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Sachsen
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Auszug aus der Reportage "Ein Sachse kehrt heim" von Emanuel Gronostay:
Als der kleine Mario mit schlechtem Gewissen um die Hausecke schlich - es war schon dunkel und außerdem Krieg und Mama hatte gesagt, er solle früh nach Hause kommen - da ahnte er noch nicht, dass er einmal Terence Hill sein würde.
Seine Mama ahnte natürlich auch nicht, dass ihr Sohn einmal Terence Hill sein würde. Was sie aber wusste damals, im Februar 1945, das war, dass sie aus Sachsen abhauen würde, und zwar bald. Dresden war in eine Trümmerwüste verwandelt, die Rote Armee war im Anmarsch, die Russen würden gewiss auch Lommatzsch finden und auch das Haus Döbelner Straße 40.
"Es ist unglaublich", sagt Terence Hill, "die Zeit scheint hier stehen geblieben zu sein. Ich sehe mich noch heranschleichen und am Fenster in der ersten Etage meine Mutter. Und hier dieses Eisentor. So etwas gab es früher an fast jeder Einfahrt. Dieses Tor hier ist völlig unverändert. Es lässt sich so schön in Schwung bringen. Wir Kinder standen auf der unteren Stange und sausten stundenlang hin und her. Die Nachbarn müssen tolerante Leute gewesen sein. Nie hat jemand geschimpft, obwohl das Tor ganz schön gequietscht hat."
Auf der anderen Straßenseite hat sich eine Menschentraube gebildet. Ein Mädchen ruft: "Hallo, Terence!" Terence Hill winkt hinüber. Klaus-Dietrich Hirsch, der Bürgermeister von Lommatzsch, lächelt: "Der Terence ist sehr populär hier." "Ja", sagt Terence Hill, "ich fühle mich auch zu Hause hier."
Terence Hill, Kino-Weltstar, Residenz in Santa Fe, New Mexico, 1998 in der Döbelner Straße in Lommatzsch. Noch Fragen? Aber ja, jede Menge. Vor allem diese: Was hat der kleine Mario aus dem Jahre 1945 mit dem großen Terence aus dem Jahre 1998 zu tun?
Venedig, 29. März 1941. Massimo Girotti und seine deutsche (sächsische) Ehefrau Hilde Thieme geben die Geburt ihres Sohnes Mario bekannt. Zwei Jahre später wird Massimo, ein italienischer Chemiker, zu den Schering-Werken nach Dresden versetzt. Das trifft sich ja gut, meint Hilde. Ihre Eltern wohnen in Lommatzsch, 30 Kilometer von Dresden entfernt. Dorthin zieht sie mit dem kleinen Mario, um ihrem Mann nahe zu sein. Wogende Felder und blühende Au'n,
duftige Wiesen ringsum nur zu schau'n, Lommatzscher Pflege, gesegnetes Land -
Kornkammer Sachsens, mit Recht so genannt. (Aus einem Lied von Fritz Einbock, 1897)
In diesem Idyll hätte man den Krieg glatt vergessen können, wenn da nicht die nächtlichen Flüge der alliierten Bomberverbände gewesen wären. Von der Trauer und Verzweiflung in den Nachbarhäusern, in denen die Botschaften vom "Heldentod" gefallener Söhne eintrafen, bekam Mario ohnehin nichts mit. Aber an eine Nacht kann er sich doch erinnern, an die Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945: Da war der Himmel im Osten ganz hell, die Mutter sagte: blutrot. Grelle Blitze - der Widerschein der Explosionen von Tausenden von Bomben - wurden begleitet von einem schrecklichen, dumpfen Grollen, das aus der Tiefe der Erde zu kommen schien. Die Zerstörung Dresdens. Die Sorge um den Vater, der ja drinsteckte in dieser Hölle, währte zwei Tage. Dann traf Papa Massimo zu Fuß in Lommatzsch ein.
Die Stationen der Flucht nach Westen, nach Italien, haben sich dem damals vierjährigen Mario nicht eingeprägt. Nur an ein Lager in Mittenwald kann er sich erinnern. Jahrzehnte später werden die Tage der Wanderschaft durch Sachsen auf eine rührende Art wieder lebendig; später wird darüber zu berichten sein.
Jetzt aber erst einmal Familienleben in Rom. Schule. So normal, wie diese Nachkriegsjahre sein konnten. Pier Paolo Pasolini hat sie, unter anderem in "Ragazzi di Vita", meisterhaft beschrieben. In diese Normalität platzte die Katastrophe: 1956 starb die Mutter. Ihre Heimatstadt Lommatzsch hatte sie nie wieder gesehen. Mit dem Tod der Mutter schien ein Schleier über Mario - damals 15 - zu fallen. Die Jugend war für immer dahin und unter dem Schleier versteckte sich etwas, was uns an den Orson-Welles-Film "Citizen Kane" erinnert: Rosebud. Marios "Rosebud" war Lommatzsch. "In der Erinnerung an die Döbelner Straße und an die Geborgenheit bei den Großeltern lebte meine Mutter weiter", sagt Terence Hill heute.
