aus und überliefert auch noch die Ereignisse aus der ehemaligen "Hauptstadt der DDR". Womit man also hier zu rechnen hat. Auch Grass kommt vor, wenngleich nur an einer Stelle, nämlich mit seinem Fonty/Fontane-Roman, der ja seinerseits mit der Geschichte des Gebäudekomplexes an der Leipziger Straße 5-7, der Treuhandanstalt seiner Erzählergegenwart im ehemaligen "Haus der Ministerien", vormals "Reichsluftfahrtministerium", ein ähnliches Erzählprinzip verfolgte. Fünfundsechzig Jahre lang war Theodor Fontane Berliner, mehr als zwanzig Umzüge hat er hier gemacht und überlebt, zehn seiner Romane und Erzählungen sind ganz oder teilweise hier angesiedelt. Doch weniger den Schauplätzen als seinen Lebensabschnitten folgen die Routen, und das bedingt, dass man sich stets in der Mitte, also im Osten, bewegt. Ein Werkregister hätte dem Buch gutgetan und ein gezieltes Suchen ermöglicht, wo man hier von Schritt zu Schritt Zufallsbekanntschaften macht. Das wiederum macht aber den Reiz des Buches aus, weil man immer wieder überrascht wird. Mit von Fall zu Fall, nämlich von Haus zu Haus, extemporierten Exkursen wird Feyerabends kluges Buch buchstäblich ein Vademecum der deutschen Aufklärung - und ihrer Dialektik über zwei Jahrhunderte hinweg.
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"Spaziergänge durch Fontanes Berlin" von Wolfgang Feyerabend. Arche Literatur Verlag, Zürich 2008. 177 Seiten, zahlreiche Abbildungen und Karten. Broschiert, 14,80 Euro.
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