
Räumliche Öffentlichkeit in Afrika
(Iwalewa Forum / Arbeitspapiere zur Kunst und Kultur Afrikas Heft 1999/1-2)
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Inhaltsverzeichnis:Birgit Martin: Kein Platz für Frauen - Männer nehmen Platz In ihrem Beitrag stellt die Autorin geschlechterspezifische Räume in dem Dorf el-Korey im nördlichen Nil-Sudan dar. In el-Korey leben vier ethnische Gruppen, Shaigîya, Sûdânîya, Hawâwîr und Hassanîya, die auch heute noch in getrennten Vierteln leben. Endogamie ist in allen vier Ethnien die Regel. Die Autorin stellt die privaten und öffentlichen Männer- und Frauenräume in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung, wobei besonders die Eingrenzung des weiblichen Bewegungsraums thematisiert wird. Dieser wird durch ...
Inhaltsverzeichnis:
Birgit Martin: Kein Platz für Frauen - Männer nehmen Platz
In ihrem Beitrag stellt die Autorin geschlechterspezifische Räume in dem Dorf el-Korey im nördlichen Nil-Sudan dar. In el-Korey leben vier ethnische Gruppen, Shaigîya, Sûdânîya, Hawâwîr und Hassanîya, die auch heute noch in getrennten Vierteln leben. Endogamie ist in allen vier Ethnien die Regel. Die Autorin stellt die privaten und öffentlichen Männer- und Frauenräume in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung, wobei besonders die Eingrenzung des weiblichen Bewegungsraums thematisiert wird. Dieser wird durch die männlichen Verwandten der Frau bestimmt. Dennoch zeigt die Autorin, daß die Gleichsetzung von Männern mit Öffentlichkeit und Frauen mit Privatheit nur bedingt richtig ist, und daß sich beide Sphären einander immer weiter annähern. Die Trennung der Geschlechter geschieht heute eher faktisch, z.B. durch das Aufteilen des Wohnraumes, während früher die Geschlechtersegregation vor allem durch die Verinnerlichung von Werten aufrechterhalten wurde.
Heike Wildemann: Yir kang Nir - Mensch aus einem anderen Haus
Dieser Aufsatz beleuchtet die Sichtweise der Dàgàrà-Frauen auf 'Ort' und 'Raum'. Die gesellschaftliche Situation der Dàgàrà-Frauen ist vor allem durch den Wechsel ihrer Zugehörigkeit zu Ort und Clan ihres Ehemannes charakterisiert, der durch ihre Heirat entsteht. Die Autorin geht der Frage nach, wie die Frauen, denen selbst am Wohnort und im sozialen Milieu ihres Ehemannes nur der Status eines Gastes zugesprochen wird, den Ort ihrer Zugehörigkeit aus eigener Sicht definieren und welche Räume des Alltagslebens für Frauen Identifikations- und Handlungsspielraum darstellen. Bei ihrer Untersuchung stützt sich die Autorin auf zahlreiche Gespräche mit betroffenen Frauen, die sie während eines mehrmonatigen Forschungsaufenthalts bei den Dàgàrà führte.
Iris Rödiger: Offenes Zusammenleben?
Die Verfasserin beschreibt die räumliche Organisation in der Gesellschaft der Nyarafolo im Norden der Côte d'Ivoire und untersucht die Auswirkungen der Architektur auf das Zusammenleben der Menschen. Den Schwerpunkt bildet dabei eine Betrachtung der Gestaltung und Nutzung von Haus und Hof. Innerhalb einer Siedlung unterscheiden sich die Häuser für Frauen hinsichtlich ihrer Funktion und baulichen Merkmale von denen der Männer. So sind die Häuser der Männer traditionell rechteckig, die der Frauen aber rund. Daran anschließend geht die Autorin auf den Zusammenhang zwischen der offenen architektonischen Gestaltung des Dorfes und dem gemeinschaftlichen Leben der Menschen ein. Dabei stellt sie die Frage, ob die Offenheit von Häusern und Höfen auf die Offenheit der Gesellschaft zurückzuführen sei.
