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Etwas ist zu Ende: eine Frauenfreundschaft, eine alte Liebe, eine Kindheit in der Vorstadt, eine Reise ans Meer, ein ganzes Leben. Etwas hat sich verschoben, unmerklich, und alles geht weiter und nichts bleibt wie es war. – Zsuzsa Bánk erzählt von Menschen, die eines Tages einfach die Tür hinter sich ins Schloss fallen lassen. Von Larry, dem koksenden Dreizentnermann, der Gedichte schreibt. Von Lydia, die der Wind mitnimmt. Von Lisa, die für einen Nachmittag in das winzige italienische Bergdorf zurückkehrt, das ihre Mutter einst verließ – mitten im heißesten Sommer.
Bánk, ZsuzsaZsuzsa Bánk, geboren 1965, arbeitete als Buchhändlerin und studierte anschließend in Mainz und Washington Publizistik, Politikwissenschaft und Literatur. Heute lebt sie als Autorin mit ihrem Mann und zwei Kindern in Frankfurt am Main. Für ihren ersten Roman »Der Schwimmer« wurde sie mit dem aspekte-Literaturpreis, dem Deutschen Bücherpreis, dem Jürgen-Ponto-Preis, dem Mara-Cassens-Preis sowie dem Adelbert-von-Chamisso-Preis ausgezeichnet. Für »Unter Hunden« aus ihrem Erzählungsband »Heißester Sommer« erhielt sie den Bettina-von-Arnim-Preis. Auch ihre Romane »Die hellen Tage« und »Schlafen werden wir später« wurden große Erfolge. Zuletzt erschien »Sterben im Sommer«.Literaturpreise:Open Mike-Preis 2000Jürgen-Ponto-Preis 2002aspekte-Literaturpreis 2002Deutscher Bücherpreis 2003Mara Cassens Preis 2003Bettina-von-Arnim-Preis 2003Adelbert-von-Chamisso-Preis der Robert Bosch Stiftung 2004
Produktdetails
- Verlag: FISCHER (S.), FRANKFURT
- 1. Auflage
- Seitenzahl: 160
- Deutsch
- Abmessung: 205mm x 125mm
- Gewicht: 264g
- ISBN-13: 9783100052216
- ISBN-10: 3100052218
- Artikelnr.: 14042643
Herstellerkennzeichnung
Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Von Lebenstrauer umrandet
Vollkommen verschwommen: Erzählungen von Zsuzsa Bánk
Darin besteht wohl das Wunder der Literatur: daß der Leser, der sonst vor allem in seine eigenen Belange verstrickt ist, voller Anteilnahme den Wegen fabulierter Existenzen folgt, mit denen ihn nicht mehr verbindet als ein paar Seiten guter Prosa.
Anna ist sehr wahrscheinlich Wissenschaftlerin. Sie hält sich in einer namenlosen, vermutlich osteuropäischen Stadt zu Kongreßzwecken auf. Sie spricht auch einmal im Radio. So wird eine frühere Freundin, Marti, auf sie aufmerksam und paßt sie dann bei einer öffentlichen Veranstaltung ab. In den nächsten Tagen trifft man sich wieder, Marti bringt Eltern und Geschwister mit, offenbar
Vollkommen verschwommen: Erzählungen von Zsuzsa Bánk
Darin besteht wohl das Wunder der Literatur: daß der Leser, der sonst vor allem in seine eigenen Belange verstrickt ist, voller Anteilnahme den Wegen fabulierter Existenzen folgt, mit denen ihn nicht mehr verbindet als ein paar Seiten guter Prosa.
Anna ist sehr wahrscheinlich Wissenschaftlerin. Sie hält sich in einer namenlosen, vermutlich osteuropäischen Stadt zu Kongreßzwecken auf. Sie spricht auch einmal im Radio. So wird eine frühere Freundin, Marti, auf sie aufmerksam und paßt sie dann bei einer öffentlichen Veranstaltung ab. In den nächsten Tagen trifft man sich wieder, Marti bringt Eltern und Geschwister mit, offenbar
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war das Verhältnis einmal sehr familiär. Nach Annas Abreise (zurück in den Westen?) schreibt man sich regelmäßig bedeutsame, heitere, eigentlich aber doch von Lebenstrauer umrandete Briefe. Irgendwann trifft bei Anna eine Todesnachricht ein: Martis ältere Schwester, Annas Jugendfreundin, ist an Krebs gestorben. Der Leser kratzt sich am Kopf - er hat das Gefühl, bei einer eigentlich nicht für ihn bestimmten Freundschaftsangelegenheit unfreiwilliger Zeuge gewesen zu sein. Diskreterweise vergißt man die Geschichte sofort.
