Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.03.2021Barrierefrei durch München
Senioren kaufen auf Städtetour ausgiebig ein, auch Möbel und Haushaltsgegenstände. Außerdem brauchen sie, kaum dass sie ihr Hotel verlassen haben - sie logieren gerne luxuriös -, häufig Kaffee-, Snack- und Menüpausen vor der nächsten Shoppingtour oder der Kurzbesichtigung einer Sehenswürdigkeit. Dieser Eindruck jedenfalls drängt sich bei der Lektüre des Buches auf, das "speziell für ältere Reisende geschrieben" wurde. Ging man dabei davon aus, dass die Klientel reifen Alters Münchens Attraktionen bereits kennt? Jedenfalls ist, wer mehr über die Frauenkirche wissen möchte als das Jahr ihrer Weihe und die Höhe der Türme, ebenso gut beraten, einen weiteren München-Führer dabeizuhaben, wie jeder, dem
fünf schmale Zeilen zum Lenbachhaus und seinen großartigen Kunstsammlungen zu dürftig sind. Kurzum, dass Läden und Gastronomiebetriebe schon mal das Doppelte an Platz bekommen, gibt der Waage zwischen Kultur und Kommerz kräftig Schlagseite, verstärkt durch gelegentliche Auftritte des Betreibers von Seniorenresidenzen, der hinter der Reihe "Reisen kennt kein Alter" steht. Ein paar unbekanntere Plätze immerhin stellen prominente Münchner Senioren vor - etwa Charles Schumann, der mit fast achtzig Jahren noch immer die angesagteste Bar der Stadt führt, die ehemalige "Bunte"-Chefin Patricia Riekel oder Willy Bogner, Skiass und Designer. Sehr begrüßen dürften ältere Reisende und jeder, der nicht gut zu Fuß ist, die Hinweise auf Barrierefreiheit.
bsa
"München - Reisen kennt kein Alter" von Martin Arz. Callwey Verlag, München 2020. 128 Seiten, Abbildungen. Gebunden, 18 Euro.
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