der Partner spricht, mit Überzeugung wiederholt, daß es im europäisch-amerikanischen Verhältnis "nicht zuviel Amerika", sondern "zuwenig Europa" gebe, und an der "vitalen Freundschaft" zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten keinen Zweifel läßt, rollt eine publizistische Welle des Antiamerikanismus durchs Land. Auf ihr reitet auch Peter Pilz, Gründungsmitglied der österreichischen Grünen und seit 1986 Abgeordneter im Wiener Parlament. Der knapp Fünfzigjährige ist der typische Repräsentant einer Generation, die auf der einen Seite Amerika "liebt", weil es "so schön, so bunt und so aufregend ist", die Vereinigten Staaten aber andererseits einer hemmungslosen, stark emotional eingefärbten, nur bedingt rational begründeten Kritik unterzieht. Wie andere Beispiele seines Genres lebt auch dieses Pamphlet von der Überzeugung einer großangelegten Verschwörung, die von einer "fossilen Junta", allen voran vom amtierenden amerikanischen Präsidenten, koordiniert werde.
Und das ist die These: "Osama bin Laden und George Bush, der bärtige Terrorist und der glatt rasierte Präsident. Beide kämpfen aus tiefer Überzeugung gegen das Böse. Beide wollen, daß die Welt nach ihren Plänen gut wird. Beide sind im Auftrag Gottes am Werk. Beide wollen ihre Gegner ausrotten. ... Beide fühlen sich nicht an das Recht, sondern an ihre Mission gebunden. ... Bin Bush - das ist der erste gelungene Versuch, einen terroristischen Angriff für die eigenen globalen Pläne zu nutzen. Bin Bush ist ein System, das das Böse zu einer solchen Größe aufbläst, daß der Einsatz aller Mittel recht scheint." Natürlich steckt hinter alldem eine starke treibende Kraft, die Erdölwirtschaft: In ihrem Interesse rüstet Bush auf, "baut das Militär um und führt Kriege. Sein Ziel ist ein amerikanisches Weltreich, in dem sich Satelliten und Statthalter in präzisen Abständen zum Zentrum gruppieren."
Das ganze Buch wäre weiterer Beachtung nicht wert, würde sich Pilz nicht auch als Parlamentarier und Mitglied des Nationalen Sicherheitsrates seines Landes äußern. So gesehen, handelt es sich um eine offiziöse Auslassung. Außerdem bedient der Autor eine auch hierzulande verbreitete Stimmung. Die wiederum ist nicht zuletzt eine Quittung für die amerikanische Außenpolitik des vergangenen halben Jahres. Ihr imperialer Stil gegenüber einigen ihrer langjährigen Partner und Verbündeten, ihr fragwürdiger Umgang mit internationalen Verträgen und Vereinbarungen oder auch Washingtons nicht kaschierte Verachtung der Vereinten Nationen während der Irak-Krise waren und sind nicht akzeptabel. Das zu bilanzieren kann nicht heißen, das transatlantische Verhältnis insgesamt in Frage zu stellen; wohl aber muß Europa, also der hiesige Pfeiler der atlantischen Allianz, von Grund auf neu konstruiert werden, um dem amerikanischen Partner, zumindest bezogen auf seinen Umgang mit Europa, Grenzen, Horizonte oder auch Perspektiven aufzeigen zu können.
Auch Pilz schließt seinen Rundumschlag mit einem Plädoyer für die EU, die im übrigen "nichts anderes als der gelungene Versuch" sei, "aus dem Faschismus in Europa Lehren zu ziehen", während das "amerikanische Lernen aus der eigenen Geschichte" noch ausstehe. Und wer muß diesseits des Atlantiks die Initiative ergreifen? Wo muß die Abnabelung Europas beginnen, damit die Abkoppelung von Amerika vollzogen werden kann? Hier versteckt sich der österreichische Grüne hinter den deutschen Sozialdemokraten: "Gegen die Amerikaner wahlkämpfen und ihnen gleichzeitig das eigene Land als Stützpunkt überlassen, das wird auf Dauer nicht gehen. Europa wird sich erst von den USA lösen, wenn die BRD einen Schlußstrich zieht." Das wird man in Berlin gewiß nicht tun. Daß der deutschen Außenpolitik schon seit einiger Zeit bei der Gestaltung der europäisch-amerikanischen Beziehungen eine Schlüsselrolle zukommt, steht allerdings außer Frage. Kanzler Schröder hat das erkannt und ist auf dem richtigen Weg. Deutschlands neue Rolle, Folge seiner Rückkehr auf die Weltbühne, verlangt diplomatisches Fingerspitzengefühl und ein angemessenes Selbstbewußtsein. Polternde Aufforderungen aus der Kulisse, einen Schlußstrich unter das deutsch-amerikanische Verhältnis zu ziehen, braucht Deutschland dabei nicht.
GREGOR SCHÖLLGEN
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