verfügbaren Literatur bedürfte es zu einer Symbolik der Pflanzen fürs erste nur getreulicher Abschreibarbeit. Die Betonung liegt auf "getreulich": Die Autorin, um nur zwei Beispiele zu nennen, erfindet sich ihre (auf Anhieb als absurd zu erkennende) Löwenzahn-Symbolik einfach selbst und erwähnt die überlieferte mit keinem Wort; bei der Mimose ignoriert sie die geläufige Symbolbedeutung von "Empfindsamkeit" - und erklärt zudem (in der Absicht, die nomenklatorischen Wirren um diese Pflanze zu beenden) just den falschen umgangssprachlichen Gebrauch zum "botanisch richtigen". Zu solchen Unverläßlichkeiten gesellen sich etliche schwerwiegende (und ein paar weniger schlimme) botanische Irrtümer.
Jenseits von Botanik und Symbolik enthält das Buch, in eher beliebiger Auswahl, eine Fülle von Mitteilungen über Heilkraft, Nutzbarkeit, weltwirtschaftliche Bedeutung, Winterhärte und Bodenansprüche der Pflanzen - lexikalische Häppchen, die allzuoft nicht das mindeste mit der Symbolbedeutung der Pflanze zu tun haben.
Am besten nimmt man das Buch nicht als "Symbolgeschichte der Pflanzen" (was der Klappentext uns einreden will), sondern als ein manchmal kurzweiliges Plauderbuch mit vermischten Nachrichten über hundert Pflanzen. Dann braucht man sich auch nicht darüber zu grämen, daß man über die symbolische Bedeutung des Kürbis in China und Japan viel erfährt, nichts aber darüber, warum der Kürbis im christlichen Kulturkreis das Attribut der Pilger und ihres Schutzheiligen Raphael war . . . (Er war es - um wenigstens dies nachzutragen -, weil sein kurzes und schnelles Leben als Symbol der irdischen Pilgerfahrt des Menschen galt). JÜRGEN DAHL
Marianne Beuchert: "Symbolik der Pflanzen". Von Akelei bis Zypresse. Mit Aquarellen von Maria-Therese Tietmeyer. Insel Verlag, Frankfurt am Main/Leipzig 1995. 391 S., Abb., geb., 64,- DM.
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