
Ich war Freimaurer.
Produktdetails
- Verlag: Augsburg, Sankt-Ulrich-Verlag
- ISBN-13: 9783867441070
- ISBN-10: 3867441073
- Artikelnr.: 26443339
Herstellerkennzeichnung
Jesus neben Konfuzius, Zarathustra und Platon: Das Pantheon der Freimaurer kann der Kirche kaum geheuer sein. Zwei Bücher über eine schwierige Beziehung.
Man wird im Vatikan ebenso wie in den Logen die kirchenrechtliche Dissertation von Klaus Kottmann aufmerksam lesen. Denn in der Frage nach der Stellung der Kirche zur Freimaurerei, die lange völlig abgelegen und schlechthin unaktuell erscheinen konnte, bündeln sich heute entscheidende Themen für das Selbstverständnis des nachkonziliaren Katholizismus. Und um die Sache gleich zu personalisieren, kann man die Frage auch so formulieren: Wird die künftige Kirche den Weg von Hans Küng gehen, dem 2007 der Kulturpreis der deutschen
Die europäische Freimaurerei ist ein Kind der Aufklärung. Die Religion wurde privatisiert; dem Programm nach (wenn auch nicht immer in der Praxis der Logen) waren alle Bekenntnisse willkommen und nur die Berufung auf einen unbestimmten "Allmächtigen Baumeister aller Welten" blieb übrig. An die Stelle der Gnade rückte in den maurerischen Tempeln ein neuzeitlicher Mythos der "Arbeit". Überkonfessionell war schließlich seit den Konstitutionen Andersons auch der freimaurerische Kalender. Die christliche Zeitrechnung wird als die "gewöhnliche" bezeichnet. Man rechnet in den Logen die Jahre seit der Weltschöpfung, mit dem "Jahr des wahren Lichts" oder "anno lucis" hebt im Tempel der Kalender an.
Wie diese Überkonfessionalität sich im 32. Grad der schottischen, der Hochgradlogen im Einzelnen darstellt, schildert Burkhardt Gorissen, der bedeutende Positionen in den Logen bekleidete und die Feier für Hans Küng ausrichtete, bevor er sich zur Rückkehr in die Kirche entschloss. Dem Adepten erschließt sich bei der Einweihung das Pantheon einer "universellen Religion", zu dem Konfuzius, Zarathustra, Buddha, Moses, Sokrates, Hermes Trismegistos, Platon und tatsächlich auch Jesus von Nazareth gleichberechtigt als Menschheitslehrer gehören. Als die deutschen Bischöfe aber nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil in einen Dialog mit der Freimaurerei eintraten, wurden ihnen nur die ersten drei Grade - Lehrling, Geselle und Meister - in ihren Ritualien mitgeteilt.
Zwischen der katholischen Kirche und die Tempel der Freimaurerei war schon seit den Anfängen der Bruderschaft im frühen achtzehnten Jahrhundert die entschiedenste Feindschaft gesetzt. Die Enzyklika "Quanta cura" von Papst Pius IX. hatte 1864 das Verdikt der Apostolischen Konstitutionen erneuert, "durch welche die geheimen Gesellschaften, ganz gleich, ob von ihnen der Eid auf Geheimhaltung verlangt wird oder nicht, und deren Anhänger und Begünstiger mit dem Ausschluss aus der Kirche bestraft werden". Richtig hatte die Kirche nämlich erkannt, dass die Toleranzidee der Freimaurerei sich mit einer gewissen Konsequenz zum politischen Laizismus entwickeln könne.
Die 1917 kodifizierte Fassung des Kirchenrechts hatte hier noch eine klare Position: "Die, die der Freimaurersekte oder einer anderen Vereinigung dieser Art beitreten, die gegen die Kirche oder die rechtmäßige staatliche Gewalt Böses unternehmen, ziehen sich die dem Apostolischen Stuhl vorbehaltene Tatstrafe der Exkommunikation zu." Die große Wende kam in der Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils. Schon während des Konzils war der mexikanische Bischof Sergio Mendez Arceo mit einer Stellungnahme hervorgetreten, die Kottmann referiert: "Die Freimaurerei sei in ihrem Ursprung nicht antichristlich, und es gäbe Indizien dafür, wenn auch nur wenige, dass sich eine Wiederversöhnung der Freimaurer mit der Kirche ergeben könnte." Angemahnt wurde "guter Wille".
