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Martin Sproale, unscheinbarer Beamter im verschlafenen englischen Flecken Theston, nimmt den scheinbar aussichtslosen Kampf um den Erhalt seines Postamts mit ungewöhnlichen Mitteln und der Hilfe einer jungen Amerikanerin auf. Dabei wird er seinem großen Vorbild, dem eigensinnigen Ernest Hemingway, immer ähnlicher.
Produktdetails
- btb
- Verlag: btb
- Abmessung: 190mm
- Gewicht: 313g
- ISBN-13: 9783442721320
- ISBN-10: 3442721326
- Artikelnr.: 24381966
Herstellerkennzeichnung
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Das Postamt in der Bäckerstube
Michael Palin setzt sich auf Hemingways Stuhl
Wie kaum ein anderer Schriftsteller lädt Ernest Hemingway junge, männliche Leser zur Identifikation ein. Er boxte gegen Ezra Pound (und gewann), brachte Picasso eine Kiste Handgranaten aus dem Spanischen Bürgerkrieg mit und befreite 1944 das "Ritz" und orderte dreiundneunzig trockene Martinis. Seinem brachialen Charme erliegt auch der Held in Michael Palins erstem Roman "Hemingways Stuhl".
Martin Sproale ist stellvertretender Manager des Postamtes von Theston, einem kleinen Ort an der ostenglischen Küste. Trotz seiner sechsunddreißig Jahre lebt er noch bei seiner Mutter. Er liebt die Arbeit im Postamt, er liebt Hemingway, und ob
Michael Palin setzt sich auf Hemingways Stuhl
Wie kaum ein anderer Schriftsteller lädt Ernest Hemingway junge, männliche Leser zur Identifikation ein. Er boxte gegen Ezra Pound (und gewann), brachte Picasso eine Kiste Handgranaten aus dem Spanischen Bürgerkrieg mit und befreite 1944 das "Ritz" und orderte dreiundneunzig trockene Martinis. Seinem brachialen Charme erliegt auch der Held in Michael Palins erstem Roman "Hemingways Stuhl".
Martin Sproale ist stellvertretender Manager des Postamtes von Theston, einem kleinen Ort an der ostenglischen Küste. Trotz seiner sechsunddreißig Jahre lebt er noch bei seiner Mutter. Er liebt die Arbeit im Postamt, er liebt Hemingway, und ob
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er Elaine, seine Arbeitskollegin, liebt, weiß er nicht so recht: "Frauen waren ihm zu hoch. Er hatte die Werke des Meisters durchsucht, um irgendeine Erklärung für Elaines Verhalten zu finden, aber keine von Hemingways Frauen verhielt sich wie Elaine."
Michael Palins Roman beginnt als schräge Idylle. Liebevoll werden Postamt und Postkunden beschrieben (natürlich sind ein lustiger Alter und eine lästige Matrone darunter). Mit einfühlsamem, leisem Humor und behutsamen Pointen schildert das ehemalige Mitglied der Monty-Python-Truppe das Doppelleben eines vorbildlichen Postbeamten, der Memorabilien aus dem Leben des verehrten "Papa" sammelt: ein Stierkampfposter, "hemmäßige Hüte", eine Kofferschreibmaschine, eine italienische Gasmaske aus dem Ersten Weltkrieg.
Stilistisch überzeugt Palin vor allem in den Szenen, in denen Dialog und Handlung dominieren. In den beschreibenden Passagen gerät ihm einiges zu hausbacken, da gibt es zu viele landschaftliche Pflichtübungen, und zu oft greift er auf abgedroschene Stilmittel zurück, zu denen beispielsweise der gleich zweimal verwendete Kniff zählt, Protagonisten nackt vor einen Spiegel zu stellen, damit man ihre Physiognomie beschreiben kann.
Daß das Buch trotz dieser Schwächen unterhaltsam bleibt, liegt am überzeugenden Charakter der Hauptperson und an ihrem tragikomischen Leidensweg. Nach der Pensionierung des alten Postmanagers wird nicht Martin Sproale dessen Nachfolger, sondern ein junger Karrierist, der das Postamt in den Hinterraum einer Konditorei verlegt, Mitarbeiter entläßt, alles modernisiert und ein krummes Geschäft in Sachen Bildkommunikation plant. Gleichzeitig taucht eine Amerikanerin in Theston auf, die ein kritisches Buch über Hemingways Verhältnis zu den Frauen schreibt und beunruhigenderweise ebenfalls an Erinnerungsstücken interessiert zu sein scheint.
Dem von Ulrich Blumenbach pointensicher übersetzten Roman liegt eine Handvoll Gegensatzpaare zugrunde: Eine moderne Filiale triumphiert über das alte, nostalgisch verklärte Postamt, die pubertäre Begeisterung für den großen "Papa" prallt auf eine feministische Sicht Hemingways, ein scheuer Brite trifft eine selbstbewußte Amerikanerin. Bei dem titelgebenden Möbel handelt es sich um einen Angelstuhl, auf dem Hemingway im April 1956 vor Cabo Blanco (Peru) saß, als dort "Der Alte Mann und das Meer" verfilmt wurde. Mit dem Kauf des Stuhls beginnt Martins Niedergang. Er verliert seine Fast-Freundin Elaine, verliert seine Arbeit, und er identifiziert sich immer mehr mit Hemingway: "Das Fabelhafte ist, daß wir beide dasselbe sind, Papa. Versager."
