Insel oder ihrer Schönheit. Eigentlich steht fast nichts in dem Büchlein, und genau deswegen ist es so entzückend. Der Autor, der sonst Romane schreibt, das "Kursbuch" herausgibt und manchmal auf Mallorca lebt, erzählt mit der Ironie eines Lakonikers Anekdoten aus dem Inneren der Insel, die ihm und seinen Freunden widerfahren, dem weisen Schäfer Alejo, dem faulen Gärtner Tomeu und der schönen Apothekerin Catalina. Die vier hocken in einem Haus im Hinterland zusammen und fragen sich, ob eine Flasche Rotwein länger hält, wenn man beim Trinken weint oder lacht, oder woran der Hund das Alter eines Schafes erkennt oder ob die Zeit wirklich nicht größer als eine Erbse ist, wie der Gärtner glaubt. Sie plappern über den "Quijote" und über Ramón Llull, den größten mallorquinischen Gelehrten des Mittelalters, oder über zwei atheistische Tankwarte, die beide Raúl heißen und Karfreitag auf der Trabrennbahn verbringen. Dabei sagt die Apothekerin dauernd "joder" und "jolín", was man - anders geht es beim besten Willen nicht - nur mit "ficken" übersetzen kann, was wiederum den Autor über die freimütige Verwendung derbster Schimpfwörter durch attraktive Akademikerinnen im alltäglichen Sprachgebrauch Spaniens nachdenken läßt. Das Quartett fährt auch über die Insel, sieht schwarze Schweine, die sich mit fermentierten Orangen betrinken, hört singendem Sand zu, riecht den Regen. Aufgelockert werden all diese Beiläufigkeiten mit Rezepten aus der kräftigen mallorquinischen Bauernküche wie Wildkaninchen mit Oliven, Reissuppe mit Meeresfrüchten oder Schweinelende mit Feigenfüllung. So flattert das Buch vor sich hin, scheinbar ohne Sinn und Zweck und Richtung, und erst wenn man es nach zwei, drei Stunden zuschlägt, versteht man es endlich. Denn man hat Sehnsucht nach der Insel Mallorca bekommen.
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"Mallorca - Von schwarzen Schweinen und Madonnen" von Tilman Spengler. Sanssouci im Carl Hanser Verlag, München 2003. 126 Seiten, einige Zeichnungen, eine Karte. Gebunden, 13,90 Euro. ISBN 3-7254-1233-2.
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