Und nun begann ein Wechselbad. 1974 erklärte Franjo Kardinal Seper, der damalige Präfekt der Glaubenskongregation, das Erscheinungsbild der Freimaurerei habe sich gewandelt. Ohne einer neuen Fassung des kanonischen Rechts vorzugreifen, sei nun so zu verfahren, dass man jenen Katholiken, die gleichzeitig in den Logen tätig sind, die Teilnahme am Sakrament erlauben könne, wenn ihre Tempel nicht ausdrücklich gegen die Kirche agierten. Im 1983 neu gefassten Kirchenrecht kam die Freimaurerei nicht mehr ausdrücklich vor. Als Präfekt der Glaubenskongregation zog Joseph Kardinal Ratzinger am 26. November 1983 aber sozusagen die Reißleine: "Das negative Urteil der Kirche über die freimaurerischen Vereinigungen bleibt . . . unverändert, weil ihre Prinzipien immer als unvereinbar mit der Lehre der Kirche betrachtet wurden und deshalb der Beitritt zu ihnen verboten bleibt. Die Gläubigen, die freimaurerischen Vereinigungen angehören, befinden sich also im Stand der schweren Sünde und können nicht die heilige Kommunion empfangen. Autoritäten der Ortskirche steht es nicht zu, sich über das Wesen freimaurerischer Vereinigungen in einem Urteil zu äußern, das das oben Bestimmte außer Kraft setzt." Plötzlich wird man inne, wie viel damals offenbar von einem Mann abhing.
Kottmanns Auslegung der Intervention von Kardinal Ratzinger ist dagegen eine reductio ad absurdum: Verpflichtend sei die Erklärung zwar objektiv, subjektiv aber jedenfalls dann nicht, wenn für den "katholischen Freimaurer eine Unvereinbarkeit zwischen Freimaurerei und den katholischen Glaubenswahrheiten nicht zu erkennen" sei. Anders verhalte es sich nur bei solchen katholischen Freimaurern, die "willent- und wissentlich" eine der katholischen Lehre widerstreitende Position öffentlich verträten. Gorissen aber las, sehr passend, nach der Küng-Feier der Logen die Studie "Der Gott des Glaubens und der Gott der Philosophen" von Kardinal Ratzinger.
LORENZ JÄGER
Klaus Kottmann: "Die Freimaurer und die katholische Kirche". Vom geschichtlichen Überblick zur geltenden Rechtslage. Verlag Peter Lang, Frankfurt am Main 2009. 370 S., br., 49,- [Euro].
Burkhardt Gorissen: "Ich war Freimaurer". Sankt Ulrich Verlag, Augsburg 2009. 304 S., geb., 19,90 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
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Antworten 11 von 17 finden diese Rezension hilfreich
Lieber Boas,
um den Wahrheitgehalt und die Objektivität dieses Buches wirklich beurteilen zu können, sollte man schon recht lange und tief in der freimaurerischen Materie stecken. Ohne langjährige, aktive Mitgliedschaft und echter Kenntnis der Struktur (von Ämtern und Organisation) ist eine objektive Beurteilung zwischen gut und schlecht, meines Erachtens, hier nicht möglich. Bei B.G. vermischen sich Persönliches und Faktisches meine Meinung nach in unzulässigem Maße. Ich kenne B.G. und die Freimaurerei seit langer Zeit und kann all dies guten Gewissens (bis zu einem bestimmten Grad) einordnen. Bis auf ein paar erheiternde Passagen, welche nicht ohne Grundlage sind ist dieses Buch wirklich alles andere als objektiv.
Eine Beurteilung mit 5 Sternen käme bei mir dabei sicherlich nicht heraus ;o)
Viele Grüße
M.F.
Lieber M.F.,
der Name, welcher auf den Gesellengrad hindeutet, könnte leicht dazu verführen zu glauben, dass ich es nur bis zum 2. Grad "geschafft" habe. Jedoch war ich ein langjähriges Mitglied der blauen und roten Grade. Auch hatte ich div. Ämter inne und kann die Aussagen des Autors bezüglich der Freimaurerei bzw. der Unvereinbarkeit mit dem Christentum nur ganz unterschreiben!