Auch in der zweiten Erzählung geht es um eine Kindheits- und Jugendfreundin. Einst sind die Ich-Erzählerin und Lydia gemeinsam auf einem großen Trampolin herumgehopst. Mit achtzehn ist Lydia dann auf der Suche nach einem stilvolleren Leben nach London gegangen und ein selbständiges, stilvolles, magersüchtiges Mädchen geworden. Die Ich-Erzählerin besucht sie, um festzustellen: Nichts ist so, wie es einmal war. Da kann man seufzen über die gewissen Lydiamomente im Leben und sich über den Satzbau freuen. Ansonsten hat man auch Lydia im nächsten Moment wieder vergessen. Es wird nicht recht deutlich, warum man sich für sie interessieren soll.
Man hat viel erwartet vom zweiten Buch Zsuzsa Bánks, die mit ihrem Roman "Der Schwimmer" eines der stärksten deutschsprachigen Debüts der letzten Jahre vorlegte. Und allmählich wird man unruhig.
Es gibt viel Seelisches, aber keine Seelen in diesem Buch. In "Achtzehnter, vielleicht neunzehnter September" machen sich "Alex und ich" auf, um Christiane in der Psychiatrie zu besuchen. Man vermutet, nun werde erzählt, weshalb Christiane an diesen unerfreulichen Ort gelangte. Aber das bleibt ungewiß: "Daß Christiane hier ist, hat auch etwas mit Wasser auf Blech zu tun, mit Regen auf einem Dach, auf das Christiane vor Jahren klettern wollte, um zu springen." Erklärt wird wenig, alles soll unmittelbare Anschauung sein, feine Musik von Zeichen, Gesten und Gebärden. So erfährt man über Christianes gefärbte Haare mehr als über ihre depressive Psyche. Hohe Detailschärfe bei allgemeiner Verschwommenheit kennzeichnet diese Geschichten Zsuzsa Bánks, so daß auch die Details nicht mehr zum Leser sprechen. Gewiß: Das Wesentliche nicht zu sagen kann ein Kunstgriff sein. Leicht wirkt es aber auch nur: nichtssagend.
Etwas ist vorbei. Menschen, die sich einmal nahestanden, begegnen sich wieder und stellen fest, daß sie sich nun nicht mehr nahestehen. Das ist eine Grundidee, die Zsuzsa Bánk variiert - und es scheint zunächst, als könnte das eine ideale Vorlage für jenen Ton schwebender Melancholie sein, den viele Leser und Kritiker am "Schwimmer" schätzen. Leider funktioniert es diesmal nicht. Mit einer unangenehmen Gleichgültigkeit arbeitet man sich durch die zweifellos kunstfertig geschriebene Prosa von "Heißester Sommer". Was sollen uns zum Beispiel all diese weit zurückliegenden, unwiederbringlichen und seltenen Sommer, von denen behauptungsweise die Rede ist, wenn sie nicht auf eine Weise vergegenwärtigt werden, daß es zur Nachempfindung von etwas Kostbarem käme? In diesen Passagen fehlt den Geschichten etwas Entscheidendes: jenes darstellerische Einfühlungsvermögen, das als eine der herausragenden Qualitäten von Zsuzsa Bánks Roman gerühmt wurde und Voraussetzung lesender Anteilnahme ist.
Am meisten überzeugt die Titelgeschichte. Sie spielt irgendwo in den Bergen des italienisch-slowenischen Grenzlandes. Ein kleiner Ort, Schotterwege, Steinhäuser, Ziegen. "Ich", "meine Mutter" und "mein Bruder" sind mit Lisa dort hinaufgekommen, weil deren Großmutter, die dort ein karges bäuerliches Leben verbrachte, kürzlich verstorben ist. Es ist eine flüchtige poetische Begegnung mit einer archaischen Welt - einer Welt, die Lisas Mutter einst verlassen hat, "als sie alt genug war". In dieser Geschichte wird von Menschen erzählt, die für einen Nachmittag zusammenkommen und dann nie wieder. Vielleicht glückt gerade deshalb die riskante Verbindung von Viel- und Nichtssagendem. Hier gibt es keine Andeutungen, die von der Geschichte nicht gedeckt würden.
