Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
David Pfeifers Stärke, meint Patric Seibel, sind die "dichten Beschreibungen von Metier und Milieu", analytisch haben andere, beispielsweise zum Mythos Boxsport, schon mehr beigetragen. Dieses Buch liefert dafür eine "überzeugende Darstellung" vor allem von Max Schmelings frühen Jahren - seine Herkunft, sein Umfeld, die entstehende städtische Subkultur des Berufsboxens zwischen Jahrmarkt und Kneipe, ihr Aufstieg zum gesellschaftlichen Großereignis - und zeichnet dabei zugleich ein lebendiges Bild der Zwischenkriegsboheme, die sich, von Brecht bis zur Dietrich, für das Boxen begeisterten. Der physisch starke, aber zugleich diszipliniert und strategisch boxende Schmeling verkörperte eine Lösung für das Leben in der Moderne, mit ihrem die ordnende, archaisch strenge Einlassung auf unüberschaubare Komplexität - das galt nicht zuletzt auch für die Nazis, die Schmeling zu einem ihrer populären Helden machten. All das ist prima beschrieben, dazu kommen packende Reportagen der wichtigsten Kämpfe, und dennoch, konstatiert der Rezensent, bleibt die Person Schmeling bis zum Schluss ein Rätsel. Inmitten der farbigen historischen Szenen erscheine er als das Abbild eines "seltsam körperlosen, klinisch reinen, ja aseptischen Menschen".
© Perlentaucher Medien GmbH