Dieser Mann - endlich müssen wir ja mal mit der Information rausrücken - existiert erst seit 1967. Für die Produktion des Films "Gott vergibt, wir beide nie" (zum ersten Mal ist Bud Spencer sein Partner) muss Mario Girotti sich amerikanisieren. Er macht das spontan, aus der Stimmung eines Augenblicks heraus: An den Titel seines Lateinbuchs, Terenzio, hängt er den Familiennamen seiner Frau, Lori Hill. Vorher hatte er sich deutschen Karl-May-Fans als Mario Girotti durchaus schon eingeprägt: Das war jener hübsche junge Mann mit den strahlend blauen Augen, der sich - zum Beispiel - in dem Western "Der Ölprinz" in die Tochter des Kantors August Hampel (Heinz Erhardt!) verliebt. Wie das Leben so spielt: Was da tief unter dem Schleier der Verdrängung schlummerte, Rosebud-Lommatzsch, war dank Karl May schon ein wenig wach geworden. Denn der fantasiereichste Abenteuer-Schriftsteller Sachsens (und Deutschlands) hat ja in der Villa Shatterhand in Radebeul gewohnt und gedichtet, nur 20 Kilometer von Lommatzsch entfernt.
Wäre es wirklich übertrieben, wenn man mal behauptet, dass Terence Hill für unsere Zeit das ist, was Karl May vor 100 Jahren gewesen ist: ein Mann, der Millionen Menschen - vor allem jungen Menschen - durch herrliche Abenteuer-Geschichten Spaß am Leben vermittelt? Kann man wirklich noch traurig sein, wenn man einen Film wie "Die rechte und die linke Hand des Teufels", "Vier Fäuste für ein Halleluja" oder "Das Krokodil und sein Nilpferd" gesehen hat?
Nicht jeder hat das Glück, Terence Hill persönlich kennen zu lernen - und zu erfahren: Dieser Schauspieler ist im normalen Leben genauso witzig, heiter und jungenhaft wie in seinen Filmen. Die Menschen aus Lommatzsch haben sich 1995 zum ersten Mal davon überzeugen können. Und das kam so.
Als der kleine Mario mit schlechtem Gewissen um die Hausecke schlich - es war schon dunkel und außerdem Krieg und Mama hatte gesagt, er solle früh nach Hause kommen - da ahnte er noch nicht, dass er einmal Terence Hill sein würde.
Seine Mama ahnte natürlich auch nicht, dass ihr Sohn einmal Terence Hill sein würde. Was sie aber wusste damals, im Februar 1945, das war, dass sie aus Sachsen abhauen würde, und zwar bald. Dresden war in eine Trümmerwüste verwandelt, die Rote Armee war im Anmarsch, die Russen würden gewiss auch Lommatzsch finden und auch das Haus Döbelner Straße 40.
"Es ist unglaublich", sagt Terence Hill, "die Zeit scheint hier stehen geblieben zu sein. Ich sehe mich noch heranschleichen und am Fenster in der ersten Etage meine Mutter. Und hier dieses Eisentor. So etwas gab es früher an fast jeder Einfahrt. Dieses Tor hier ist völlig unverändert. Es lässt sich so schön in Schwung bringen. Wir Kinder standen auf der unteren Stange und sausten stundenlang hin und her. Die Nachbarn müssen tolerante Leute gewesen sein. Nie hat jemand geschimpft, obwohl das Tor ganz schön gequietscht hat."
Auf der anderen Straßenseite hat sich eine Menschentraube gebildet. Ein Mädchen ruft: "Hallo, Terence!" Terence Hill winkt hinüber. Klaus-Dietrich Hirsch, der Bürgermeister von Lommatzsch, lächelt: "Der Terence ist sehr populär hier." "Ja", sagt Terence Hill, "ich fühle mich auch zu Hause hier."
Terence Hill, Kino-Weltstar, Residenz in Santa Fe, New Mexico, 1998 in der Döbelner Straße in Lommatzsch. Noch Fragen? Aber ja, jede Menge. Vor allem diese: Was hat der kleine Mario aus dem Jahre 1945 mit dem großen Terence aus dem Jahre 1998 zu tun?