Da wollte man sich gerade doch noch ein wenig mit dem Buch anfreunden, aber dann muß man "Larry" lesen, die längste Erzählung, in der Zsuzsa Bánk offenbar Eindrücke ihrer Studienzeit in Washington verarbeitet. Der Gelegenheitspoet Larry, ein pittoresker Bohemien, hundertfünfzig Kilo schwer, steht im Zentrum der Geschichte, ohne ihr Gewicht geben zu können.
Es folgen New-York-Eindrücke mit Sylvie und Lea ("Weihnachtswald") und eine Mordgeschichte mit Julia und Eva, der Versuch einer lakonisch um eine unerhörte Begebenheit herumgebauten Story ("Blaulicht"). Ein eifersüchtiger Mann tötet seinen Nebenbuhler; zwei Frauen kommen sich darüber helfend näher. Das ist eher plakativ als suggestiv. Und nur weil die Figuren hartnäckig beim Vornamen genannt werden, ist man als Leser nicht schon vertraut mit ihnen. Sehr zu wünschen, daß Zsuzsa Bánk bald wieder ein Thema findet, das ihrem außerordentlichen stilistischen Vermögen angemessenere Entfaltungsmöglichkeiten bietet.
WOLFGANG SCHNEIDER
Zsuzsa Bánk: "Heißester Sommer". Erzählungen. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2005. 156 S., geb., 15,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Auch in der zweiten Erzählung geht es um eine Kindheits- und Jugendfreundin. Einst sind die Ich-Erzählerin und Lydia gemeinsam auf einem großen Trampolin herumgehopst. Mit achtzehn ist Lydia dann auf der Suche nach einem stilvolleren Leben nach London gegangen und ein selbständiges, stilvolles, magersüchtiges Mädchen geworden. Die Ich-Erzählerin besucht sie, um festzustellen: Nichts ist so, wie es einmal war. Da kann man seufzen über die gewissen Lydiamomente im Leben und sich über den Satzbau freuen. Ansonsten hat man auch Lydia im nächsten Moment wieder vergessen. Es wird nicht recht deutlich, warum man sich für sie interessieren soll.
Man hat viel erwartet vom zweiten Buch Zsuzsa Bánks, die mit ihrem Roman "Der Schwimmer" eines der stärksten deutschsprachigen Debüts der letzten Jahre vorlegte. Und allmählich wird man unruhig.
Es gibt viel Seelisches, aber keine Seelen in diesem Buch. In "Achtzehnter, vielleicht neunzehnter September" machen sich "Alex und ich" auf, um Christiane in der Psychiatrie zu besuchen. Man vermutet, nun werde erzählt, weshalb Christiane an diesen unerfreulichen Ort gelangte. Aber das bleibt ungewiß: "Daß Christiane hier ist, hat auch etwas mit Wasser auf Blech zu tun, mit Regen auf einem Dach, auf das Christiane vor Jahren klettern wollte, um zu springen." Erklärt wird wenig, alles soll unmittelbare Anschauung sein, feine Musik von Zeichen, Gesten und Gebärden. So erfährt man über Christianes gefärbte Haare mehr als über ihre depressive Psyche. Hohe Detailschärfe bei allgemeiner Verschwommenheit kennzeichnet diese Geschichten Zsuzsa Bánks, so daß auch die Details nicht mehr zum Leser sprechen. Gewiß: Das Wesentliche nicht zu sagen kann ein Kunstgriff sein. Leicht wirkt es aber auch nur: nichtssagend.
