übergesiedelt war, schließlich der "Hilfsdienst Ost" der Liberalen Mitte 1948 nach der Spaltung des FDP-Landesverbandes Berlin.
Nach der Aufbauphase bis 1950 sorgten hauptamtliche (SPD 50, CDU zirka 15, FDP zirka 10) und freie Mitarbeiter - trotz des Kompetenzgerangels mit den Berliner Parteiverbänden und den entsprechenden Abteilungen bei den Zentralen - für eine möglichst effektive Arbeit dieser Büros. Vorrangig widmeten sie sich der Betreuung der Flüchtlinge - auch in den Aufnahmelagern Berlin-Marienfelde, Gießen und Uelzen -, der Hilfe bei Anerkennung, sozialer Unterstützung und Stellenvermittlung. Die FDP unterhielt sogar einen "Ärztlichen Betreuungsdienst". Weitere Aufgabe war die Informationsbeschaffung über die politische und wirtschaftliche Lage der SBZ/DDR durch Auswertung von Zeitungen und intensive Befragung von Flüchtlingen.
Zu den Aktivitäten zählte auch die Aufklärung der Bevölkerung in der SBZ/DDR durch das Einschleusen von Publikationen aller Art auf dem Postweg oder durch Kuriere und Vertrauensleute, die dafür ein hohes Risiko eingingen und nicht selten in Schauprozessen zu abschreckend hohen Zuchthausstrafen verurteilt wurden. Das SPD-Ostbüro arbeitete häufig mit dem Nachdruck von DDR-Zeitungen, die diesen auf der Titelseite zwar entsprachen, aber im Innern die Diktatur anprangerten. Das Ostbüro der CDU ließ in der DDR eine Kleinausgabe der 1948 gegründeten West-Berliner CDU-Zeitung "Der Tag" verteilen. Ab 1953 erfolgte die ungefährlichere Verbreitung von Flugblättern mit Gasballons.
Für diese konspirativen Tätigkeiten brauchte man zuverlässige Mitarbeiter, die häufig unter den politischen Flüchtlingen rekrutiert wurden. Ihre Auswahl bedurfte besonderer Sorgfalt, da die Ostbüros naturgemäß im Visier des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) standen. 1955 sorgten etwa 150 Mitarbeiter für die Ausspähung der Büros, die Unterwanderung mit Spitzeln, die Überwachung ihrer Mitarbeiter und Besucher. Einbrüche, Diffamierungskampagnen, Verhaftung von Vertrauensleuten und Entführungen zählten zum Katalog der MfS-Maßnahmen. Trotz sorgfältigster Personalrekrutierung ließ sich die Einschleusung von Stasi-Spitzeln nicht gänzlich verhindern, beim CDU-Ostbüro allerdings ziemlich erfolglos, obwohl in den Akten der Gauck-Behörde genaue Skizzen der Räume des Büros aufgetaucht sind.
Der Bau der Mauer 1961, der die direkten Kontakte in die DDR praktisch unmöglich machte, und die Deutschland- und Ostpolitik der Regierung Brandt/Scheel waren tiefe Einschnitte in der Arbeit der Ostbüros. Das FDP-Ostbüro hatte seine Arbeit bereits 1956 reduzieren müssen, wegen der Gespräche der Parteiführung mit der LDPD. Konfrontative Aktivitäten, die Ballonaktionen und die Schriftreihen wurden eingestellt, das Personal abgebaut, der "Hilfsdienst Ost" zum Referat "Wiedervereinigung und Flüchtlingsbetreuung" bei der Bundespartei zurückgestuft und das Berliner Büro dem Landesverband unterstellt.
Herbert Wehner forderte jahrelang die Auflösung des Ostbüros in der SPD-Zentrale, bis sein Leiter entnervt ausschied. Danach wurde es in das "Referat für gesamtdeutsche Fragen" umgewandelt und wertete vorrangig Zeitungen aus. 1971 wurde es aufgelöst, die Auflösung des Berliner Ostbüros folgte 1981.
Auch das CDU-Ostbüro verlor nach 1961 und dem sich verringernden Einfluß der Exil-CDU an Bedeutung, bestand aber nach seiner Umbenennung 1972 als "Deutschlandbüro" bis 1987 mit wenigen Mitarbeitern in Berlin fort, seine Abwicklung wurde bis 1990 hinausgezögert.
Der Autor hat Entstehung, Entwicklung und die Aktivitäten der Ostbüros hauptsächlich am Beispiel der Ostbüros von SPD und FDP abgehandelt, das CDU-Ostbüro hingegen wird nur relativ knapp dargestellt. Dabei hätten umfängliche Aktenbestände und eine biographische Dokumentation verfolgter CDU-Anhänger, die im Literaturverzeichnis fehlt, zur Verfügung gestanden. Wünschenswert wäre auch gewesen, die alltägliche Arbeit, den Einsatz und die Gefährdung der freien Mitarbeiter etwas ausführlicher zu beschreiben. Dagegen sind die schwierigen Arbeitsbedingungen, die vielfältigen Verstrickungen der Mitarbeiter und die aggressiven Maßnahmen des MfS gegen die Ostbüros vor allem anhand der Akten der Gauck-Behörde mit akribischer Genauigkeit nachgezeichnet.
Die DDR-Forschung hat die Ostbüros der Parteien und der Organisationen, die sich mit dem Unrechtssystem der DDR auseinandersetzten, bisher nur bruchstückhaft behandelt. Noch nicht wissenschaftlich bearbeitet sind beispielsweise die "Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit" oder der "Untersuchungsausschuß freiheitlicher Juristen", der nicht nur die politischen Delikte registrierte, die auf Weisung des SED-Regimes erfolgten, sondern auch nachweisen konnte, daß sehr viele ehemalige NSDAP-Mitarbeiter in führende Positionen der DDR aufgestiegen waren. Wolfgang Buschfort schließt deshalb mit seiner verdienstvollen Arbeit eine Lücke.
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