Als Christ sind die Grade -insbesondere die Roten- nicht mit der Lehre Jesus Christus vereinbar! - Da beißt die Maus keinen Faden ab! Christen können, wenn sie die Worte Jesu ernst nehmen, nicht Freimaurer sein.
Wenn man etwas Abstand zur FM gewinnt, dann erkennt man, wie oberflächig und zusammengestückelt die Rituale sind. Selbst die Freimaurerei weiß nicht genau, warum diese so sind. Ich erinnere nur an die Forschungsloge, die bis heute keine vernünftige Erklärung für viele Symbole und für die Rituale hat. Auch die hochgelobte Brüderlichkeit, so durfte ich es in mehreren(!) Logen langjährig erleben, bestand überwiegend aus Zank, Zwist und einem indirektem Brüsten, wer der bessere Freimaurer sei. Hierzu gehörte auch das Lechzen nach FM-Auszeichnungen, um damit dann vor seinen "Brüdern" zu protzen. Die Gleichheit aller Brüder - nur Theorie.
Nicht umsonst haben während meiner Zeit wieder viele Männer -teilweise schon nach kurzer Zeit- die Logen verlassen. Die Freimaurerei ist eher Schein, als Sein.
Zusammenfassend kann man sagen, die FM ist eine äußerst oberflächliche Vereinigung, die eher mit einer Karnevals- oder Fastnachtgesellschaft zu vergleichen ist und selbst fast nichts über ihre Inhalte weiß.
Lieber Boas,
was Du schreibst ist in keiner Weise falsch ... ganz im Gegenteil.
Jede Vereinigung ist nur so gut, wie seine Mitglieder.
Deine Argumente, kannst Du jedoch genausogut auch z.B. auf die kath. Kirche eins zu eins übertragen, nur daß diese mehr als 1500 Jahre älter ist und somit noch weitaus mehr und größere Diskrepanzen zu beklagen hat bzgl. Ritualverfälschung- und Ritalunkenntnis bis hin zu Mitgliederverfehlungen durch alle Reihen ...
Viele Grüße
M.F.
Lieber M.F.,
die ersten beiden Sätze kann ich ganz bestätigen. Dann jedoch wird es jedoch falsch.
1. Die katholische Kirche ist ca. 2000 Jahr alt, nicht 1500! Begonnen hat die Kirche mit Petrus (s. Bibel).
2. Ritualverfälschung der kath. Kirche? Dies würde ja ein vorher bestehendes Ritual voraussetzen, welches man dann verfälscht hat. Meine Frage, welches Ritual soll denn vorher -vor Jesus/Petrus- da gewesen sein?.
3. Ritualunkenntnis: Über diese haltlose Bemerkung, kann ich nur schmunzeln. Die Kirche weiß sehr wohl, warum die Messe so "strukturiert" ist. Auch ein Nichtgläubiger kann sich ganz leicht mit entsprechender Fachliteratur ausstatten und dies nachlesen - im Gegensatz zu den Freimaurern, die fast gar nichts über ihre Rituale, ihrer Herkunft dieser und ihrer Symbole wissen! Sie führen die Rituale einfach nur stur aus und können sie im Großen überhaupt nicht erklären.
4. Mitgliederverfehlungen: Ja das stimmt. Die katholische Kirche war in ihrer 2000-jährigen Geschichte noch nie so groß und weit verbreitet, wie heute. Bei ca. 1,6 Milliarden Gläubigen, gibt es auch Fehltritte. Was mich eher bei der FM entsetzt hat, war, dass in den mir bekannten Logen über 80% (fast schon eher 90%) der Mitglieder sich angeberisch, unbrüderlich, ... verhalten haben - Und dies war überall so! Meine Erfahrungen dabei in der kath. Kirche sind deutlich anders. Der Prozentsatz ist hierbei signifikant geringer.
Viele Grüße nach Augsburg
Hallo Boas,
ich habe geschrieben, daß sie mehr als 1500 Jahre älter ist (als die FM)! Und das ist doch richtig !
Viele Grüße
M.F.
Lieber M.F.,
Sie haben Recht. Da habe ich nicht genau gelesen. - Entschuldigung!
Viele Grüße
Boas