Antisemitismus auseinander und bevorzugt für die Antike richtigerweise den Begriff Judenfeindschaft. Das Wort Antisemitismus stammt erst aus dem neunzehnten Jahrhundert und ist mit zu vielen neuzeitlichen Konnotationen behaftet, die seine Verwendung für das Altertum ungeeignet erscheinen lassen. Weiter stellt der Verfasser verschiedene Theorien vor, die die Entstehung der antiken Judenfeindschaft erklären wollen und die vor allem Eigenschaften und Verhalten der Juden - als religiöse Gemeinschaft verstanden - in den Mittelpunkt stellen.
Demgegenüber sieht Yavetz neben der selbstverständlichen religiösen Einzigartigkeit der Juden vor allem den politischen Kontext als entscheidenden Faktor an. Er entrollt ein großes Panorama antijüdischer Gefühle und Handlungen, von der Zerstörung eines jüdischen Tempels im ägyptischen Elephantine über die Juden in Alexandria, den Makkabäerstaat bis hin zu judenfeindlichen Maßnahmen der Kaiser Caligula und Claudius. Die Judenfeindschaft ging also von Ägypten aus, sie war immer etwas mehr als bloße Abneigung gegen barbarische, das heißt nichtgriechische und nichtrömische Völker.
Yavetz stammt aus Czernowitz und ist als einziger seiner Familie der Vernichtung entgangen. Obwohl den Juden die Sprache des "Herrenvolkes" verboten war, wuchs er trotzdem mit der deutschen Sprache und Literatur auf. Nach zahlreichen englischsprachigen und hebräischen Publikationen erschien mit "Caesar in der öffentlichen Meinung" 1979 erstmals von ihm ein Buch auf deutsch, das besprochene kleine Buch ist sein zweites. Hoffen wir darauf, daß er eines Tages ein großes und ausführliches zu diesem wichtigen Thema publizieren wird. WOLFGANG SCHULLER
Zvi Yavetz: "Judenfeindschaft in der Antike". Mit einer Einleitung von Christian Meier. Verlag C.H. Beck, München 1997. 117 S., br., 17,80 DM.
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