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Produktdetails
- Verlag: Frankfurter Verlagsanstalt
- Seitenzahl: 222
- Erscheinungstermin: 26. August 2008
- Deutsch
- Abmessung: 210mm
- Gewicht: 332g
- ISBN-13: 9783627001568
- ISBN-10: 3627001567
- Artikelnr.: 23846574
Herstellerkennzeichnung
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Matthias Karows Roman "Rodaks Köter" hat Andrea Neuhaus trotz einiger Stärken letztlich nicht wirklich überzeugt. Das Buch beginnt für sie wie ein Krimi, der sich zu einem "Versuch über Schuld, Erinnerung und das Böse" wandelt. Sie attestiert dem Autor, den "richtigen Ton" zu treffen, wenn er seinen Plot in düstere Erinnerungsfetzen fasst. Auch schätzt sie die beklemmende, unheilvolle Atmosphäre, die er zu erzeugen versteht. Überhaupt zeigt sie sich beeindruckt vom Formwillen des Autors. Aber sie hält Karow vor, zu dick aufzutragen und Klischees zu bemühen: der Bösewicht etwa ist ein ehemaliger SS-Mann und das Bordell, in dem eine Prostituierte ermordet wird, ein einstiges Lebensborn-Haus. So bleibt für sie am Ende "der Eindruck kunstvoller Kälte".
© Perlentaucher Medien GmbH
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Zur Unterwelt hinten rechts
Matthias Karows Roman mutiert zur SS-Klamotte
Die Sprache eines Romans darf nicht immer gefällig sein. Wenn der Sinnzusammenhang zerbrochen ist, sind lineares Erzählen und das Gerade, Abgerundete und Vorhersehbare eine Lüge. Matthias Karow, Jahrgang 1978, trifft genau den richtigen Ton, wenn er seinen Plot in dunkle Erinnerungsfragmente aus kurzen, oft abgehackten Sätzen fasst. In seinem Erstling "Rodaks Köter" erzählt er von einem lange zurückliegenden, grausamen Mord, einem Fall, der nie aufgeklärt wurde, einem Rätsel ohne Lösung. Im Jahre 1982 wurde in Bernal die hochschwangere Prostituierte Marbel Jenkins ermordet. Die "Grotte", das Bordell und der heimliche Mittelpunkt des
Matthias Karows Roman mutiert zur SS-Klamotte
Die Sprache eines Romans darf nicht immer gefällig sein. Wenn der Sinnzusammenhang zerbrochen ist, sind lineares Erzählen und das Gerade, Abgerundete und Vorhersehbare eine Lüge. Matthias Karow, Jahrgang 1978, trifft genau den richtigen Ton, wenn er seinen Plot in dunkle Erinnerungsfragmente aus kurzen, oft abgehackten Sätzen fasst. In seinem Erstling "Rodaks Köter" erzählt er von einem lange zurückliegenden, grausamen Mord, einem Fall, der nie aufgeklärt wurde, einem Rätsel ohne Lösung. Im Jahre 1982 wurde in Bernal die hochschwangere Prostituierte Marbel Jenkins ermordet. Die "Grotte", das Bordell und der heimliche Mittelpunkt des
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Städtchens, brannte in derselben Nacht nieder, womöglich sollte das Feuer die Spuren des Verbrechens verwischen. Zu den Verdächtigen gehören der Bordellbesitzer und Frauenhändler Rodak sowie Dorftrottel Aurich, der die Leiche gefunden hat und danach spurlos verschwunden ist. Fünfundzwanzig Jahre später kehrt Kommissar Johann Straub, der damals die Ermittlungen leitete, nach Bernal zurück. Gleichzeitig begibt sich Irma, die Tochter der ermordeten Marbel, auf die Suche nach ihren Wurzeln.
Karow stellt verschiedene Perspektiven nebeneinander, ohne dass sie sich zu einem Ganzen fügen. Erinnerungen sind trügerisch, reichen nicht zurück bis zu dem entscheidenden Ereignis. Straub, der einiges zu verbergen zu haben scheint, übt sich in der Kunst des Verdrängens. Die zutiefst verstörte Irma ist dagegen gefangen im Trauma ihrer eigenen Geburt: Sie wurde der Mutter in der Nacht ihrer Ermordung aus dem Leib geschnitten. Irma beginnt eine Liaison mit Straub, und zwei einsame Menschen treffen aufeinander, ohne sich zu vereinen.
