Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Volker Hagedorn macht uns mit einem hierzulande Unbekannten bekannt: dem Musikkritiker Hector Berlioz, der aufgrund seiner witzigen, zornigen, in jedem Fall immer engagierten und brillanten Texte zu Lebzeiten als Kritiker einen höheren Bekanntheitsgrad hatte denn als Komponist. Erst bei Shaw und Hanslik wurde Musikkritik wieder so witzig und scharfsinnig, schwärmt Hagedorn; Berlioz habe einfach einen ungeheuren Enthusiasmus, ja beinahe eine religiöse Verehrung für die Musik mitgebracht, die aber vor gnadenloser Verdammung dessen nicht zurückscheute, was Berlioz nicht leiden konnte: beispielsweise virtuose Showeffekte, lässt uns der Rezensent wissen. Berlioz schrieb nicht nur Kritiken, er war ein Beobachter des gesamten Pariser Musiklebens, das er in Feuilletons aufspießte; legendär, so Hagedorn, waren Berlioz' "Orchester-Abende", eine Art Sittenbild des Musikerstands, von den leider nur sieben der 25 Kapitel in dieser Auswahl enthalten seien. Wenn überhaupt etwas an dieser Ausgabe zu kritisieren ist, meint Hagedorn, dann nur der schmale Umfang, da auch zu Berlioz' 200. Geburtstag im kommenden Jahr keine größere Ausgabe oder gar eine Wiederauflage seiner Memoiren geplant sei.
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