Till Förster: Raum und Öffentlichkeit
Der Autor geht von folgenden Fragen aus: Wie artikulieren sich Akteure in der dörflichen Öffentlichkeit und wo liegen die Chancen des Einzelnen, in dieser Öffentlichkeit gestaltend zu wirken? In den von ihm untersuchten Dörfern der westafrikanischen Savanne gibt es nur wenige Bereiche, die den Blicken der anderen verborgen bleiben. Der Autor unterscheidet zwischen kontingenten Räumen (Dörfer, Höfe, Häuser, Seh- und Sprechräume) und intentionalen Räumen (Vertraulichkeit und Intimität, Bewegungen und Begegnungen, Versammlungen) und kommt zu dem Schluß, daß in einer Gesellschaft, in der nahezu alles jederman sichtbar und zugänglich sein kann, nur die in der Intentionalität eingebetteten Absichten des eigenen Handelns im Bereich des Nichtöffentlichen verbleiben. Absichten und Intentionen können bekundet werden, doch was der Andere sieht und erfährt, mag etwas anderes sein.
Friederike Stolleis: Öffentliche Räume in islamischen Altstädten
Anhand von ethnographischen, geographischen und islamwissenschaftlichen Quellen untersucht die Autorin Struktur und Wesen traditioneller islamischer Städte des Nahen Ostens und Nordafrikas. Die Darstellung ihrer spezifischen städtischen Öffentlichkeit zielt darauf hin, die tradierten kulturellen Zusammenhänge deutlich zu machen, innerhalb derer Menschen sich im öffentlichen Raum begegnen und miteinander agieren. Die Autorin untersucht den Öffentlichkeitscharakter verschiedener zentraler Bereiche und Institutionen islamischer Altstädte: städtische Märkte, Moscheen, öffentliche Bäder, Kaffeehäuser und Wohnviertel. Statt einer allen zugänglichen Öffentlichkeit besteht hier eine segmentäre, lokale Öffentlichkeit, die durch die Trennung von männlicher und weiblicher Öffentlichkeit, die räumliche Segregation verschiedener Bevölkerungsgruppen sowie die wichtige Funktion von Nachbarschaften als sozialen Einheiten bedingt ist.
Englisch:
Birgit Martin: Kein Platz für Frauen - Männer nehmen Platz
In the present article the author describes gender-specific space in the village el-Korey in northern Sudan along the river Nile. El-Korey is inhabited by four endogamous ethnic groups, the Shaigîya, Sûdânîya, Hawâwîr und Hassanîya, who still live in separate quarters of the village. The author focuses on the private and public spaces of men and women, and especially on the delimitation of female scope by her male relatives. However, the author shows that the equation of men with the public sphere and women with the private sphere is only of limited validity but that both spheres increasingly converge. Today, the separation of the sexes is gained more by dividing the living quarters rather than by the internalization of values as it was achieved in former times.
Heike Wildemann: Yir kang Nir - Mensch aus einem anderen Haus
This article shows how Dàgàrà women view the concepts of 'place' and 'space'. The social situation of the women is characterized by their change of affiliation to place and clan of their husbands in the case of marriage. The author investigates how these women, to whom only the status of a guest is given even at their husbands' house, define their affiliation to a certain place, and which spaces of everyday life give them room for identification and the liberty to act. In her investigation the author analyses numerous conversations with women during her period of field study with the Dàgàrà covering several months.
Iris Rödiger: Offenes Zusammenleben?
The author describes the organisation of space in the society of the Nyarafolo in the north of the Ivory Coast and investigates the consequences of architecture on their social life. Her focus is on the form and function of houses and yards. Within each village the houses of men and women differ both in form and function. For instance, the houses of men are traditionally square, whereas those of the women are round. Following these descriptions, the author deals with the connections between the open architecture of the village and the common social life of the people, proposing that the openness of the houses and yards could be a result of the openness of the society.
Till Förster: Raum und Öffentlichkeit
The author has the following questions as his starting-point: How do actors articulate themselves in the public of the village, and where do the chances for the individual in influencing and forming this public lie? There are only few spaces which remain unobserved by others in those villages of the West African savanna studied by the author. The author distinguishes between 'contingent spaces' (villages, farmsteads, houses, audiovisual spaces) and intentional spaces (confidentiality and intimacy, motions and encounters, meetings) and concludes that in a society where almost everything can be publicly observed by others only the intended purposes behind the acts remain in the sphere of privacy. Purposes and intentions can be made explicit, but what the other one actually sees and experiences can differ.