Was wie ein Kriminalroman beginnt, endet in einem Versuch über Schuld, Erinnerung und das Böse. Albtraumhafte Bilder sickern ein in beunruhigende Gedankenströme, die sich auf das zentrale Symbol der Grotte zubewegen. Das Bernaler Bordell ist Tor zur Unterwelt und zu den unbezähmbaren Anteilen eines kollektiven Unterbewusstseins. Karows Figuren agieren nicht wie moderne Individuen, eher wie Typen. Er gönnt ihnen keine Leichtigkeit, keine unbedeutenden Regungen, er lässt sie in der Schonungslosigkeit seines erzählerischen Entwurfs erstarren. Da Karow eine Parabel von existentieller Wucht erzählen will, versucht er nicht, Alltäglichkeit zu fingieren.
Sein Wille zur Form würde durchaus überzeugen, sogar beeindrucken, wenn dabei auch die Details erfasst wären. Leider schmückt Karow seine Erzählkulisse aber mit recht abgenutzten Bildern aus. Bösewicht Rodak ist ein ehemaliger SS-Mann, das Bordell war früher ein Lebensborn-Haus, die Prostituierte wurde mit einem Nazi-Foltergerät gemartert. Dorftrottel Aurich stellt sich bloß dumm, und die Atmosphäre der Kleinstadt ist, was wenig überrascht, eng und unheilvoll. Das alles ist viel zu dick aufgetragen, mehr noch: Der Griff in den Fundus der Klischees bringt einen entlarvenden Missklang in den Roman hinein, der das Gemachte, Konstruierte dieser Geschichte bloßlegt. So bleibt am Ende nur der Eindruck kunstvoller Kälte.
ANDREA NEUHAUS
Matthias Karow: "Rodaks Köter". Roman. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2008. 222 S., geb., 17,80 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Karow stellt verschiedene Perspektiven nebeneinander, ohne dass sie sich zu einem Ganzen fügen. Erinnerungen sind trügerisch, reichen nicht zurück bis zu dem entscheidenden Ereignis. Straub, der einiges zu verbergen zu haben scheint, übt sich in der Kunst des Verdrängens. Die zutiefst verstörte Irma ist dagegen gefangen im Trauma ihrer eigenen Geburt: Sie wurde der Mutter in der Nacht ihrer Ermordung aus dem Leib geschnitten. Irma beginnt eine Liaison mit Straub, und zwei einsame Menschen treffen aufeinander, ohne sich zu vereinen.
Was wie ein Kriminalroman beginnt, endet in einem Versuch über Schuld, Erinnerung und das Böse. Albtraumhafte Bilder sickern ein in beunruhigende Gedankenströme, die sich auf das zentrale Symbol der Grotte zubewegen. Das Bernaler Bordell ist Tor zur Unterwelt und zu den unbezähmbaren Anteilen eines kollektiven Unterbewusstseins. Karows Figuren agieren nicht wie moderne Individuen, eher wie Typen. Er gönnt ihnen keine Leichtigkeit, keine unbedeutenden Regungen, er lässt sie in der Schonungslosigkeit seines erzählerischen Entwurfs erstarren. Da Karow eine Parabel von existentieller Wucht erzählen will, versucht er nicht, Alltäglichkeit zu fingieren.
Sein Wille zur Form würde durchaus überzeugen, sogar beeindrucken, wenn dabei auch die Details erfasst wären. Leider schmückt Karow seine Erzählkulisse aber mit recht abgenutzten Bildern aus. Bösewicht Rodak ist ein ehemaliger SS-Mann, das Bordell war früher ein Lebensborn-Haus, die Prostituierte wurde mit einem Nazi-Foltergerät gemartert. Dorftrottel Aurich stellt sich bloß dumm, und die Atmosphäre der Kleinstadt ist, was wenig überrascht, eng und unheilvoll. Das alles ist viel zu dick aufgetragen, mehr noch: Der Griff in den Fundus der Klischees bringt einen entlarvenden Missklang in den Roman hinein, der das Gemachte, Konstruierte dieser Geschichte bloßlegt. So bleibt am Ende nur der Eindruck kunstvoller Kälte.
ANDREA NEUHAUS
Matthias Karow: "Rodaks Köter". Roman. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2008. 222 S., geb., 17,80 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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