DDR-Nostalgiker, für all die, denen der gescheiterte Arbeiter- und Bauernstaat weiterhin am Herzen liegt und die sich zurücksehnen nach der Geborgenheit des langen Eingemauertseins.
Laut der dreisten Verlagswerbung gibt das Buch "Auskunft über das Innenleben eines ehemaligen Staatsmannes, der, schon todkrank, von einer gnaden- und seelenlosen Justiz zu Tode gehetzt werden soll". Auf dieser Linie lesen sich die O-Töne Honeckers samt Anmerkungen über weite Strecken wie alte SED-Propaganda. Honecker versuchte, sich als ewigen antifaschistischen Helden zu stilisieren - was ihm erleichtert wurde, weil er 1935 als Hitler-Gegner schon einmal in Moabit inhaftiert worden war. Für ihn war Stalin der Größte, Gorbatschow der Gemeinste. Überhaupt hätte die DDR überlebt, wenn sie nicht von der Sowjetunion verraten worden wäre! Die imperiale und militaristische "BRD" sei "kein Rechtsstaat, sondern ein Staat der Rechten", in dem sich Neonazis breitmachen könnten. Ziel des Prozesses gegen ihn sei, "den totgesagten Sozialismus noch einmal zu töten". Am 13. Januar 1993 durfte der in der Öffentlichkeit stets Haltung bewahrende schwer erkrankte Honecker nach Chile ausreisen, nachdem man dem Berliner Landgericht unterstellt hatte, "dass der Gerichtssaal für den Angeklagten zum Sterbezimmer werden soll".
RAINER BLASIUS
Erich Honecker: Letzte Aufzeichnungen. Mit einem Vorwort von Margot Honecker. edition ost, Berlin 2012. 192 S., 14,95 [Euro].
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