die Sozialdemokraten doch nie jene "vaterlandslosen Gesellen", als die Kaiser Wilhelm II. sie nachwirkend schmähte. Miegel, Journalist, Reserveoffizier und Mitglied des Beirats für Innere Führung, zeigt in seinem Buch das Ringen der SPD um die Bundeswehr in einer Mischung aus historischem Abriss und "hautnahen" Beobachtungen und Begegnungen. Das Werk ist stellenweise sehr persönlich, manchmal sogar anekdotenhaft geschrieben. Dadurch gewinnt es an Farbe, Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft. Schon 1958 machte Miegel, damals Journalist einer hannoverschen Zeitung, als Leutnant der Reserve eine Wehrübung in Göttingen - mit neugierigem Blick für alle Veränderungen. Sein Kommandeur war damals Oberst Wolf Graf von Baudissin. Als der SPD-Bundesvorstand 1962 seinem Informationsblatt "bonner depesche" monatlich eine Soldaten-Beilage beifügte, wurde Miegel ihr erster Redakteur. In seinem Buch reißt er noch einmal die großen wehrpolitischen Themen der ersten Jahrzehnte an und skizziert die sozialdemokratischen Akteure, Fritz Erler zum Beispiel, dem er sein Buch widmet, und Helmut Schmidt, der ihm ein Vorwort spendiert. Schmidt nennt Miegel einen "Kenner" der Bundeswehr und "guten Ratgeber". Als solcher zeigt sich Miegel zum Beispiel beim Thema "Sparzwänge". Der Autor ist überzeugt, "dass es auch bei Geldmangel möglich ist, Einheiten und Verbände mit modernem Gerät, mit neuen Waffen auszurüsten". Man müsse nur weniger Soldaten mit besserer Ausbildung, mehr Motivation und Disziplin sowie weniger, aber wirkungsvollere und leichter zu bedienende Waffen einsetzen. Auch bedürfe es einer "einfallsreicheren Führung", schreibt er. In der Bundeswehr träten sich "immer noch zu viele Bürosoldaten in Stäben auf die Füße". (Hartmut Miegel: Keine Paradesoldaten. Der mühevolle Weg der SPD in die Bundeswehr. Verlag E. S. Mittler & Sohn, Hamburg, Berlin und Bonn 1999. 136 Seiten, 29,80 Mark.)
ptn.
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