Venedig, 29. März 1941. Massimo Girotti und seine deutsche (sächsische) Ehefrau Hilde Thieme geben die Geburt ihres Sohnes Mario bekannt. Zwei Jahre später wird Massimo, ein italienischer Chemiker, zu den Schering-Werken nach Dresden versetzt. Das trifft sich ja gut, meint Hilde. Ihre Eltern wohnen in Lommatzsch, 30 Kilometer von Dresden entfernt. Dorthin zieht sie mit dem kleinen Mario, um ihrem Mann nahe zu sein. Wogende Felder und blühende Au'n,
duftige Wiesen ringsum nur zu schau'n, Lommatzscher Pflege, gesegnetes Land -
Kornkammer Sachsens, mit Recht so genannt. (Aus einem Lied von Fritz Einbock, 1897)
In diesem Idyll hätte man den Krieg glatt vergessen können, wenn da nicht die nächtlichen Flüge der alliierten Bomberverbände gewesen wären. Von der Trauer und Verzweiflung in den Nachbarhäusern, in denen die Botschaften vom "Heldentod" gefallener Söhne eintrafen, bekam Mario ohnehin nichts mit. Aber an eine Nacht kann er sich doch erinnern, an die Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945: Da war der Himmel im Osten ganz hell, die Mutter sagte: blutrot. Grelle Blitze - der Widerschein der Explosionen von Tausenden von Bomben - wurden begleitet von einem schrecklichen, dumpfen Grollen, das aus der Tiefe der Erde zu kommen schien. Die Zerstörung Dresdens. Die Sorge um den Vater, der ja drinsteckte in dieser Hölle, währte zwei Tage. Dann traf Papa Massimo zu Fuß in Lommatzsch ein.
Die Stationen der Flucht nach Westen, nach Italien, haben sich dem damals vierjährigen Mario nicht eingeprägt. Nur an ein Lager in Mittenwald kann er sich erinnern. Jahrzehnte später werden die Tage der Wanderschaft durch Sachsen auf eine rührende Art wieder lebendig; später wird darüber zu berichten sein.
Jetzt aber erst einmal Familienleben in Rom. Schule. So normal, wie diese Nachkriegsjahre sein konnten. Pier Paolo Pasolini hat sie, unter anderem in "Ragazzi di Vita", meisterhaft beschrieben. In diese Normalität platzte die Katastrophe: 1956 starb die Mutter. Ihre Heimatstadt Lommatzsch hatte sie nie wieder gesehen. Mit dem Tod der Mutter schien ein Schleier über Mario - damals 15 - zu fallen. Die Jugend war für immer dahin und unter dem Schleier versteckte sich etwas, was uns an den Orson-Welles-Film "Citizen Kane" erinnert: Rosebud. Marios "Rosebud" war Lommatzsch. "In der Erinnerung an die Döbelner Straße und an die Geborgenheit bei den Großeltern lebte meine Mutter weiter", sagt Terence Hill heute.
Dieser Mann - endlich müssen wir ja mal mit der Information rausrücken - existiert erst seit 1967. Für die Produktion des Films "Gott vergibt, wir beide nie" (zum ersten Mal ist Bud Spencer sein Partner) muss Mario Girotti sich amerikanisieren. Er macht das spontan, aus der Stimmung eines Augenblicks heraus: An den Titel seines Lateinbuchs, Terenzio, hängt er den Familiennamen seiner Frau, Lori Hill. Vorher hatte er sich deutschen Karl-May-Fans als Mario Girotti durchaus schon eingeprägt: Das war jener hübsche junge Mann mit den strahlend blauen Augen, der sich - zum Beispiel - in dem Western "Der Ölprinz" in die Tochter des Kantors August Hampel (Heinz Erhardt!) verliebt. Wie das Leben so spielt: Was da tief unter dem Schleier der Verdrängung schlummerte, Rosebud-Lommatzsch, war dank Karl May schon ein wenig wach geworden. Denn der fantasiereichste Abenteuer-Schriftsteller Sachsens (und Deutschlands) hat ja in der Villa Shatterhand in Radebeul gewohnt und gedichtet, nur 20 Kilometer von Lommatzsch entfernt.
Wäre es wirklich übertrieben, wenn man mal behauptet, dass Terence Hill für unsere Zeit das ist, was Karl May vor 100 Jahren gewesen ist: ein Mann, der Millionen Menschen - vor allem jungen Menschen - durch herrliche Abenteuer-Geschichten Spaß am Leben vermittelt? Kann man wirklich noch traurig sein, wenn man einen Film wie "Die rechte und die linke Hand des Teufels", "Vier Fäuste für ein Halleluja" oder "Das Krokodil und sein Nilpferd" gesehen hat?
Nicht jeder hat das Glück, Terence Hill persönlich kennen zu lernen - und zu erfahren: Dieser Schauspieler ist im normalen Leben genauso witzig, heiter und jungenhaft wie in seinen Filmen. Die Menschen aus Lommatzsch haben sich 1995 zum ersten Mal davon überzeugen können. Und das kam so.