Julia Voss weiß, dass der Debütroman von Bettina Gundermann unter die Kategorie des "schonungslosen Realismus" fällt, bedauert aber, dass er nicht gleich den Darstellungsformen eines Splatter-Movies entsprechen will, denn dann wäre der Roman wirklich gelungen, meint sie. So aber tritt offenbar aber genau das Gegenteil ein: Der Leser werde mit einem "Geschichtenwirrwarr" konfrontiert, das zudem langweile, da einem bei der Lektüre nicht mehr als ein "fortwährendes Déjà-vu-Erlebnis" beschert werde. Die Kritikerin wirft dem Roman außerdem mangelnde Authentizität vor, "denn die Geschichten, die einem als dem Leben abgelauscht angedreht werden, klingen
verblüffend nach schmissigen Schlagzeilen von Boulevardblättern." Demzufolge können auch die Helden des Romans nur Klischees sein, sie sind, wie Voss schreibt "koksende, vaterschlagende, Baby-im-Müll-entsorgende Protagonisten", denen man nicht abnimmt, dass sie aus dem wirklichen Leben stammen. Warum die Autorin eine sinnentleerte, von Drogen und Gewalt bestimmte Welt beschreibt? Diese Frage thematisiert die Autorin selbst, so Voss, wobei sie zwar von einer moralischen Bewertung ihrer Figuren absieht, aber auf die Schnelllebigkeit der modernen Gesellschaft verweist, die schon allein aufgrund der unglaublichen Zahl "an Fernsehsendern, Kinofilmen und Zeitschriften" verdorben sei. Aha. Am Ende ihres Verrisses verweist die Kritikerin noch darauf, dass "schonungsloser Realismus" nicht einfach heißt, Schönes mit Ekligem zu vermischen wie etwa in der Beschreibung eines "Marienkäfers, der logisch zwingend im Erbrochenen der magersüchtigen Mara einsinken muss".
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