auffällige Reize. So gesehen erscheint es fast verwegen, dass Ulla Lachauer zusammen mit dem Fotografen Martin Rosswog ausgerechnet diesen Landstrich zum Gegenstand einer "Untersuchung" machte. Aber das Ergebnis ist faszinierend. Zunächst die Bilder: Sie zeigen eine kleine, bescheidene Welt, wie sie im gutsituierten Westen längst Vergangenheit ist, bewohnt von Menschen, die sich auf ein hartes, ärmliches Leben eingerichtet haben. Der Fotograf versucht dabei, nicht zu romantisieren, sondern dokumentiert mit kühler Distanz, und gerade deshalb erzeugt er berührend intensive Eindrücke. Dann Rosswogs Tagebuchaufzeichnungen: In einem einfachen Ton gehalten, korrespondieren sie stilgerecht mit den Fotos und verknüpfen die Schicksale diesseits und jenseits der Memel mit den nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gewaltsam geschaffenen Verhältnissen. Sicher ist dieses Buch nicht jedermanns Sache, denn es ist kein Hochglanzprodukt üblicher Art, es sind keine Attraktionen zu finden, und es gibt nichts Dramatisches. Lehrreich jedoch ist es allemal, und jene, die im Memelland ein Stück Heimat erkennen, werden Text und Bild nicht ohne Wehmut wahrnehmen.
tg
"Menschen an der Memel" von Martin Rosswog und Ulla Lachauer. Edition Braus, Heidelberg 2009. 120 Seiten, 85 Abbildungen. Gebunden, 35 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main