Friederike Stolleis: Öffentliche Räume in islamischen Altstädten
Focusing on ethnographic, geographic and orientalist sources the author investigates the structure and nature of traditional Islamic towns in the Middle East and Northern Africa. The urban public presented by her is designed for illuminating the traditional cultural contexts in which the people move and act in public space. The author analyses the public character of several places and institutions central to Islamic old towns: urban markets, mosques, public baths, coffee houses and living quarters. Instead of a public which is open to everybody she finds here a segmentary, local public which is the result of the segregation of the sexes and of various groups of the society, and of the important function of neighbourhoods as social units.
Birgit Martin: Kein Platz für Frauen - Männer nehmen Platz
In ihrem Beitrag stellt die Autorin geschlechterspezifische Räume in dem Dorf el-Korey im nördlichen Nil-Sudan dar. In el-Korey leben vier ethnische Gruppen, Shaigîya, Sûdânîya, Hawâwîr und Hassanîya, die auch heute noch in getrennten Vierteln leben. Endogamie ist in allen vier Ethnien die Regel. Die Autorin stellt die privaten und öffentlichen Männer- und Frauenräume in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung, wobei besonders die Eingrenzung des weiblichen Bewegungsraums thematisiert wird. Dieser wird durch die männlichen Verwandten der Frau bestimmt. Dennoch zeigt die Autorin, daß die Gleichsetzung von Männern mit Öffentlichkeit und Frauen mit Privatheit nur bedingt richtig ist, und daß sich beide Sphären einander immer weiter annähern. Die Trennung der Geschlechter geschieht heute eher faktisch, z.B. durch das Aufteilen des Wohnraumes, während früher die Geschlechtersegregation vor allem durch die Verinnerlichung von Werten aufrechterhalten wurde.
Heike Wildemann: Yir kang Nir - Mensch aus einem anderen Haus
Dieser Aufsatz beleuchtet die Sichtweise der Dàgàrà-Frauen auf 'Ort' und 'Raum'. Die gesellschaftliche Situation der Dàgàrà-Frauen ist vor allem durch den Wechsel ihrer Zugehörigkeit zu Ort und Clan ihres Ehemannes charakterisiert, der durch ihre Heirat entsteht. Die Autorin geht der Frage nach, wie die Frauen, denen selbst am Wohnort und im sozialen Milieu ihres Ehemannes nur der Status eines Gastes zugesprochen wird, den Ort ihrer Zugehörigkeit aus eigener Sicht definieren und welche Räume des Alltagslebens für Frauen Identifikations- und Handlungsspielraum darstellen. Bei ihrer Untersuchung stützt sich die Autorin auf zahlreiche Gespräche mit betroffenen Frauen, die sie während eines mehrmonatigen Forschungsaufenthalts bei den Dàgàrà führte.
Iris Rödiger: Offenes Zusammenleben?
Die Verfasserin beschreibt die räumliche Organisation in der Gesellschaft der Nyarafolo im Norden der Côte d'Ivoire und untersucht die Auswirkungen der Architektur auf das Zusammenleben der Menschen. Den Schwerpunkt bildet dabei eine Betrachtung der Gestaltung und Nutzung von Haus und Hof. Innerhalb einer Siedlung unterscheiden sich die Häuser für Frauen hinsichtlich ihrer Funktion und baulichen Merkmale von denen der Männer. So sind die Häuser der Männer traditionell rechteckig, die der Frauen aber rund. Daran anschließend geht die Autorin auf den Zusammenhang zwischen der offenen architektonischen Gestaltung des Dorfes und dem gemeinschaftlichen Leben der Menschen ein. Dabei stellt sie die Frage, ob die Offenheit von Häusern und Höfen auf die Offenheit der Gesellschaft zurückzuführen sei.
Till Förster: Raum und Öffentlichkeit
Der Autor geht von folgenden Fragen aus: Wie artikulieren sich Akteure in der dörflichen Öffentlichkeit und wo liegen die Chancen des Einzelnen, in dieser Öffentlichkeit gestaltend zu wirken? In den von ihm untersuchten Dörfern der westafrikanischen Savanne gibt es nur wenige Bereiche, die den Blicken der anderen verborgen bleiben. Der Autor unterscheidet zwischen kontingenten Räumen (Dörfer, Höfe, Häuser, Seh- und Sprechräume) und intentionalen Räumen (Vertraulichkeit und Intimität, Bewegungen und Begegnungen, Versammlungen) und kommt zu dem Schluß, daß in einer Gesellschaft, in der nahezu alles jederman sichtbar und zugänglich sein kann, nur die in der Intentionalität eingebetteten Absichten des eigenen Handelns im Bereich des Nichtöffentlichen verbleiben. Absichten und Intentionen können bekundet werden, doch was der Andere sieht und erfährt, mag etwas anderes sein.
