von einer "Philosophie der Technik" (1877) sprach, nicht aufgenommen ist. Dabei hat gerade er für sein gleichnamiges Buch zur "Entstehungsgeschichte der Cultur aus neuen Gesichtspunkten" das Motto gewählt: "Die ganze Menschengeschichte, genau geprüft, löst sich zuletzt in die Geschichte der Erfindung besserer Werkzeuge auf" - und dieses Motto, beim Wort genommen, läßt deutlich werden, welche andere Art von Unvollständigkeit die Qualität dieser Textsammlung beeinträchtigt. Bei aller unumgänglichen Lückenhaftigkeit mag sie als repräsentativ gelten können für das Nachdenken über Technik - eben: als Werkzeug. Und solange alle Technik sich exemplarisch unter die Erfindung des Rades subsumieren ließ, mag solche Technikphilosophie ihr auch angemessen gewesen sein. Aber gilt das noch für die inzwischen vorrangig gewordene Informationstechnologie?
Diese jedenfalls wird von Fischers Textauswahl nur noch am Rande gestreift. Das macht den Band durchaus sympathisch, als eine Art Kontrapunkt im ohnehin schon überlaut gewordenen Konzert fortwährender Neuerscheinungen über die "Neuen Medien". Aber seine Aktualität (wie sie der Untertitel gleichwohl in Aussicht stellt) verringerte sich ebendadurch doch auch. Das Flugzeug und, wie Heidegger sagte, das Rundfunkgerät prägen die heutige Welt. Ja mehr noch, wie jede längere Zugfahrt lehrt: Die derzeit auffällig nächsten Dinge sind der tragbare Computer, auch Notebook genannt, und das mobile Telefon oder Handy. BERNHARD DOTZLER
Peter Fischer (Hrsg.): "Technikphilosophie". Von der Antike bis zur Gegenwart. Reclam Verlag, Leipzig 1996. 344 S., br., 28,- DM.
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Wie eine Wunderkammer wirkt dieses kleine graue Buch - weil es die gängigsten Vorstellungen auf den Kopf stellt, die sich einfinden beim spröden Titel-Stichwort "Technikphilosophie, von der Antike bis zur Gegenwart". In dem von Peter Fischer betreuten Band führt das "Philosophieren über Technik" jedenfalls schnell weiter zu den Fragen nach Lebenssinn und Lebenskunst. Süddeutsche Zeitung
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