Hobbys führen sie ein scheinbar autarkes Leben, produzieren Musik, drehen Videos und geben Interviews - genau wie lebende Stars. Und das nicht unbedingt mit weniger Authentizität als diese.
In seinem Roman geht Gibson einen Schritt weiter. Dort entschließt sich der Musiker Rez, die Idoru Rei Toie zu heiraten. Rez ist ein reeller Star: Seine Band Lo/Rez steht seit Jahrzehnten an der Spitze der Musikindustrie, in einer Zeit, da die Halbwertzeit von Popstars fast schon in Stunden gemessen wird. Das Star-Phänomen Lo/Rez ist global und für viele Fans Lebensinhalt. Dennoch sucht Rez nach einem Inhalt in seinem Leben und findet ihn in Rei Toie. Das virtuelle Geschöpf ist sich ihrer selbst bewußt, in einem Körper, der nicht aus Fleisch, sondern aus Informationen besteht.
Gibson beschreibt eine Zukunft, in der ein Großteil der globalen zwischenmenschlichen Kommunikation im Cyberspace stattfindet. Dort bestimmt lediglich die eigene Phantasie, wer und was man ist. Aus dieser Realität, die freilich aus den angesammelten Informationen der Menschheit schöpft, bringt Rei Toie für Rez etwas Neues. Als virtuelles Wesen betritt sie die Realität und repräsentiert die Grenzenlosigkeit, die wir im Cyberspace suchen.
Realität, so lautet Gibsons Botschaft, ist allein das, woran wir glauben und worauf wir vertrauen. Ob materiell real oder virtuell digital spielt nicht die entscheidende Rolle. Wichtig ist, daß wir nicht vergessen, was uns zu Menschen macht
Wolfgang Treß
"Idoru" erscheint in deutscher Sprache als Taschenbuch mit 332 Seiten bei Heyne, München und in englischer Originalfassung als Taschenbuch mit 383 Seiten bei der Berkley Publishing Group, New York
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