Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.12.2005Wehmut im Herzen
Wehmut ist der Lotse dieses prächtigen Bands. Waren das Zeiten, als Schiffe nicht schwimmenden Hochhäusern ähnelten, sondern als Persönlichkeiten betrachtet wurden, deren Biografie manche Sensation aufwies. Oder wie Joseph Conrad, ausgebildeter Seemann mit Kapitänspatent, formulierte: Ein Segelschiff sei ein "feinfühliges Geschöpf", das "wir gewissermaßen zu dem Zweck in die Welt gesetzt haben, an ihm unsere Fähigkeiten zu beweisen". Der Schweizer Journalist Kurt Ulrich erzählt die alten Geschichten großer Schiffe auf weiten Weltmeeren neu, sachkundig, detailfreudig und originell bebildert - gerade so, als seien sie noch nie geschildert worden. Auch den oft besungenen Untergang der "Titanic" meistert er in
einem knappen, dramatischen Kapitel, ohne der Versuchung zu erliegen, in das Lamento vom Fanal eines Zeitalters einzustimmen. Er beschreibt die traurige Geschichte der "Great Eastern", des ersten Ozeanriesen, als grandioser Fehlkonstruktion und widmet sich den Atlantik-Fahrten der "Normandie", die er als "nahezu perfektes Schiff" preist. Fast die Hälfte des Buchs beschäftigt sich mit reinen Vergnügungsreisen, die ersten modernen Kreuzfahrten fanden schon vor hundertfünfzig Jahren statt. So reihen sich die zugegebenen Porträts zeitgenössischer Kreuzfahrtschiffe ein in die lange Geschichte des Menschen auf dem Wasser.
A.O.
"Legendäre Luxusliner" von Kurt Ulrich. C. J. Bucher Verlag, München 2005. 216 Seiten mit zahlreichen Fotos. Gebunden, 49,90 Euro. ISBN 3-7658-1513-6.
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