schönen Wörtern. Der Dichter Jeremias Gotthelf hat es in seiner historischen Erzählung "Elis, die seltsame Magd" verwendet. "Aber bald erkannte die Bäuerin, dass sie in Elis ein Kleinod besitze, wie sie keines noch gehabt", heißt es dort. Für jedes ihrer schönen Wörter geben die Autoren eine literarische Fundstelle an. "Allerlei" etwa haben sie bei Arthur Schnitzler aufgestöbert: "Um Kasimir öfters als alle vierzehn Tage nur einmal zu sehen, musste Therese zu allerlei Ausreden ihre Zuflucht nehmen", schreibt er in seiner "Therese". Dem Wort "Gestirn" hat Hölderlin einen ewigen Platz in der Literatur verschafft. "So glänzt das Blau des Himmels an den Tagen, die wie Gestirn in heitrer Höhe ragen", dichtet er in "Der Winter".
Besagtem "Kleinod" drohe der Tod, warnen Krämer und Kaehlbrandt. Das Wort sei alt und schön, bezeichne auch etwas Schönes, komme aber im aktiven Wortschatz der meisten Deutschsprechenden nicht mehr vor. Und so sind viele schöne Wörter der deutschen Sprache schon halb ins Grab gelegt. Wer sagt noch "behende", was man seit der gloriosen Rechtschreibreform "behände" schreibt? Wo hört man noch etwas von "danieder"? Wann spricht einer noch von einer "Grille", wenn er nicht das zirpende Insekt, sondern eine seltsame Angewohnheit meint?
Der Totengräber der schönen Wörter sollte eigentlich nach dem Erscheinen dieses Büchleins arbeitslos werden. Wer in ihm schmökert und die Kommentare zu den jeweiligen Kleinodien liest, bekommt Lust, ein paar besondere Wörter unserer Sprache wieder in seinen alltäglichen Wortschatz aufzunehmen. Traut sich der eine oder andere Leser, Raritäten wie "töricht", "eingedenk" oder "gleißend" in den Mund zu nehmen, haben die Autoren ihr Ziel erreicht.
HANS RIEBSAMEN
Walter Krämer, Roland Kaehlbrandt: "Lexikon der schönen Wörter", Piper-Verlag, 9,90 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main