Danach, im letzten Drittel, wird Palins erzählerische Psychologie immer unglaubwürdiger. Hastig steuert er auf das Ende zu. Nun muß auch mal eine halbherzige Begründung wie "(ihr) war im Alter von sechs Jahren klargeworden, daß sie Sachen machen wollte, die nicht vernünftig waren" zur Motivation einer Romanfigur ausreichen. Palin vergißt seine liebevoll eingeführten Nebenfiguren und enttäuscht mit einem aufgesetzten Hollywood-Finale.
Nicht von ungefähr erinnert der Titel des Romans an "Flauberts Papagei" von Julian Barnes. Darin ging es auch um eine literarische Memorabilie, nämlich den ausgestopften Papagei, der auf Flauberts Schreibtisch stand, als er "Un coeur simple" schrieb. Barnes' klugen Roman durchwehte flaubertscher Geist. "Hemingways Stuhl" ist vor allem eine amüsante Bettlektüre, in der Papa Hemingway nur manchmal aus den Kulissen gezogen wird. CHRISTOPHER ECKER
Michael Palin: "Hemingways Stuhl". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Ulrich Blumenbach. Haffmans Verlag, Zürich 1996. 320 S., geb., 39,- DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Michael Palins Roman beginnt als schräge Idylle. Liebevoll werden Postamt und Postkunden beschrieben (natürlich sind ein lustiger Alter und eine lästige Matrone darunter). Mit einfühlsamem, leisem Humor und behutsamen Pointen schildert das ehemalige Mitglied der Monty-Python-Truppe das Doppelleben eines vorbildlichen Postbeamten, der Memorabilien aus dem Leben des verehrten "Papa" sammelt: ein Stierkampfposter, "hemmäßige Hüte", eine Kofferschreibmaschine, eine italienische Gasmaske aus dem Ersten Weltkrieg.
Stilistisch überzeugt Palin vor allem in den Szenen, in denen Dialog und Handlung dominieren. In den beschreibenden Passagen gerät ihm einiges zu hausbacken, da gibt es zu viele landschaftliche Pflichtübungen, und zu oft greift er auf abgedroschene Stilmittel zurück, zu denen beispielsweise der gleich zweimal verwendete Kniff zählt, Protagonisten nackt vor einen Spiegel zu stellen, damit man ihre Physiognomie beschreiben kann.
Daß das Buch trotz dieser Schwächen unterhaltsam bleibt, liegt am überzeugenden Charakter der Hauptperson und an ihrem tragikomischen Leidensweg. Nach der Pensionierung des alten Postmanagers wird nicht Martin Sproale dessen Nachfolger, sondern ein junger Karrierist, der das Postamt in den Hinterraum einer Konditorei verlegt, Mitarbeiter entläßt, alles modernisiert und ein krummes Geschäft in Sachen Bildkommunikation plant. Gleichzeitig taucht eine Amerikanerin in Theston auf, die ein kritisches Buch über Hemingways Verhältnis zu den Frauen schreibt und beunruhigenderweise ebenfalls an Erinnerungsstücken interessiert zu sein scheint.
Dem von Ulrich Blumenbach pointensicher übersetzten Roman liegt eine Handvoll Gegensatzpaare zugrunde: Eine moderne Filiale triumphiert über das alte, nostalgisch verklärte Postamt, die pubertäre Begeisterung für den großen "Papa" prallt auf eine feministische Sicht Hemingways, ein scheuer Brite trifft eine selbstbewußte Amerikanerin. Bei dem titelgebenden Möbel handelt es sich um einen Angelstuhl, auf dem Hemingway im April 1956 vor Cabo Blanco (Peru) saß, als dort "Der Alte Mann und das Meer" verfilmt wurde. Mit dem Kauf des Stuhls beginnt Martins Niedergang. Er verliert seine Fast-Freundin Elaine, verliert seine Arbeit, und er identifiziert sich immer mehr mit Hemingway: "Das Fabelhafte ist, daß wir beide dasselbe sind, Papa. Versager."
Danach, im letzten Drittel, wird Palins erzählerische Psychologie immer unglaubwürdiger. Hastig steuert er auf das Ende zu. Nun muß auch mal eine halbherzige Begründung wie "(ihr) war im Alter von sechs Jahren klargeworden, daß sie Sachen machen wollte, die nicht vernünftig waren" zur Motivation einer Romanfigur ausreichen. Palin vergißt seine liebevoll eingeführten Nebenfiguren und enttäuscht mit einem aufgesetzten Hollywood-Finale.
Nicht von ungefähr erinnert der Titel des Romans an "Flauberts Papagei" von Julian Barnes. Darin ging es auch um eine literarische Memorabilie, nämlich den ausgestopften Papagei, der auf Flauberts Schreibtisch stand, als er "Un coeur simple" schrieb. Barnes' klugen Roman durchwehte flaubertscher Geist. "Hemingways Stuhl" ist vor allem eine amüsante Bettlektüre, in der Papa Hemingway nur manchmal aus den Kulissen gezogen wird. CHRISTOPHER ECKER
Michael Palin: "Hemingways Stuhl". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Ulrich Blumenbach. Haffmans Verlag, Zürich 1996. 320 S., geb., 39,- DM.
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