Friederike Stolleis: Öffentliche Räume in islamischen Altstädten
Anhand von ethnographischen, geographischen und islamwissenschaftlichen Quellen untersucht die Autorin Struktur und Wesen traditioneller islamischer Städte des Nahen Ostens und Nordafrikas. Die Darstellung ihrer spezifischen städtischen Öffentlichkeit zielt darauf hin, die tradierten kulturellen Zusammenhänge deutlich zu machen, innerhalb derer Menschen sich im öffentlichen Raum begegnen und miteinander agieren. Die Autorin untersucht den Öffentlichkeitscharakter verschiedener zentraler Bereiche und Institutionen islamischer Altstädte: städtische Märkte, Moscheen, öffentliche Bäder, Kaffeehäuser und Wohnviertel. Statt einer allen zugänglichen Öffentlichkeit besteht hier eine segmentäre, lokale Öffentlichkeit, die durch die Trennung von männlicher und weiblicher Öffentlichkeit, die räumliche Segregation verschiedener Bevölkerungsgruppen sowie die wichtige Funktion von Nachbarschaften als sozialen Einheiten bedingt ist.
Englisch:
Birgit Martin: Kein Platz für Frauen - Männer nehmen Platz
In the present article the author describes gender-specific space in the village el-Korey in northern Sudan along the river Nile. El-Korey is inhabited by four endogamous ethnic groups, the Shaigîya, Sûdânîya, Hawâwîr und Hassanîya, who still live in separate quarters of the village. The author focuses on the private and public spaces of men and women, and especially on the delimitation of female scope by her male relatives. However, the author shows that the equation of men with the public sphere and women with the private sphere is only of limited validity but that both spheres increasingly converge. Today, the separation of the sexes is gained more by dividing the living quarters rather than by the internalization of values as it was achieved in former times.
Heike Wildemann: Yir kang Nir - Mensch aus einem anderen Haus
This article shows how Dàgàrà women view the concepts of 'place' and 'space'. The social situation of the women is characterized by their change of affiliation to place and clan of their husbands in the case of marriage. The author investigates how these women, to whom only the status of a guest is given even at their husbands' house, define their affiliation to a certain place, and which spaces of everyday life give them room for identification and the liberty to act. In her investigation the author analyses numerous conversations with women during her period of field study with the Dàgàrà covering several months.
Iris Rödiger: Offenes Zusammenleben?
The author describes the organisation of space in the society of the Nyarafolo in the north of the Ivory Coast and investigates the consequences of architecture on their social life. Her focus is on the form and function of houses and yards. Within each village the houses of men and women differ both in form and function. For instance, the houses of men are traditionally square, whereas those of the women are round. Following these descriptions, the author deals with the connections between the open architecture of the village and the common social life of the people, proposing that the openness of the houses and yards could be a result of the openness of the society.
Till Förster: Raum und Öffentlichkeit
The author has the following questions as his starting-point: How do actors articulate themselves in the public of the village, and where do the chances for the individual in influencing and forming this public lie? There are only few spaces which remain unobserved by others in those villages of the West African savanna studied by the author. The author distinguishes between 'contingent spaces' (villages, farmsteads, houses, audiovisual spaces) and intentional spaces (confidentiality and intimacy, motions and encounters, meetings) and concludes that in a society where almost everything can be publicly observed by others only the intended purposes behind the acts remain in the sphere of privacy. Purposes and intentions can be made explicit, but what the other one actually sees and experiences can differ.
Friederike Stolleis: Öffentliche Räume in islamischen Altstädten
Focusing on ethnographic, geographic and orientalist sources the author investigates the structure and nature of traditional Islamic towns in the Middle East and Northern Africa. The urban public presented by her is designed for illuminating the traditional cultural contexts in which the people move and act in public space. The author analyses the public character of several places and institutions central to Islamic old towns: urban markets, mosques, public baths, coffee houses and living quarters. Instead of a public which is open to everybody she finds here a segmentary, local public which is the result of the segregation of the sexes and of various groups of the society, and of the important function of neighbourhoods as social units.