Etwas ist vorbei. Menschen, die sich einmal nahestanden, begegnen sich wieder und stellen fest, daß sie sich nun nicht mehr nahestehen. Das ist eine Grundidee, die Zsuzsa Bánk variiert - und es scheint zunächst, als könnte das eine ideale Vorlage für jenen Ton schwebender Melancholie sein, den viele Leser und Kritiker am "Schwimmer" schätzen. Leider funktioniert es diesmal nicht. Mit einer unangenehmen Gleichgültigkeit arbeitet man sich durch die zweifellos kunstfertig geschriebene Prosa von "Heißester Sommer". Was sollen uns zum Beispiel all diese weit zurückliegenden, unwiederbringlichen und seltenen Sommer, von denen behauptungsweise die Rede ist, wenn sie nicht auf eine Weise vergegenwärtigt werden, daß es zur Nachempfindung von etwas Kostbarem käme? In diesen Passagen fehlt den Geschichten etwas Entscheidendes: jenes darstellerische Einfühlungsvermögen, das als eine der herausragenden Qualitäten von Zsuzsa Bánks Roman gerühmt wurde und Voraussetzung lesender Anteilnahme ist.
Am meisten überzeugt die Titelgeschichte. Sie spielt irgendwo in den Bergen des italienisch-slowenischen Grenzlandes. Ein kleiner Ort, Schotterwege, Steinhäuser, Ziegen. "Ich", "meine Mutter" und "mein Bruder" sind mit Lisa dort hinaufgekommen, weil deren Großmutter, die dort ein karges bäuerliches Leben verbrachte, kürzlich verstorben ist. Es ist eine flüchtige poetische Begegnung mit einer archaischen Welt - einer Welt, die Lisas Mutter einst verlassen hat, "als sie alt genug war". In dieser Geschichte wird von Menschen erzählt, die für einen Nachmittag zusammenkommen und dann nie wieder. Vielleicht glückt gerade deshalb die riskante Verbindung von Viel- und Nichtssagendem. Hier gibt es keine Andeutungen, die von der Geschichte nicht gedeckt würden.
Da wollte man sich gerade doch noch ein wenig mit dem Buch anfreunden, aber dann muß man "Larry" lesen, die längste Erzählung, in der Zsuzsa Bánk offenbar Eindrücke ihrer Studienzeit in Washington verarbeitet. Der Gelegenheitspoet Larry, ein pittoresker Bohemien, hundertfünfzig Kilo schwer, steht im Zentrum der Geschichte, ohne ihr Gewicht geben zu können.
Es folgen New-York-Eindrücke mit Sylvie und Lea ("Weihnachtswald") und eine Mordgeschichte mit Julia und Eva, der Versuch einer lakonisch um eine unerhörte Begebenheit herumgebauten Story ("Blaulicht"). Ein eifersüchtiger Mann tötet seinen Nebenbuhler; zwei Frauen kommen sich darüber helfend näher. Das ist eher plakativ als suggestiv. Und nur weil die Figuren hartnäckig beim Vornamen genannt werden, ist man als Leser nicht schon vertraut mit ihnen. Sehr zu wünschen, daß Zsuzsa Bánk bald wieder ein Thema findet, das ihrem außerordentlichen stilistischen Vermögen angemessenere Entfaltungsmöglichkeiten bietet.
WOLFGANG SCHNEIDER
Zsuzsa Bánk: "Heißester Sommer". Erzählungen. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2005. 156 S., geb., 15,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Wolfgang Schneiders nach dem gefeierten Debüt "Schwimmer" naturgemäß hohe Erwartungen an Zsusza Bank erfüllen sich zu seinem Bedauern nicht. An die ersten beiden Geschichten des Erzählbandes kann er sich unmittelbar nach der Lektüre schon nicht mehr erinnern, was er der Konzentration auf Einzelheiten bei "allgemeiner Verschwommenheit" zuschreibt. Zsuzsa Bank versuche vergeblich, das Eigentliche zu erzählen, indem sie es nicht erwähnt. Dieser legitime "Kunstgriff" misslinge aber, und das Ganze werde schlicht "nichtssagend". Grundmotiv aller Erzählungen ist laut Rezensent das Wiedersehen von Bekannten, die feststellen, dass sie sich nichts mehr zu sagen haben. Leider schaffe es Bank nicht, aus diesem Sujet die "schwebende Melancholie" zu entfalten, mit der sie bekannt wurde. Und so hofft Schneider schließlich darauf, dass das unbestritten "außerordentliche stilistische Vermögen" der Autorin demnächst auf fruchtbarerem Boden angewendet wird.
© Perlentaucher Medien GmbH
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